Macht Geld glücklich? Forscher Thomas Mathar klärt auf
Die Frage, ob Geld glücklich macht, beschäftigt viele Menschen. Sie ist nicht nur eine philosophische Überlegung, sondern auch Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Studien. Der Verhaltensforscher Thomas Mathar hat sich intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und gibt im Interview mit dem Stern wertvolle Einblicke, wie Geld und Glück zusammenhängen. Ergänzt durch aktuelle Forschungsergebnisse wird deutlich, dass die Antwort nicht so einfach ist, wie man vielleicht denkt.
Die Grundlage des Glücks: Finanzielle Sicherheit
Thomas Mathar betont, dass Geld eine entscheidende Rolle spielt, wenn es um die Erfüllung grundlegender Bedürfnisse geht. Wer genug Einkommen hat, um Miete, Lebensmittel und medizinische Versorgung zu sichern, erlebt eine spürbare Erleichterung. Studien zeigen, dass dieser Effekt bis zu einem bestimmten Punkt besonders stark ist. Laut einer Untersuchung des Psychologen Daniel Kahneman aus dem Jahr 2010 liegt der Wendepunkt bei etwa 75.000 US-Dollar jährlichem Einkommen – umgerechnet rund 68.000 Euro. Bis zu diesem Betrag steigt das emotionale Wohlbefinden mit dem Einkommen deutlich an, da Stress und Sorgen um die Existenz abnehmen.
Doch Mathar weist darauf hin, dass diese Zahl keine universelle Wahrheit ist. Lebenshaltungskosten variieren stark je nach Region und persönlicher Situation. In teuren Städten wie München oder Zürich reicht ein Einkommen von 68.000 Euro oft nicht aus, um sorgenfrei zu leben. Es geht also weniger um eine feste Summe, sondern um das Gefühl der finanziellen Stabilität.
Mehr Geld, mehr Glück? Die Grenzen des Wohlstands
Interessant wird es, wenn man über diesen Punkt der Grundsicherung hinausblickt. Eine Studie der University of Pennsylvania aus dem Jahr 2021 widerspricht Kahnemans These teilweise. Sie zeigt, dass das Wohlbefinden auch bei höheren Einkommen weiter steigt, allerdings weniger stark. Besonders Menschen mit sehr hohen Einkommen über 100.000 Euro im Jahr berichten von einem gesteigerten Lebensglück, vor allem durch mehr Kontrolle und Freiheit in ihrem Alltag.
Thomas Mathar relativiert diese Ergebnisse. Er erklärt, dass zusätzliches Geld oft in Luxus oder Statussymbole investiert wird, was langfristig nicht glücklicher macht. Viel wichtiger sei, wie man sein Geld einsetzt. Wer es für Erlebnisse wie Reisen oder Zeit mit Freunden nutzt, profitiert emotional deutlich mehr als jemand, der es in materielle Dinge steckt.
Die emotionale Seite des Geldes
Geld ist nicht nur ein Mittel zum Zweck, sondern weckt auch starke Gefühle. Mathar beschreibt, dass viele Menschen ihr Selbstwertgefühl mit ihrem Kontostand verknüpfen. Das kann zu einem Teufelskreis führen, bei dem der Drang nach mehr Einkommen nie aufhört. Gleichzeitig betont er, dass Großzügigkeit eine unterschätzte Quelle des Glücks ist. Studien, wie eine der Hochschule Luzern (HSLU), belegen, dass Menschen, die Geld spenden oder anderen helfen, häufiger Zufriedenheit empfinden.
Es ist nicht die Menge des Geldes, die zählt, sondern der Umgang damit. Wer Geld bewusst nutzt, um Zeit, Beziehungen oder Sinn zu schaffen, wird glücklicher sein.
Faktoren jenseits des Kontostands
Neben finanziellen Aspekten spielen auch andere Faktoren eine zentrale Rolle für das Glück. Mathar nennt hier soziale Beziehungen, Gesundheit und persönliche Freiheit als entscheidend. Diese Punkte decken sich mit aktuellen Berichten aus der Glücksforschung, die zeigen, dass Menschen in Ländern mit starker sozialer Absicherung und Gemeinschaftsgefühl oft zufriedener sind – unabhängig vom individuellen Einkommen.
Ein hohes Gehalt allein reicht also nicht aus. Es muss mit einem ausgewogenen Leben einhergehen. Wer ständig arbeitet, um mehr zu verdienen, opfert oft Zeit und Energie, die für Glück essenziell sind. Mathars Fazit ist klar: Geld ist ein Werkzeug, kein Allheilmittel. Es kann Türen öffnen, aber die wahre Zufriedenheit liegt in den Dingen, die man dahinter findet.

