Obama will hitzige Gesundheitsdebatte beruhigen
Entschieden wandte sich der Präsident gegen «absurde Gerüchte», die verbreitet würden, darunter Behauptungen, sein Plan würde zur Euthanasie bei alten und behinderten Menschen führen.
Seit Tagen kochen in der Debatte die Emotionen hoch. Bei zahlreichen Veranstaltungen, bei denen demokratische Kongressmitglieder für die Reform warben, kam es zu Handgreiflichkeiten und Festnahmen, Politiker wurden niedergeschrieen. Zu einer Veranstaltung mit einem Senator am Dienstag in Pennsylvania wurden als Schutzmaßnahme mehrere Polizisten aus Washington entsandt. Ein Kongressabgeordneter in Georgia, dessen Namensplakat vor seinem Büro daheim mit einem Hakenkreuz beschmiert worden war, äußerte die Befürchtung, dass Menschen ernsthaft zu Schaden kommen könnten, wenn nicht Ruhe in der Diskussion einkehre.
Obama will die Reform bis Ende des Jahres unter Dach und Fach bringen. Der Kongress befindet sich zur Zeit in der Sommerpause, erste Abstimmungen werden daher im Frühherbst stattfinden.
«Lasst uns über kontroverse Punkte sprechen, die real sind, nicht diese wilden Falschdarstellungen, die mit dem, was wirklich vorgeschlagen worden ist, nichts zu tun haben», sagte Obama in Portsmouth vor rund 1800 Menschen. Extreme Kritiker versuchten, «einen Schwarzen Mann zu konstruieren, den es in Wahrheit nicht gibt». In einer Demokratie müsse man in Ruhe miteinander reden können.
Obama wandte sich mit seinen Äußerungen unter anderem gegen das Argument der ehemaligen republikanischen US-Vizepräsidenten- Kandidatin Sarah Palin. Sie hatte jüngst behauptet, der Präsident wolle ein staatliches «Todes-Gremium» schaffen. Dieses solle darüber entscheiden, wer es wert sei, in den Genuss von Gesundheitsfürsorge zu kommen. «Ein solches System ist geradezu böse», hatte Palin behauptet.
Obama versicherte, sein Plan sehe nicht vor, bei «Oma den Stecker herauszuziehen». Die Reform wolle den Menschen auch nicht vorschreiben, zu welchem Arzt sie gehen müssen. Mit Blick auf Versicherungen und Pharmaindustrie warf er «speziellen Privatinteressen» vor, eine Reform verhindern zu wollen. «Jedes Mal, wenn wir nahe dran sind, eine Gesundheitsreform durchzusetzen, schlagen die speziellen Privatinteressen zurück.»
Die Neuordnung des Gesundheitssystems in den USA ist seit Jahrzehnten ein heißes Eisen. Das Gesundheitswesen in den USA gilt als das weltweit teuerste, ärztliche Hilfe und Medikamente kosten in der Regel erheblich mehr als in Europa. Vor allem aber sind über 46 Millionen von 300 Millionen Amerikanern ohne Versicherung.
Die Gegner kritisieren an den im Parlament diskutierten Entwürfen unter anderem, dass es künftig neben den Privatkassen auch eine staatliche Krankenkasse geben soll. Dies sei ein Schritt in Richtung Sozialismus, meinen sie.