Irak feiert den «Schuhwerfer von Bagdad»

Bagdad (dpa) - Der «Schuhwerfer von Bagdad» ist neun Monate nach seiner spektakulären Attacke auf US-Präsident George W. Bush aus dem Gefängnis entlassen worden. Kollegen und Fans empfingen den Journalisten Muntasser al-Saidi in Bagdad mit Musik, Tanz und Glückwünschen.

Doch Al-Saidi selbst war nicht so recht zum Feiern zumute. Der 30 Jahre alte Reporter des TV-Senders Al-Baghdadija sagte, er sei in der Haft mit Elektroschocks gefoltert worden. Auch einige «Verantwortliche», deren Namen er zu einem späteren Zeitpunkt nennen wolle, hätten ihn misshandelt.

Al-Saidi erklärte, seine Attacke auf Bush sei ein Racheakt gewesen. «Als ich eine Gelegenheit sah, Rache zu üben, musste ich diese einfach nutzen.» Der Reporter sagte, er sei immer schon ein Gegner der US-Besatzung gewesen, die den Irakern viel Schmerz zugefügt habe. «Ich bin ein Nationalist und konnte nicht ertragen, was meinem Land angetan wurde», erklärte er. Der sunnitische Rat der Religionsgelehrten gratulierte dem schiitischen Journalisten zu seiner Freilassung.

Der Schuhwerfer, der unter den Gegnern von Ex-Präsident Bush in aller Welt Fans hat, war ursprünglich zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe für den Journalisten, der Bush auch als «Hund» beschimpft hatte, wurde später wegen guter Führung reduziert.

Al-Saidi sagte, neben Elektroschocks sei er auch mit Schlägen gefoltert worden. Außerdem sei am Tag seiner Festnahme im Dezember sein Kopf mit Wasser übergossen worden, um das Ertrinken zu simulieren - diese Foltermethode ist auch als «waterboarding» bekannt. Anschließend sei er die ganze Nacht in der Kälte festgehalten worden. «Zur selben Zeit, als der irakische Ministerpräsident Nuri al-Malik sagte, er könne nicht ruhig schlafen, wenn er nicht gewiss sei, dass ich in Sicherheit bin, wurde ich auf jede mögliche Art und Weise gefoltert», beklagte er. «Ich fordere von ihm eine Entschuldigung dafür, dass er die Wahrheit über die Folter verschwiegen hat.»

Seine Unterstützer hatten schon am frühen Morgen ein Festzelt aufgebaut, um den Schuhwerfer zu feiern, der in ihren Augen ein Held ist. Sie schlachteten zu seinen Ehren mehrere Schafe. Bush, in dessen Amtszeit die Beliebtheit der USA in der arabischen Welt einen Tiefstand erreicht hatte, war durch die Attacke nicht verletzt worden, weil er den Wurfgeschossen geschickt ausgewichen war.

Der aktuelle US-Vizepräsident Joe Biden traf am Dienstag zu einem aus Sicherheitsgründen vorab nicht angekündigten Besuch in Bagdad ein, wo er mehrere Regierungsvertreter sprechen wollte. Im Irak wird in vier Monaten ein neues Parlament gewählt. Die politischen Ränkespiele im Vorfeld des Wahlkampfes und der Abzug der US-Truppen aus den Städten hatten in den vergangenen Wochen zu einer deutlichen Zunahme der Gewalt im Irak geführt.

Am Dienstag starb in der Stadt Mossul ein Polizist durch eine Sprengstoffattacke. In der Vielvölkerstadt Kirkuk wurde nach Polizeiangaben ein Angehöriger der Minderheit der Turkmenen von Extremisten erstochen. In der südlich von Bagdad gelegenen Ortschaft Al-Musajib starb ein Polizeioffizier durch eine Magnetbombe, die jemand heimlich an seinem Auto befestigt hatte.

Konflikte / Irak
15.09.2009 · 16:48 Uhr
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