Commandos: Origins im Test – Nostalgisches Nazi-Meucheln mit vertrauter Taktik
Ihr wollt mal wieder taktisch und lautlos Nazis meucheln? Kein Problem – unser Lieblings-Eliteteam in seiner Urbesetzung ist zurück. Erfahrt die Ursprünge der Commandos-Einheit und meuchelt euch gekonnt über den halben Globus. Alt, aber sicher nicht altbacken, geht es zurück zu den Wurzeln des Franchises.
Ganze 27 Jahre ist es her, seit der erste Teil der Commandos-Reihe ein neues Genre definiert hat. Anstatt rundenbasierter Taktik durfte die Spezialeinheit in Echtzeit infiltrieren. Mit Commandos: Hinter feindlichen Linien starteten die Pyro Studios ein Erfolgskonzept, das von Größen wie Desperados oder Shadow Tactics aufgegriffen wurde und ebenfalls für große Erfolge sorgte. Nach Commandos 3: Destination Berlin war aber schon 2003 Schluss, denn der Nachfolger Strike Force krempelte das Spielprinzip komplett um.
Nun, fast drei Dekaden später, melden sich der Green Beret aka Jack O’Hara und seine Nazi-meuchelnden Kollegen endlich zurück. Commandos: Origins soll die Spielreihe wieder zu ihren Wurzeln führen – diesmal allerdings entwickelt von den Claymore Game Studios aus Frankfurt.
Zurück zu den Wurzeln
Gleich vorweg ein bisschen Lob und Kritik: Das Spiel spielt sich (fast) wie 1998. Das hat zwar positive Aspekte, vor allem für Nostalgiker, aber dadurch wirkt es in vielen Bereichen auch veraltet. Spaß hatten wir beim Test dennoch – egal ob Kenner der Reihe oder Neuling –, wobei erstere definitiv einen Vorsprung haben.

Eine großartige Story gibt es leider nicht. Auch wenn die Missionen lose zusammenhängen, geht es in erster Linie darum, Einsatz für Einsatz zu meistern – leise, effizient und rund um den Globus. Dabei bekommt man nach und nach weitere Commandos hinzu. Es beginnt damit, dass der Sapper – ein Support-Soldat – den Green Beret aus einer Zelle befreit, nachdem dieser seinen Vorgesetzten verprügelt hat. Ziel ist es, ein Team aus Spezialisten zusammenzustellen, um den Nazis ordentlich einzuheizen. In den Dialogen und kurzen Zwischensequenzen blitzt manchmal ein wenig Inglourious Basterds-Charme auf, aber sonderlich tiefgründig wird es nie.
Die Missionen stehen weitgehend für sich – zu Beginn wird jeweils per Textbox erklärt, warum die Commandos an diesem Ort im Einsatz sind. Mal müssen Dokumente gestohlen, mal Nazi-Ausrüstung sabotiert oder eine Brücke gesprengt werden.
Schleichen, töten und wieder schleichen
Wer hier viel Action erwartet, wird enttäuscht. Die Commandos sind leise Attentäter und machen nur selten – und dann nur kurz – Lärm. Der Scharfschütze schaltet mit Schalldämpfer aus erhöhter Position Gegner aus, der Sapper schneidet Stacheldraht durch und stellt Bärenfallen. In letztere kann der Green Beret mit einem Radio oder der Fahrer mit einer Packung Zigaretten Gegner hineinlocken. Jeder Commando bringt eigene Fähigkeiten mit, doch das Meucheln, Werfen von Granaten oder der Einsatz von Faustwaffen steht fast allen offen.
Granaten nutzt man eher gegen Gruppen, und zur Schusswaffe greift man nur, wenn der Großteil der Feinde schon lautlos ausgeschaltet wurde. Um an Wachen vorbeizukommen, gibt es allerlei Ablenkungsmöglichkeiten. Die Commandos können robben, sich verstecken und aus dem Hinterhalt zuschlagen. Manche von ihnen können auch klettern. Die Optionen sind vielfältig – vor allem, wenn mehrere Commandos gleichzeitig im Einsatz sind.
