Kostenfalle Lebensversicherung: Die stille Abzocke?
Hohe Kosten bei Lebensversicherungen sind ein Thema, das zunehmend in den Fokus der Aufsichtsbehörde Bafin gerät. Bei einer genaueren Überprüfung durch die Finanzaufsicht wird deutlich: Zwischen den verschiedenen Anbietern klaffen erhebliche Unterschiede, was die Betriebskostenquote angeht.
Diese Kennzahl zeigt, wie viel von den Beiträgen der Versicherungsnehmer tatsächlich für die Verwaltung der Verträge, den Abschluss und andere betriebswirtschaftliche Aktivitäten verwendet wird – und wie viel letztlich in die Kapitalanlage und Risikotragung fließt.
Eine aktuelle Analyse des Instituts für Finanzwirtschaft der Hochschule Ludwigshafen unter Leitung von Professor Hermann Weinmann beleuchtet diese Kostenstrukturen detailliert. Der Bericht vergleicht die Betriebskostenquoten der 16 größten Lebensversicherer Deutschlands im Neugeschäft des Jahres 2023.
Die Ergebnisse sind teils alarmierend: Während bei einigen Anbietern nur knapp 5 Prozent der Kundenbeiträge für Betriebskosten verwendet werden, sind es bei anderen mehr als 18 Prozent.
Wer hat die besten Karten?
Zu den günstigsten Anbietern zählen beispielsweise der Direktversicherer Cosmos Leben und der Branchenprimus Allianz Leben. Hier bleibt ein großer Teil der Kundenbeiträge für die Kapitalanlage und Risikotragung übrig.
Auf der anderen Seite stehen Unternehmen wie WWK Leben, Nürnberger Leben und HDI Leben, deren Kunden mit Betriebskostenquoten von über 18 Prozent belastet werden.
Die Bafin sieht diese Entwicklung kritisch. Julia Wiens, Exekutivdirektorin der Behörde, brachte es kürzlich auf einer Branchenveranstaltung auf den Punkt:
„Würden Sie solche Produkte guten Freunden empfehlen?“
Die Botschaft war klar: Es gibt Nachbesserungsbedarf.
Teure Versicherer unter Druck
Einige der Anbieter mit besonders hohen Kosten haben bereits auf den Druck reagiert. Generali Deutschland Leben, ein langjähriger Spitzenreiter in der Kostenbelastung, hat Maßnahmen ergriffen, um die Renditen für seine Kunden zu verbessern.
Diese Maßnahmen umfassen Kostensenkungen sowie rückwirkende Kompensationen für Bestandskunden. Doch die Kritik an den hohen Kosten bleibt bestehen.
Interessant ist auch, dass neben den Betriebskostenquoten weitere betriebswirtschaftliche Faktoren in die Analyse einfließen. So bewertet Weinmann auch die Solvenzquoten der Anbieter, die ihre Widerstandsfähigkeit in Krisenzeiten widerspiegeln, sowie die Teilhabe der Kunden an den Gewinnen.
Hier schneidet die Allianz trotz guter betriebswirtschaftlicher Ergebnisse nicht durchweg positiv ab. Die Beteiligung der Versicherten an den Erträgen fällt bei großen Konzernen wie Allianz, Axa und Zurich relativ gering aus, was Weinmann kritisch anmerkt.
Das Mittelfeld dominiert
Neben den Spitzenreitern und Schlusslichtern gibt es eine breite Masse von Anbietern, die im Mittelfeld rangieren. Alte Leipziger Leben und Nürnberger Leben schneiden hier gut ab, während acht weitere Versicherer nur eine „befriedigende“ Bewertung erzielen.
Besonders auffällig ist, dass zwei große Anbieter, Württembergische Leben und Generali Leben, mit der Verbrauchernote „ausreichend“ bewertet werden.
Am unteren Ende der Rangliste findet sich Zurich Deutscher Herold, der mit einer Reihe interner Umstrukturierungen zu kämpfen hat, sowie Cosmos Leben, der trotz niedriger Kostenquote mit schlechten Stornozahlen und niedrigen Verlustreserven zu kämpfen hat. Diese Zahlen werfen Fragen zur langfristigen Stabilität des Unternehmens auf.
Versicherer müssen Kosten senken
Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Kostendisziplin im Lebensversicherungssektor stark variiert. Für Verbraucher bedeutet dies, dass ein genauer Blick auf die Betriebskostenquote eines Anbieters unerlässlich ist, bevor sie sich für eine Lebensversicherung entscheiden.
Die Kritik der Bafin und die Forderung nach Nachbesserungen zeigen, dass sich die Branche auf steigenden Druck einstellen muss. Unternehmen, die ihre Kosten nicht senken, riskieren langfristig Kunden zu verlieren und ihren Ruf zu schädigen.