EZB vor weiterer Zinssenkung: Herausforderungen und politische Turbulenzen
Die Europäische Zentralbank (EZB) wird voraussichtlich in dieser Woche erneut die Zinsen senken, da sich das wirtschaftliche Umfeld weiter eintrübt. Hinzu kommen politische Unsicherheiten in den beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone, die das ohnehin schon schwierige Bild weiter belasten.
Dies wäre die dritte Zinssenkung in Folge, da die EZB zunehmend darauf abzielt, die Kreditvergabe zu fördern, um den Konsum und die Investitionen in den 20 Ländern, die den Euro verwenden, anzukurbeln. Zuvor hatte die Zentralbank die Zinsen seit Mitte 2022 aggressiv angehoben, um den Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise zu dämpfen, hatte aber aufgrund eines Rückgangs der Inflation und einer schwächelnden Eurozone nun Kurs auf Zinssenkungen genommen.
Jüngste, schlechter als erwartete Daten hatten Spekulationen angeheizt, dass die EZB erstmals in ihrem Lockerungszyklus eine kräftige Reduzierung um einen halben Prozentpunkt vornehmen könnte. Allerdings gehen die meisten Analysten derzeit davon aus, dass die EZB an ihrem bisherigen Tempo festhält und eine Senkung um einen Viertelpunkt bevorzugt, da der Inflationsdruck weiterhin ein Thema bleibt. Im November überschritt der Inflationsindikator erneut das Ziel von zwei Prozent.
Capital Economics erklärte in einem Bericht, es gebe zwar gute Argumente für ein schnelleres Tempo bei den Zinssenkungen, doch die Mehrheit des EZB-Rats bevorzuge offenbar eine moderate Reduzierung um einen Viertelpunkt. Dies wird die vierte Zinssenkung der in Frankfurt ansässigen Institution seit Juni sein und den Einlagensatz auf drei Prozent senken.
Die EZB-Offiziellen äußerten wiederholt Bedenken über die schwächer werdenden Wachstumsaussichten im Euroraum und signalisierten eine Abkehr von der ausschließlichen Fokussierung auf die Inflationsbekämpfung. Die Inflation hatte im späten Jahr 2022 mit 10,6 Prozent ihren Höchststand erreicht, fiel jedoch unter das Zwei-Prozent-Ziel, bevor sie im November wieder auf 2,3 Prozent anstieg.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde bemerkte kürzlich vor dem Europäischen Parlament, dass das Wachstum kurzfristig schwächer sein werde, was sie vor allem auf die Abkühlung im Dienstleistungssektor und die anhaltende Schrumpfung in der Fertigung zurückführte. Analysten erwarten, dass sich der schwächere Ausblick auch in den am Donnerstag veröffentlichten aktualisierten Wirtschaftsprognosen der EZB niederschlagen wird, wobei mit leichten Abwärtskorrekturen der Wachstums- und Inflationsschätzungen gerechnet wird.
Hinzu kommen politische Herausforderungen, die den ohnehin komplizierten Rahmen der Zinsentscheidung beeinflussen können. In Deutschland werden die Wahlen bereits im Februar, sieben Monate früher als geplant, stattfinden, nachdem die Regierung von Kanzler Olaf Scholz kürzlich zerbrochen war.

