Dax im Spannungsfeld zwischen Rekorden und Risiken
Der Dax könnte sich in der kommenden Woche weiterhin auf seinem jüngsten Rekordniveau bewegen, doch nach einem beeindruckenden Jahresplus von 20 Prozent sind stärkere Kursschwankungen nicht auszuschließen. Investoren sollten bei der dynamischen Marktentwicklung wachsam bleiben, um den Anschluss nicht zu verlieren, wie der Marktbeobachter Andreas Lipkow bemerkt. Der Mai stellt sich in diesem Jahr als besonders volatil dar und konfrontiert Anleger mit einer Vielzahl von Herausforderungen. Neben Themen wie dem globalen Handelskonflikt und den Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg wird der Fokus auf wichtige Konjunkturdaten wie das Ifo-Geschäftsklima gerichtet sein.
Die Experten von Index-Radar beschreiben die Börsenstimmung als "freundlich, aber nicht sorglos". Die Bewertungen, insbesondere im Dax, gelten als ambitioniert. In den aktuellen Kursen spiegeln sich bereits Erwartungen an ein robustes globales Wachstum wider, einschließlich baldiger Zollkompromisse, stabiler Unternehmenszahlen und einer sinkenden Inflation. Der Handlungsspielraum für Enttäuschungen bleibt somit gering.
Ein zentrales Risiko bleibt der globale Handelskonflikt. Zwar haben die USA und China kürzlich ihre Einfuhrzölle deutlich reduziert, jedoch steht eine endgültige Einigung noch aus, wie der Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank betont. "Das rettende Ufer wurde noch nicht erreicht." Angesichts der starken Kursgewinne der letzten Zeit könnte es zu vorübergehenden Rücksetzern kommen, was laut Halver jedoch gesund sei. Die Einzelheiten der "Zollpause" sollen in den kommenden 90 Tagen geklärt werden.
Diese Woche wird zudem stark von Konjunkturdaten geprägt sein. Robert Greil, Chefstratege der Privatbank Merck Finck, erwartet eine leichte Aufhellung des Verbrauchervertrauens, der Einkaufsmanagerindizes sowie des deutschen Ifo-Geschäftsklimas für Mai. Trotz leicht wachsender Zuversicht könnten die Wirtschaftsdaten angesichts der Zollunsicherheiten in den kommenden Wochen jedoch gedämpfter ausfallen.
Simon Azarbayjani von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) weist auf den fünften Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas in Folge hin, der normalerweise einen konjunkturellen Aufschwung signalisieren würde. Allerdings könnte dieser Optimismus in Zeiten erheblicher Unsicherheit verfrüht sein. Die Experten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gehen davon aus, dass die Einkaufsmanagerindizes in Deutschland nur leicht steigen werden und somit im Industrie- sowie Dienstleistungssektor unterhalb der Expansionsschwelle verbleiben. Mit der Veröffentlichung dieser Daten wird am Donnerstag gerechnet.
Der große Reigen der Quartalszahlen ist beinahe abgeschlossen, bis auf einige Nachzügler im Nebenwerte-Bereich. Während Unternehmensführer auf die Wachstumsrisiken hinweisen, präsentieren sie zugleich solide Bilanzen, resümiert Jochen Stanzl von CMC Markets die Berichtssaison. Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater hebt hervor, dass etwa zwei Drittel der Dax-Unternehmen mit positiven Gewinnüberraschungen aufwarten konnten – eine bemerkenswerte Leistung, insbesondere angesichts der anhaltenden Schwäche im Autosektor.
Auch die Chemiebranche kämpft weiter mit Herausforderungen. Bereits vor dem Ausbruch des weltweiten Zollkonflikts prognostizierte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) eine stagnierende Produktion und leicht rückläufige Umsätze für dieses Jahr. Am Dienstag wird der Verband das erste Quartal bilanzieren und könnte seine Prognose für 2025 angesichts der anhaltenden Zollunsicherheiten anpassen.