NSA saugt Daten von Google und Yahoo - Snowden: Interesse an Hilfe

Washington/Berlin (dpa) - Der Geheimdienst-Enthüller Edward Snowden hat prinzipielles Interesse, Deutschland bei der Aufklärung der immer brisanter werdenden NSA-Spähaffäre zu helfen.

Nach Darstellung des Grünen-Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele ging es bei seinem überraschenden Treffen mit Snowden am Donnerstag in Russland darum, unter welchen Bedingungen der Ex-Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA bei einer deutschen Staatsanwaltschaft oder vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen würde.

Snowden habe aber auch auf seine komplizierte juristische Situation verwiesen, sagte Ströbele dem ARD-Magazin «Panorama» am Abend. Snowdens Anwalt Anatoli Kutscherena hatte zuvor bereits Bedenken geäußert: «Er kann nirgendwohin ins Ausland reisen, sonst verliert er seinen gegenwärtigen Status», sagte er der Agentur Interfax. Außerdem gebe es Vereinbarungen, dass Snowden keine geheimen Informationen enthülle.

Die NSA kennt bei ihren weltweiten Spitzeleien offensichtlich keine Grenzen: In E-Mails, Bildern, Fotos und Dokumenten von Hunderten Millionen Nutzern der Unternehmen Google und Yahoo hat sie nach einem Bericht der «Washington Post» herumgeschnüffelt. Quellen der Zeitung sind erneut Dokumente Snowdens, der zurzeit Asyl in Russland genießt. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) empfahl seinen Mitglieder den kompletten Verzicht auf Google und Yahoo.

Seit Monaten sorgen Berichte über die National Security Agency (NSA) für Aufregung. Weil sogar das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgehört worden sein soll, trafen am Mittwoch (Ortszeit) Spitzenvertreter des Kanzleramtes in Washington mit ranghohen US-Beamten zusammen.

In Berlin hält sich die Vermutung, dass eine NSA-Sondereinheit das Regierungsviertel vom Dach der US-Botschaft am Brandenburger Tor aus belauscht. Die Vereinigten Staaten wollen deutschen Behörden jedoch keinen Zutritt zum Dach des Gebäudes gewähren. Dies schloss US-Botschafter John B. Emerson in Berlin ausdrücklich aus. Er äußerte Verständnis für die Empörung über die mutmaßlich Bespitzelung der Kanzlerin, ging jedoch nicht näher auf die Vorwürfe ein. Emerson wollte auch keine Auskunft darüber geben, was sich in dem Aufbau auf dem Botschaftsdach befindet. «Ich werde mich zur Struktur des Gebäudes nicht äußern.»

Ströbele sagte «Panorama», Snowden sei «grundsätzlich bereit, bei der Aufklärung zu helfen. Die Voraussetzungen dafür müssen geschaffen werden. Dazu haben wir lange hin und her diskutiert.» Er habe Snowden angeboten, dass der frühere NSA-Mitarbeiter auch in Moskau gehört werden könnte, wo er Asyl genießt. Ströbele will über Details des Gesprächs in einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums berichten. Am Freitag will er in Berlin einen Brief vorstellen, den Snowden an Bundesregierung, Bundestag und den Generalbundesanwalt adressiert und an Ströbele übergeben hat.

Snowden sei «gesund und munter, machte einen guten Eindruck», berichtete Ströbele. «Er hat klar zu erkennen gegeben, dass er sehr viel weiß.» Snowden habe «eine Mission, einen Mitteilungsdrang. Er will rechtmäßige Zustände wieder herstellen.» Das dreistündige Treffen des Politikers mit dem sogenannten Whistleblower fand unter größter Geheimhaltung statt. Die USA suchen Snowden mit Haftbefehl und werfen ihm Landesverrat vor. Washington hat nach Angaben des Bundesjustizministeriums vorsorglich ein Auslieferungsersuchen nach Deutschland übersandt, berichtete «Panorama».

Laut Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages im Auftrag der Linkspartei könnte Deutschland Snowden freies Geleit zusichern. Eine Auslieferung müsste der Informant dem ARD-Bericht zufolge nicht befürchten, wenn er einen sogenannten Aufenthaltstitel hätte. Snowden gilt seit Entzug seines US-Passes als staatenlos. Ein Aufenthaltstitel kann laut Gutachten nicht nur aus völkerrechtlichen und humanitären Gründen ausgestellt werden, sondern auch zur «Wahrung politischer Interessen» der Bundesrepublik.

Google reagierte erbost auf einen Zeitungsbericht über das millionenfache Abschöpfen von Nutzerdaten. Unter Berufung auf Snowden-Papiere heißt es, zwischen den Rechenzentren von Google und Yahoo seien binnen 30 Tagen mehr als 180 Millionen Datensätze abgezweigt worden. Darunter seien Informationen, wer und wann E-Mails abgeschickt oder erhalten habe - aber auch Inhalte wie Texte und Videos. Yahoo äußerte sich zurückhaltender und betonte lediglich, man habe der NSA keinen Zugriff zu Rechenzentren gewährt.

Ranghohe US-Beamte sicherten der deutschen Seite weitere Gespräche über die Abhör-Affäre um Merkels Handy zu. Der Dialog werde in den kommenden Tagen und Wochen fortgesetzt, teilte die Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice nach einem Treffen mit Kanzleramts-Vertretern im Weißen Haus mit. Nach einem weiteren Medienbericht soll die NSA auch den Heiligen Stuhl bespitzelt haben. Vor dem Konklave im März dieses Jahres seien zahlreiche Telefonate in und aus dem Vatikan abgehört worden, berichtete das italienische Magazin «Panorama». Darunter sollen auch Gespräche des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio vor seiner Wahl zum Papst gewesen sein. Die NSA wies den Bericht zurück.

Unterdessen versuchen die US-Bundesstaaten, sich mit Gesetzen gegen die massenhafte Überwachung ihrer Bürger zur Wehr zu setzen. Mehr als zwei Dutzend Gesetze zum Schutz der Privatsphäre seien dieses Jahr verabschiedet worden, berichtete die «New York Times».

Geheimdienste / USA / Deutschland
31.10.2013 · 22:26 Uhr
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