Viele Möglichkeiten, wenig Spielraum
Auch wenn es nach vielen Möglichkeiten klingt: Das Spiel lässt einem nur wenig Freiheit bei der Missionslösung. Zwar gibt es optionale Ziele, und wer möchte, kann auch jeden Nazi auf der Karte eliminieren – dennoch sind die Level weitgehend linear. Etwas mehr Sandbox, wie es Desperados vorgemacht hat, wäre zeitgemäßer gewesen.
Abwechslungsreiches Gemeuchel
Dafür sind die Level durchaus abwechslungsreich – vom afrikanischen Wüstendorf über die Antarktis bis zur Ostfront wird das Sondereinsatzkommando überall eingesetzt. Das bringt Vor- und Nachteile mit sich. Im Dschungel versteckt man sich besser, dafür bleiben im Schnee oder Sand länger Spuren zurück. Zudem gibt es immer wieder Gebäude zu infiltrieren. Auch die Gegnertypen variieren: Höherrangige Offiziere lassen sich nicht einfach von ihrem Posten weglocken, stationäre Geschütze erschweren die Wege, und andere Wachen mit erhöhter Sichtposition haben einen größeren Sichtradius – letzterer lässt sich praktischerweise per Klick anzeigen.
Es gibt zudem eine Spezialansicht, die Verstecke und interaktive Elemente wie Hebel oder Mechanismen hervorhebt. Munition und Ausrüstung finden sich ebenfalls in den Levels. Collectibles gibt es nur wenige – meist handelt es sich um Bilder –, einen echten Mehrwert haben sie nicht.
Aus alt mach (nicht viel) neu
Ganz so altbacken spielt sich Commandos: Origins zum Glück nicht. Besonders das Quick-Saving, das man ständig braucht, funktioniert reibungslos. Die Karten sehen gut aus, und auch die Animationen sind solide – solange die Kamera nicht zu nah heranzoomt. Die Map lässt sich frei drehen und stufenlos zoomen. Mithilfe des Taktikmodus, in dem die Zeit einfriert, können mehrere Befehle an verschiedene Commandos vergeben werden. Das klappt meist sehr gut und wird in späteren Missionen essenziell, um mehrere Gegner gleichzeitig auszuschalten.
Nichts für schwache Nerven
Commandos: Origins ist kein Spiel, das man beim ersten Versuch durchspielt. Vielmehr setzt es auf Trial & Error und viele Quicksaves – auch wegen der manchmal seltsamen KI. Wachen haben einen Sichtradius, innerhalb dessen sie euch entdecken können. Kriechende Commandos werden dabei weniger schnell entdeckt. Nachts ist der Spielraum größer. Dennoch kommt es vor, dass man aus unerklärlichen Gründen plötzlich gesehen wird – während Wachen ansonsten blind und taub zu sein scheinen.

Immerhin lassen sich Schüsse und Granaten einsetzen, ohne gleich den gesamten Level in Alarm zu versetzen. Das nimmt dem Spiel zwar etwas Realismus, sorgt aber dafür, dass diese Waffen überhaupt sinnvoll einsetzbar bleiben. Wird doch einmal Großalarm ausgelöst, hilft nur: verschanzen und abwarten. Irgendwann kehren die Gegner wieder zu ihrer Route zurück.
Technik
Trotz anfänglicher Skepsis über den Zustand der Vorabversion ist Commandos: Origins in der finalen Fassung technisch weitgehend sauber. Kleine Grafik- und Clipping-Fehler traten zwar auf, aber die 14 Missionen umfassende Kampagne ließ sich weitgehend problemlos durchspielen. Grafisch ist das Spiel kein Meilenstein, aber zweckmäßig und stellenweise schön inszeniert. Die deutsche Synchronisation ist gelungen, auch wenn die Soundeffekte etwas wuchtiger hätten sein dürfen.