Parlament im Irak fordert Abzug der US-Truppen

05. Januar 2020, 21:58 Uhr · Quelle: dpa

Bagdad/Teheran/Washington (dpa) - Nach der Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani bei einem US-Luftangriff in Bagdad überschlagen sich die Ereignisse im Nahen Osten.

Das Parlament im Irak stimmte am Sonntag überraschend für einen Abzug der rund 5000 im Land stationierten US-Soldaten. Fast zeitgleich erklärte das von den USA angeführte Militärbündnis im Irak, die Unterstützung des Kampfes gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auszusetzen. Und der Iran verkündete de facto seinen Ausstieg aus dem Wiener Atomabkommen. Teheran fühle sich dem Abkommen von 2015 nicht mehr verpflichtet, das die USA vor gut eineinhalb Jahren aufgekündigt hatten.

International wächst die Sorge, dass eine weitere Eskalation nun kaum noch aufzuhalten ist. Deutschland, Frankreich und Großbritannien forderten am Abend «insbesondere» Teheran zur Zurückhaltung auf.

Wenige Stunden zuvor hatte US-Präsident Donald Trump seine Drohungen an die Führung im Iran nochmals massiv verschärft und vor Racheakten für die Tötung Soleimanis gewarnt. Für den Fall von Angriffen auf US-Bürger oder amerikanische Einrichtungen gebe es eine Liste mit 52 «wichtigen» und «hochrangigen» iranischen Zielen, die dann attackiert würden, schrieb Trump in der Nacht zum Sonntag via Twitter. Die für die Islamische Republik und deren Kultur teils sehr bedeutsamen Orte auf der Liste würden «sehr schnell und sehr hart angegriffen».

Mit dem Beschluss des Parlaments in Bagdad wird die irakische Regierung aufgefordert, den Abzug aller ausländischen Truppen im Land einzuleiten, die Teil des US-geführten Anti-IS-Bündnisses sind. Die Regierung des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Adel Abdel Mahdi wird verpflichtet, das Gesuch um militärische Hilfe im Kampf gegen den IS zurückzuziehen. Zudem sollen ausländische Truppen künftig auch den irakischen Luftraum nicht mehr nutzen dürfen.

Die Bundesregierung macht den weiteren Einsatz der Bundeswehr im Irak von der Zustimmung der Regierung in Bagdad abhängig. «Wir beobachten die Situation im Irak mit großer Aufmerksamkeit. Noch wissen wir nur sehr wenig. Fest steht jedoch: Deutsche Soldaten können nur dann im Irak bleiben, wenn die irakische Regierung sagt, dass sie das weiterhin will», sagte ein Sprecher von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag).

Die Bundeswehr unterstützt den Kampf gegen den IS von Jordanien aus mit Tornado-Aufklärungsjets und Tankflugzeugen sowie mit Militärausbildern im Irak. Beide Einsätze sind Teil der Mission «Counter Daesh» - Daesh ist die arabische Abkürzung für den IS. Deutschland setzt dafür aktuell 415 Soldaten ein.

Angesichts der wachsenden Spannung setzte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg für diesen Montag kurzfristig eine «dringende» Sitzung des Nordatlantikrats an. Das bestätigte ein Sprecher des Militärbündnisses am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel.

Der Iran hatte Rache geschworen für den Tod Soleimanis in der Nacht zum Freitag, der als bekanntestes Gesicht des iranischen Militärs im Ausland galt und von vielen Landsleuten als Märtyrer betrachtet wird.

Hunderttausende Iraner nahmen nach örtlichen Medienberichten am Sonntag an zwei Trauerzügen für Soleimani teil. Der Leichnam wurde am Sonntag zunächst aus dem benachbarten Irak nach Ahwas im Südwestiran transportiert. Eine zweite Trauerzeremonie fand in der Heiligen Stadt Maschad im Nordostiran statt. Luftbilder zeigten gewaltige Menschenmassen und schier endlose Schlangen Trauernder. Bei einer Trauerzeremonie in der Hauptstadt Teheran am Montag rechnen Behörden und Medien gar mit Millionen Teilnehmern. Von dort soll der Leichnam Soleimanis in die schiitische Hochburg Ghom gebracht werden, bevor er am Dienstag im Geburtsort Kerman im Südostiran beigesetzt wird.

Trump richtete auf Twitter martialische Worte an die Iraner - und schrieb das Wort «Warnung» in Großbuchstaben. Die USA hätten gerade zwei Billionen Dollar für Militärausrüstung ausgegeben und seien «das größte und bei weitem beste Militär der Welt». Sie würden diese «brandneue, wunderschöne Ausrüstung» im Fall von Angriffen auf amerikanische Ziele «ohne Zögern» in Richtung der Iraner schicken.

