Online-Optiker Mister Spex: Mitarbeiter gehen, Marge steigt – Aktie bleibt unter Druck
Bei Mister Spex hat sich der Personalbestand in kurzer Zeit massiv verändert. Rund 300 Mitarbeitende haben das Unternehmen seit vergangenem Jahr verlassen. Jetzt kommen weitere dazu. Der Brillenhändler bietet ein Freiwilligenprogramm an, über das 25 Beschäftigte gehen sollen, rund zwei Prozent der Belegschaft. Die Nachfrage nach dem Programm übertraf die geplante Zahl. Ausgenommen sind Mitarbeiter im Filialgeschäft und in der IT – dort soll investiert werden. CEO Tobias Krauss betont, angesprochen seien vor allem Mitarbeitende, die an der alten Online-Strategie festhalten und den Umbau nicht mittragen.
Die Fluktuation spielt Mister Spex in die Karten. Bereits im Sommer 2024 wurde restrukturiert: Rabattaktionen wurden gestrichen, Filialen geschlossen, das Geschäftsmodell neu ausgerichtet. Von einst 1300 Mitarbeitenden sind nur noch gut 1000 übrig. Laut Krauss ist der Stellenabbau nicht abgeschlossen. Der Optiker wolle nicht über mehr Personal skalieren, sondern über Technologie und Automatisierung.
Der Wandel hat auch auf Vorstandsebene Spuren hinterlassen. Die radikale Umstrukturierung steuerte zunächst Stephan Schulz-Gohritz. Er übernahm vorübergehend die CEO-Rolle, nachdem Gründer Dirk Graber gegangen war. Krauss, zuvor Chef des Aufsichtsrats, ließ sich 2025 selbst zum CEO ernennen. Schulz-Gohritz kehrte zurück in den Finanzbereich – und verließ das Unternehmen Ende Oktober „im besten gegenseitigen Einvernehmen“. Neuer Finanzchef wird Benjamin von Schenck, zuletzt bei Outfittery. Seine Spezialität sind Übernahmen – ein zentraler Teil der Strategie, das Optikernetz regional auszubauen.
Die Zahlen aus dem dritten Quartal zeigen, wie tief der Wandel greift. Analysten erwarten einen Umsatzrückgang von rund 17 Prozent auf knapp 48 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern verbessert sich jedoch deutlich: minus 5,8 Millionen Euro, rund 65 Prozent besser als im Vorjahr. Die Margen steigen, Mister Spex wird effizienter.
Trotz Fortschritten bleibt der Kapitalmarkt skeptisch. Die Aktie hat seit Anfang 2024 mehr als die Hälfte ihres Werts verloren. Mister Spex kommt inzwischen auf weniger als 50 Millionen Euro Börsenwert – bei rund 65 Millionen Euro Cash. Einige Investoren ziehen sich zurück. Aktivistische Aktionäre wie die Platform Group haben ihre Positionen reduziert. Gleichzeitig steigen neue Anleger ein, darunter Verleger Norman Rentrop, der nun zu den größten Einzelaktionären zählt.
Dem Unternehmen hilft das strategische Ziel: weg vom reinen Onlinegeschäft, hin zu einem Netzwerk aus eigenen Läden und Partneroptikern. Gleitsichtgläser, nicht Sonnenbrillen, bringen die Marge – und sie werden vor Ort verkauft. Doch ohne Kapital bleibt der Ausbau schwierig.
Zwar signalisiert die Kostenstruktur Fortschritte, doch die zentrale Frage bleibt offen: Kommt Mister Spex schnell genug aus der Restrukturierungsphase, bevor dem Unternehmen die Geduld der Börse ausgeht?


