Wahlkampf

Hält «Brandmauer»? Merz grenzt sich in Anträgen von AfD ab

26. Januar 2025, 19:21 Uhr · Quelle: dpa
Friedrich Merz
Foto: Christoph Reichwein/dpa
Unionskanzlerkandidat will keine Zusammenarbeit mit der AfD.
Unionskanzlerkandidat Merz strebt eine Wende in der Migrationspolitik an. Ankündigungen folgen nun über 30 Forderungen in Anträgen – mit einer klaren Ansage gegenüber einer Partei. Wie geht es weiter?

Berlin (dpa) - Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz strebt eine grundlegende Kehrtwende in der Migrationspolitik an und wirbt für Anträge im Bundestag um Zustimmung der früheren Ampel-Koalition – die «Brandmauer» zur AfD stehe. 

Die Union will in dieser Woche im Bundestag Anträge zu einer Verschärfung der Migrations- und Sicherheitspolitik einbringen. SPD und Grüne kritisieren die Pläne scharf. Sie zweifeln daran, dass Merz die «Brandmauer» zur AfD aufrechterhält. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte im «Bericht aus Berlin» der ARD, er habe bereits weitreichende Gesetzesverschärfungen durchgesetzt. 

Union grenzt sich scharf von AfD ab

In einem Antrag zur Umsetzung eines Fünf-Punkte-Plans grenzt sich die Union scharf von der AfD ab: «Die AfD nutzt Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte illegale Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen.» 

Die AfD sei kein Partner, sondern politischer Gegner. Die AfD dürfte wegen der Formulierungen dem Antrag der Union wohl kaum zustimmen können. Merz schrieb in seinem E-Mail-Newsletter «MerzMail»: «Mit der AfD haben und wollen wir keine Mehrheit.» 

Merz erinnert Scholz an Amtseid

In der ZDF-Sendung «Berlin direkt» sagte der CDU-Chef und Oppositionsführer mit Blick auf die Messerattacke von Aschaffenburg sowie illegale Migration: «Die Bundesregierung hat einen Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Was muss denn noch passieren, dass jetzt endlich gehandelt wird?» 

Merz sagte weiter: «Wir machen in der Unionsfraktion das, was wir in der Sache für richtig halten. Und wenn die AfD zustimmt, dann stimmt sie zu. Wenn sie nicht zustimmt, soll sie es bleiben lassen. Es gibt keine Gespräche, es gibt keine Verhandlungen, es gibt keine gemeinsame Regierung. Ich kann den Bundeskanzler beruhigen.» 

Scharfe Kritik von SPD und Grünen 

SPD und Grüne haben starke verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken gegen Vorschläge der Union etwa zur Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche illegaler Einreisen an den Grenzen. SPD-Chefin Saskia Esken warf Merz einen «Erpressungsversuch» vor. Sie sagte zudem: «Die Brandmauer von Friedrich Merz, sie ist aus Papier gebaut und sie brennt lichterloh.» 

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck rief beim Grünen-Parteitag in Berlin zur Zusammenarbeit der demokratischen Parteien auf. «Einigungsfähigkeit heißt aber nicht Kompromisslosigkeit, heißt nicht "friss oder stirb", heißt nicht "Entweder stimmt ihr zu, oder ich stimme mit Rechtsradikalen".»

Scholz: Andere klopfen Sprüche

Der Kanzler verteidigte seine Migrationspolitik. Er verwies in der ARD zum Beispiel auf eine Verlängerung des Abschiebegewahrsams. Zudem seien Grenzkontrollen an deutschen Außengrenzen eingeführt worden mit der Konsequenz, dass die Zahl derjenigen, die irregulär nach Deutschland kommen, um 30 Prozent zurückgegangen sei. Die Zahl der Rückführungen habe zugenommen. 

Auf die Frage, dass sich eine Mehrheit der Deutschen schärfere Bestimmungen wünsche, sagte Scholz. «Ich wünsche mir die auch und ich habe sie durchgesetzt. Das unterscheidet mich von den Ganzen, die viele Sprüche klopfen.» Scholz verwies zudem auf das Grundrecht auf Asyl. 

Spannende Woche

Kaum vier Wochen vor der Bundestagswahl steht eine spannende Woche im Parlament an. Ab Mittwoch tagt das Plenum. Ob die Unions-Anträge eine Mehrheit finden, ist mehr als unklar. Die FDP sowie BSW-Chefin Sahra Wagenknecht signalisierten Zustimmung, das würde aber nicht reichen. 

In den Anträgen wird die Bundesregierung aufgefordert, unverzüglich Maßnahmen umzusetzen. Selbst ein Mehrheitsbeschluss wäre aber kurz vor Ende der Legislaturperiode nicht mehr als ein politisches Signal. Merz kündigte allerdings auch einen Gesetzentwurf an. Scholz will am Mittwoch eine Regierungserklärung zu den Konsequenzen aus der jüngsten Messerattacke abgeben.

