Kritik an Westerwelle: Umfragetief beunruhigt FDP
Berlin (dpa) - Angesichts miserabler Umfragewerte knapp ein Jahr nach der Bundestagswahl wachsen in der FDP Unruhe und Kritik an der Parteispitze. Die Hessen-FDP fordert sogar vom Parteichef, sich aus der Innenpolitik herauszuhalten.
«Guido Westerwelle soll das Amt des Außenministers ausfüllen und glaubhaft vertreten», sagte Hessens Landesparteichef Jörg-Uwe Hahn dem «Handelsblatt» (Montag). Generalsekretär Christian Lindner müsse die Innenpolitik abdecken. Westerwelle solle sich beispielsweise zur Flutkatastrophe in Pakistan äußern und nicht zur Sicherungsverwahrung.
Kritik an der Parteispitze kommt auch vom FDP-Nachwuchs. «Die Führungsebene von Partei und Fraktion sowie die Minister der FDP müssen sich endlich als Team und weniger als sich gegenseitig belauernde Einzelkämpfer sehen», heißt es in einem Strategiepapier des Bundesvorstands der Jungen Liberalen (Julis), über das die «Süddeutsche Zeitung» berichtet. «Die Basis lässt das Argument von Startschwierigkeiten in der Regierung nicht mehr gelten», sagte der Thüringer FDP-Generalsekretär Patrick Kurth der Nachrichtenagentur dpa.
In Umfragen liegt die Bundes-FDP seit Monaten nur noch bei etwa 5 Prozent. Am Montag kommt das Parteipräsidium das erste Mal nach der Sommerpause zusammen, um die Lage zu analysieren. Parteichef Westerwelle will sich im September in vier großen Regionalkonferenzen den Mitgliedern zur Diskussion stellen. Danach will die FDP ihre Ziele in der Regierung neu festlegen.
Die Hessen-FDP zeigt sich zunehmend verärgert über das Auftreten der Bundespartei. «Wir sind nicht länger bereit zu erdulden, dass das Image unserer Partei so schlecht ist», sagte Hahn am Samstag nach einer Klausurtagung der Liberalen im nordhessischen Oberaula. «An der Basis führen viele den Imageverlust auf den Imageverlust des Bundesvorsitzenden zurück. Ich auch.»
Im «Handelsblatt» nannte Hahn es unglücklich, dass Westerwelles Ministerarbeit von innenpolitischen Äußerungen überdeckt werde. «Darunter leidet auch das Image der FDP.» Hahn forderte, die Ende Juni angekündigte Neuverteilung der Aufgaben in der Spitze der Bundespartei endlich umzusetzen. Sie soll Westerwelle innenpolitisch entlasten.
Forderungen nach Steuersenkungen seien momentan selbst Sympathisanten der Partei nicht vermittelbar, sagte Hahn. Westerwelle hatte wegen des Wirtschaftsaufschwungs gefordert, den Spielraum für Steuersenkungen zu nutzen. Hahn sagte, es müsse nun vor allem darum gehen, die Staatsverschuldung abzubauen und das Steuerrecht zu vereinfachen. Die hessische FDP-Spitze sei sich außerdem einig, dass die Partei auf erfolgreiche Themen wie soziale Marktwirtschaft, Bildungspolitik und Rechtsstaat setzen müsse.