Neuausrichtung der EU-Defizitpolitik: Europaparlament stimmt über flexiblere Schuldenregeln ab

Die Finanzpolitik der Europäischen Union steht möglicherweise vor einem Wendepunkt: Heute wird das Europaparlament über die Anpassung der Regeln für Haushaltsdefizite und Staatsschulden abstimmen. Die Neuerungen sollen eine stärkere Berücksichtigung der individuellen Situationen der Mitgliedsländer ermöglichen, insbesondere beim Abbau zu hoher Defizite und Schuldenstände. Unter den geplanten Änderungen sind klare Richtlinien für Länder mit hohem Schuldenaufkommen, welche die Schuldenstandsquoten jährlich reduzieren müssen.

Die Notwendigkeit für einen Kompromiss erwuchs aus den monatelangen Debatten zwischen Europaparlamentariern und Regierungsvertretern der EU-Staaten und fand Anfang Februar Einigung. Nach der Abstimmung im Plenum steht zur endgültigen Besiegelung der neuen Regelungen noch die Bestätigung durch die EU-Staaten aus, die für die folgende Woche erwartet wird.

Das bestehende Regelwerk, welches von Kritikern als zu komplex und unverhältnismäßig strikt bezeichnet wird, soll modifiziert werden. Allerdings bleibt es dabei: Ein Mitgliedstaat soll weiterhin darauf achten, dass sein Schuldenstand 60% der Wirtschaftsleistung nicht übersteigt, das gesamtstaatliche Finanzdefizit soll unter drei Prozent des BIP liegen. Die geplanten Mindestanforderungen sehen vor, dass Länder mit einer Schuldenquote über 90 Prozent diese um einen Prozentpunkt, und Länder mit 60 bis 90 Prozent um 0,5 Prozentpunkte jährlich senken müssen – eine Forderung, die unter anderem von Deutschland vorangetrieben wurde.

Übergangsweise soll die EU-Kommission befugt sein, die Zinsbelastung bei ihren Berechnungen zu berücksichtigen. Wenn Mitgliedstaaten überzeugende Reform- und Investitionspläne vorlegen, die zu robusterem Wachstum beitragen, könnte auch eine Ausdehnung des Schuldenabbaus ermöglicht werden. Diese Reformmaßnahmen sind allerdings umstritten.

Während die belgische EU-Ratspräsidentschaft und der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber die neuen Bestimmungen für ausgewogen und zukunftsfähig halten, sehen Kritiker, darunter der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) und die New Economics Foundation (NEF), in den geplanten Regeln eine Gefährdung für notwendige Investitionen. Auch die Grünen im Europaparlament äußern sich skeptisch.

Konsequenzen der Neuregelung könnten die Einleitung von Defizitverfahren bedeuten, sofern die festgesetzten Obergrenzen überschritten werden. Solche Maßnahmen zielen darauf ab, das Defizit zu senken und die Stabilität der Eurozone zu wahren. Diese Verfahren waren infolge der COVID-19-Pandemie und der Ukraine-Krise ausgesetzt, könnten aber ab diesem Frühjahr erneut in Kraft treten, da Eurostat-Daten die Regelüberschreitungen einiger Länder im vergangenen Jahr aufzeigen. Die reformierten Regeln basieren auf Vorschlägen der EU-Kommission und wurden nach kritischen Stimmen, insbesondere seitens der deutschen Bundesregierung, die eine Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes befürchtet hatte, überarbeitet. (eulerpool-AFX)

Finanzen / Economics
[Eulerpool News] · 23.04.2024 · 11:25 Uhr
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