Medizin im Wandel: Teilzeit und Frauendominanz prägen Ärzteschaft
Im Gesundheitssektor zeichnet sich eine fortschreitende Entwicklung ab. Aktuelle Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung weisen darauf hin, dass die Anzahl der in Praxen tätigen Medizinerinnen, Mediziner sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die gesetzlich Versicherte behandeln, zum Jahresende angestiegen ist. Dies entspricht einer Zunahme um 2143 Personen im Vergleich zum Vorjahr, was die Gesamtzahl auf 187.441 bringt. Bemerkenswert ist, dass von dieser Gruppe mehr als 60.000 Ärzteschaftsmitglieder Teilzeitstellungen bekleiden.
Überraschenderweise stagniert der lange beobachtete Schwund an Hausärztinnen und Hausärzten. Der aktuelle Stand liegt laut Bundesarztregister bei 51.389, was einen leichten Anstieg darstellt. Dies steht im Kontrast zu den Daten von vor einem Jahrzehnt, als noch mehr Hausarztpraxen in Betrieb waren.
Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen, hebt die Relevanz lokaler Praxen als Säulen sozialer Stabilität hervor. Er verweist auf Aussagen des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach, welcher die Stärkung ambulanter Versorgung fordert und plädiert für verbesserte Rahmenbedingungen, um die Attraktivität der Niederlassung zu steigern, anstatt rigide Regelungen zu verstärken. Ärztinnen und Ärzte in Niederlassung fungieren als tragende Säulen im Gesundheitssystem mit einer Milliarde Patientenkontakten pro Jahr.
Die Gesamtzahl der Ärzteschaft ist leicht gestiegen, wobei darunter 49.217 Angestellte sind, die keine eigene Praxis führen. Bei den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten konnte sogar ein Anstieg von 3,4 Prozent verzeichnet werden. Im Schnitt arbeiten mehr als ein Drittel aller Fachgruppen in Teilzeit. Die KBV betont die Knappheit der Ressource Zeit im Gesundheitssektor.
Das Durchschnittsalter der Ärzteschaft hat sich stabilisiert und liegt weiterhin bei 54,1 Jahren. Fachgruppenspezifische Unterschiede zeigen sich, wobei ärztliche Psychotherapeuten ein Durchschnittsalter von über 60 Jahren aufweisen und bei Hausärztinnen und Hausärzten ein Durchschnitt von über 55 Jahren besteht.
Frauen nehmen eine immer dominantere Rolle in den Praxen ein, wobei sie in Summe 51,5 Prozent der Ärzteschaft in Praxen ausmachen. Auffallend ist, dass nun auch Hausärztinnen mit einem Anteil von 50,5 Prozent die Mehrheit bilden.
Minister Lauterbach adressierte die Herausforderung der flächendeckenden Hausarztversorgung, besonders in ländlichen Regionen und sozial schwachen Stadtteilen. Mit einem neuen Gesetz sollen verbesserte Arbeitsbedingungen und Anreize, wie der Wegfall von Vergütungs-Obergrenzen, geschaffen werden. Geplant sind zudem Gesundheitskioske als niedrigschwellige Anlaufstellen.
Gassen kritisiert den Ansatz der Gesundheitskioske und fordert stattdessen angemessene Strukturen für Praxen. KBV-Vize Stephan Hofmeister sieht in der eigenen Praxisniederlassung eine attraktive Option für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Allerdings sieht er die Notwendigkeit, Rahmenbedingungen zu verbessern, um die Versorgung kontinuierlich sicherzustellen und junge Medizinerinnen und Mediziner für die Niederlassung zu gewinnen, wobei er übermäßige Bürokratie und mangelnde Digitalisierung als Hindernisse benennt. (eulerpool-AFX)