US-Außenminister Mike Pompeo legte am Sonntag noch nach und drohte der iranischen Führung mit weiteren Militäreinsätzen - gegen ihre Entscheidungsträger. «Wir werden gegen die wirklichen Entscheider vorgehen, jene Leute, die für die von der Islamischen Republik Iran ausgehende Bedrohung verantwortlich sind.»

Der Iran bestellte wegen der Drohungen den Schweizer Botschafter in Teheran ein, der die USA in dem Land diplomatisch mitvertritt. Die «feindseligen und bedrohlichen» Aussagen Trumps seien «absolut inakzeptabel und verstoßen gegen internationale Gesetze», sagte Vizeaußenminister Abbas Araghchi dazu.

Aus Protest gegen Äußerungen deutscher Politiker im Zusammenhang mit der Tötung Soleimanis bestellte das iranische Außenministerium am Sonntag außerdem den Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Teheran ein. Als Gründe nannte das Ministerium nach Angaben der Nachrichtenagentur Irna «unwahre, unangemessene und destruktive Äußerungen einiger deutscher Offizieller» zum Tod Soleimanis sowie deren Unterstützung für den «terroristischen Angriff» der USA. Auf welche Äußerungen konkret sich die Kritik bezieht, blieb offen.

Der militärische Berater von Irans oberstem Führer Ajatollah Ali Chamenei, Hussein Dehghan, sagte in einem CNN-Interview, der Iran werde als Vergeltung für die Tötung Soleimanis «militärisch reagieren und gegen Militärstützpunkte». Der Iran wolle keinen Krieg. «Die USA haben den Krieg begonnen», sagte der Ex-Verteidigungsminister. «Das einzige, was diese Phase des Kriegs beenden kann, ist es, wenn die Amerikaner einen Schlag bekommen, der dem Schlag entspricht, den sie uns angetan haben», sagte er CNN zufolge weiter.

Am Abend kündigte der Iran dann nach Angaben der Nachrichtenagentur Irna in einer Presseerklärung an, das Land werde nun sein Atomprogramm unbegrenzt weiterführen und auch Uran unlimitiert anreichern. Zugleich machte die iranische Regierung aber deutlich, dass sein Atomprogramm stets im Einklang mit seinen technischen Bedürfnissen sei. Damit bleibt unklar, bis zu welchem Grad der Iran sein Uran anreichern will. Auch die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA würde weitergeführt werden.

Die USA hatten den Vertrag im Mai 2018 einseitig aufgekündigt und danach wieder scharfe Sanktionen gegen Teheran verhängt. Vor allem die Sanktionen gegen den Erdgas- und Ölsektor lösten eine schwere Wirtschaftskrise im Iran aus. Trotz der Sanktionen hatte sich das Land aber ein Jahr weiter an das Atomabkommen gehalten, während die Europäer weitgehend vergeblich versuchten, den im Abkommen versprochenen Handel trotz der US-Sanktionen aufrecht zu erhalten. Im vergangenen Mai begann Teheran dann allerdings, schrittweise gegen Auflagen des Atomabkommens zu verstoßen. So reicherte es inzwischen mehr Uran auf höhere Konzentrationen an als im Abkommen erlaubt.

Der Angriff auf Soleimani in Bagdad in der Nacht zum Freitag erfolgte nach Angaben der USA, um weitere von ihm geplante Attacken auf US-Diplomaten und Einsatzkräfte zu verhindern. Die Regierung machte aber keine Details dazu öffentlich. Die «New York Times» berichtete unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsquellen, die Erkenntnisse der Geheimdienste seien «dünn» gewesen. Führende Demokraten meldeten Zweifel am Zeitplan und der Begründung der US-Regierung für den Luftangriff auf Soleimani an.

Die von den USA angeführte Militärkoalition erklärte, man werde die Iraker weiter unterstützen und sei bereit, sich später wieder ganz dem Kampf gegen den IS zu widmen. «Unsere oberste Priorität ist es, das Personal des Bündnisses zu schützen, das sich dem Sieg über dem Islamischen Staat widmet.» Die Mission konzentriere sich nun auf den Schutz der Stützpunkte, wo Koalitionstruppen untergebracht seien. Die Bundeswehr hatte zuvor bereits die Ausbildung von Sicherheitskräften der Kurden und der Zentralregierung im Irak ausgesetzt.

Die USA waren 2003 in den Irak einmarschiert. Der Militäreinsatz führte zum Sturz des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein. Zeitweise waren dort mehr als 160.000 US-Soldaten stationiert. Nach ihrem Abzug im Jahr 2011 blieb ein kleines Truppenkontingent zurück, das mit dem US-geführten Kampf gegen den IS aber wieder erhöht wurde.

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05.01.2020 · 21:58 Uhr
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