Merz verteidigt Kurs

Merz hatte nach der Messerattacke von Aschaffenburg bereits angekündigt, in der anstehenden Woche in den Bundestag Anträge zur Migration einzubringen. «Und wir werden sie einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt», hatte er betont. Dies hatte mit Blick auf die «Brandmauer» zur AfD scharfe Kritik ausgelöst. 

Im ZDF sagte Merz: «Ich lasse mich von dem, was wir für richtig halten, nicht mehr davon abbringen, es in den Deutschen Bundestag einzubringen, nur weil die Falschen es auch für richtig halten.» Er mache das, was die Union in der Sache für notwendig halte in einer «außergewöhnlich schwierigen Situation».

Was in den Unions-Anträgen steht

«Die aktuelle Asyl- und Einwanderungspolitik gefährdet die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und das Vertrauen der gesamten Gesellschaft in den Staat», heißt es im Unions-Antrag zur Umsetzung des Fünf-Punkte-Plans. Die Politik der vergangenen Jahre habe es versäumt, Kontrolle über die Migration zurückzugewinnen und zu erhalten. 

Konkret fordert die Union dauerhafte Grenzkontrollen und die Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche einer illegalen Einreise. Es gelte ein faktisches Einreiseverbot für Personen, die keine gültigen Einreisedokumente haben und die nicht unter die europäische Freizügigkeit fallen. «Diese werden konsequent an der Grenze zurückgewiesen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie ein Schutzgesuch äußern oder nicht. In unseren europäischen Nachbarstaaten sind sie bereits sicher vor Verfolgung, einer Einreise nach Deutschland bedarf es somit nicht», heißt es in dem Antragsentwurf. 

Zu den fünf Punkten, die unverzüglich umgesetzt werden sollen, zählt ferner, dass nachvollziehbar ausreisepflichtige Personen «unmittelbar in Haft genommen werden». Die Bundesländer sollen zudem mehr Unterstützung beim Vollzug der Ausreisepflicht erhalten. Zudem soll das Aufenthaltsrecht für Straftäter und sogenannte Gefährder verschärft werden. Weiter heißt es, es sei die Pflicht Deutschlands und damit der Bundesregierung, nationales Recht vorrangig anzuwenden, wenn europäische Regelungen nicht funktionierten – so wie es in den europäischen Verträgen für «außergewöhnliche Notlagen» vorgesehen sei. 

Anti-AfD-Passus

Die Bekämpfung von illegaler Migration solle «Populisten ihre politische Arbeitsgrundlage» entziehen, heißt es weiter. Ausdrücklich nimmt die Union hier Bezug auf die AfD. Die AfD wolle, dass Deutschland aus EU und Euro austrete und sich stattdessen der Eurasischen Wirtschaftsunion zuwendet. «All das gefährdet Deutschlands Stabilität, Sicherheit und Wohlstand.» SPD, Grüne und FDP hätten die Texte erhalten, schrieb Merz auf X. «Die AfD bekommt diese Texte nicht.»

AfD spricht von Diffamierung

Die AfD reagierte empört. Parteichef Tino Chrupalla sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): «Diffamierungen politischer Gegner in Anträgen des Deutschen Bundestages entsprechen nicht den guten parlamentarischen Standards.» 

Angriff von Aschaffenburg befeuerte Migrationsdebatte neu

Die Messerattacke von Aschaffenburg hatte die Migrationsdebatte in Deutschland rund einen Monat vor der Bundestagswahl neu in den Fokus gerückt. Dort waren am Mittwoch ein zweijähriger Junge und ein Mann getötet sowie zwei weitere Menschen schwer verletzt worden. Als Täter festgenommen wurde ein 28-jähriger ausreisepflichtiger Afghane. 

In dem Antragsentwurf der Unionsfraktion ist von einer «neuen Dimension der Gewalt» die Rede, die Deutschland zunehmend erschüttere. Verwiesen wird auch auf die Anschläge von Mannheim, Solingen und Magdeburg.

Nach der Messerattacke von Solingen im August hatte Merz ähnliche Vorschläge für eine schärfere Migrationspolitik gemacht. Er erklärte dann aber Gespräche mit der damaligen Ampel-Regierung für gescheitert. 

Union will innere Sicherheit stärken

In einem zweiten Antragsentwurf listet die Union weitere Forderungen für einen «Politikwechsel bei der inneren Sicherheit» auf. Verlangt werden 27 Punkte, etwa Mindestspeicherfristen für IP-Adressen, mehr technische Befugnisse für Ermittler etwa zur elektronischen Gesichtserkennung oder eine Stärkung der Nachrichtendienste. 

Auch in diesem Antrag grenzt sich die Union von der AfD ab, darin heißt es: «Von extrem rechter und extrem linker Seite wird pauschal Stimmung gegen Ausländer gemacht, zum Beispiel mit dem mit unserer Verfassung nicht vereinbaren Konzept einer "Remigration".»

Partei / Wahl / Bundestag / Migration / Flüchtling / #btw25 / Deutschland
26.01.2025 · 19:21 Uhr
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