Obama: Wirtschaftsfrust beschert Wahlschlappe

Washington (dpa) - US-Präsident Barack Obama hat zum ersten Jahrestag der Amtsübernahme einen schweren politischen Rückschlag erlitten. Bei Nachwahlen im traditionell demokratischen Bundesstaat Massachusetts verlor seine Partei am Dienstag einen entscheidenden Senatssitz.

Nach 46 Jahren gelang es den Republikanern, den Sitz der verstorbenen Polit-Ikone Edward Kennedy zu erobern. Die Obama-Partei verspielte damit ihre komfortable 60-Stimmen-Mehrheit in der Kongresskammer, die der Präsident zur Durchsetzung seiner wichtigen Programme benötigt. Obama machte am Mittwoch den Frust im Lande über die wirtschaftliche Situation für die Niederlage verantwortlich.

Aus dem enttäuschenden Wahlergebnis spreche «die Wut und die Frustration in diesem Land darüber, wo wir wirtschaftlich stehen», erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, vor Journalisten in Washington. Obama sei selbst einer von diesen Frustrierten. Erklärungsversuche, nach denen die umstrittene Gesundheitsreform der Grund für die Ohrfeige der Wähler war, wies Gibbs zurück. «Die Gesundheitsreform hat weiterhin Priorität für Präsident Obama», sagte er. Obama werde sich ebenso für Wirtschaft und Arbeitsplätze einsetzen.

Nach dem Verlust der demokratischen 60-zu-40-Mehrheit im Senat ist die Zukunft von Obamas Gesundheitsreform völlig ungewiss. Das gleiche gilt auch für wichtige Klimaschutzmaßnahmen und die geplante umfassende Finanzreform. Die magische Zahl von 60 Stimmen im US-Senat ist nötig, um Filibuster (Dauerreden) der Minderheit zur Blockade oder Verzögerung von Gesetzesvorhaben im 100-köpfigen Senat zu verhindern. Bisher verfügten die Demokraten über 58 Mandate, erreichten die sogenannte Super-Mehrheit aber mit Hilfe von zwei Unabhängigen, die eine Fraktionsgemeinschaft mit ihnen bilden und in der Regel mit ihnen stimmen. Obama, der am Mittwoch genau ein Jahr im Amt war, und seine Demokraten müssen zudem eine Sogwirkung für die Kongresswahlen im November mit weiteren schmerzlichen Verlusten fürchten.

Die schwere Schlappe in Massachusetts wird zwar zum Teil auf den schwachen Wahlkampf der demokratischen Kandidatin Martha Coakley (56) zurückgeführt, die in einem dramatischen Endspurt sensationell vom republikanischen Bewerber Scott Brown (50) überholt wurde. Sie spiegelt aber auch Obamas eklatanten Popularitätsverlust nach einem Jahr im Weißen Haus wider. Obama war am 20. Januar 2009 als Präsident vereidigt worden. Damals standen laut Umfragen bis zu 70 Prozent der Amerikaner hinter ihm - heute würden ihn nicht einmal mehr die Hälfte der Bürger wiederwählen.

Der telegene Brown hatte in seinem Wahlkampf ganz entschieden auf den Widerstand gegen die Gesundheitsreform gesetzt. Er profitierte außerdem von Ängsten vieler Bürger wegen der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit und langsamen Wirtschaftserholung sowie von der Verärgerung über die staatlichen Hilfen für Banken, die nun erneut fette Boni an ihre Topmanager austeilen.

Coakley ihrerseits hatte sich nach Einschätzung von Beobachtern zu stark auf ihre Favoritenrolle und Verbindungen zum politischen Establishment verlassen. Dagegen absolvierte Brown einen engagierten Wahlkampf, fuhr mit seinem Pick-up-Truck durch das Land und präsentierte sich als Kandidat des kleinen Mannes.

Brown, ein bisher US-weit nahezu unbekannter Staatssenator, erkämpfte sich Ted Kennedys Sitz mit 52 Prozent der Stimmen. Coakley kam nur auf 47 Prozent. Sie war als haushohe Favoritin in den Wahlkampf gegangen: anfangs hatte sie sogar einen Vorsprung von 30 Prozentpunkten. Obama selbst war am Sonntag - dem Geburtstag seiner Frau - noch nach Massachusetts geeilt, um der bisherigen Generalstaatsanwältin zur Seite zu stehen.

Die Unterlegene kündigte eine schonungslose Untersuchung ihres Scheiterns an. Die Republikaner jubelten. «Heute hat die unabhängige Stimme von Massachusetts gewonnen», sagte Brown in seiner Siegesrede. Der Republikaner wollte bereits am Donnerstag nach Washington reisen, um seinen Einzug in den Senat vorzubereiten. Er stehe bereit, sein Amt «ohne Verzögerung» anzutreten, sagte er.

Wahlen / Kongress / USA
20.01.2010 · 21:31 Uhr
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