Chronik einer Wahl: Hongkongs Test der Demokratie unter Pekings Einfluss
Die Wahlbeteiligung in Hongkong erreichte bei der jüngsten Abstimmung über das neue Parlament mit 31,9 Prozent ein niedriges Niveau. Insgesamt gaben etwa 1,317 Millionen der wahlberechtigten Bürger ihre Stimmen ab. Damit wurde das Rekordtief von 2021, das bei 30,2 Prozent lag, nur knapp überschritten, obwohl die Wahl aufgrund einer kürzlichen Tragödie im Stadtteil Tai Po von vielen Seiten kritisch beäugt wurde. Bei einem Brand in Wohnhochhäusern verloren 159 Menschen ihr Leben, was Forderungen nach einer Verschiebung der Wahl laut werden ließ. Trotzdem entschied sich Regierungschef John Lee gegen eine Änderung des Termins.
Hongkongs Parlament, bekannt als Legislativrat, kann nicht vollständig frei gewählt werden, was erneut die Vorherrschaft Pekings unterstreicht. Pro-demokratische Kandidaten waren bei dieser Wahl nicht vertreten, da eine Kandidatur Loyalität gegenüber China voraussetzt. Von den 90 Sitzen im Parlament werden nur 20 direkt durch das Volk bestimmt. Weitere 40 Sitze werden von einem Komitee besetzt, das aus Peking-treuen Politikern sowie Vertretern der Wirtschaft und Gesellschaft besteht. Die restlichen 30 Sitze werden durch Stimmen aus der Industrie vergeben. Seit der Rückkehr Hongkongs zu China im Jahr 1997 gilt das Prinzip "Ein Land, zwei Systeme", wobei die gegenwärtigen Umstände die anhaltende Kontrolle Pekings verdeutlichen.
Im Vorfeld der Wahl alarmierten die Behörden die Presse und bestellten internationale Journalisten ein, um vor der Verbreitung vermeintlicher Fehlinformationen über den Brand und die Abstimmung zu warnen. Zudem wurden elf Menschen, darunter auch ausländische Journalisten, wegen des Verdachts der Aufforderung zum Wahlboykott verhaftet. Die Brandkatastrophe dominierte bis zur Wahl die öffentliche Diskussion und führte zu mehreren Festnahmen aufgrund des Verdachts der fahrlässigen Tötung und des Betrugs. Die Anti-Korruptionsbehörde ermittelt derweil weiter, während die endgültige Brandursache noch unklar bleibt.

