Brok muss nach 39 Jahren im Europaparlament um Platz bangen

08. Januar 2019, 16:20 Uhr · Quelle: dpa

Düsseldorf/Brüssel (dpa) - Wenn es ein Gesicht für einen Europaparlamentarier gibt, dann ist es das von Elmar Brok. Der 72-jährige Ostwestfale mit dem weißgrauen Haar und dem markanten Schnauzer ist der dienstälteste Abgeordnete im Europarlament.

Immer bereit, zu jedem Thema sprechfähig - in Brüssel ist Brok nach fast 40 Jahren Parlamentszugehörigkeit eine graue Eminenz mit immer noch erheblichem Einfluss. Doch Broks Karriere könnte sich nun dem Ende zuneigen. Der Europa-Veteran wurde von einem jüngeren Politiker angegriffen - und hat das erste Duell verloren.

Bei der Aufstellung der Landesliste der NRW-CDU für die Europawahl Ende Mai unterlag Brok am Montagabend in einer geheimen Kampfabstimmung dem 49-jährigen Landtagsabgeordneten Stefan Berger. Brok hatte sich zuvor zwar schon bereit erklärt, als Zeichen des Generationenwechsels auf Platz 6 zu kandidieren anstatt - wie ursprünglich von CDU-Landeschef Armin Laschet geplant - auf dem sicheren Platz 4.

Allerdings erhob auch der Bezirk Niederrhein Anspruch auf Platz 6. Brok habe eine Garantie haben wollen, dass ihm der Platz nicht streitig gemacht werde, hieß es in Parteikreisen. Diese sei ihm nicht gegeben worden. Es kam zur Kampfkandidatur - und Brok unterlag mit 17 zu 20 Stimmen gegen Berger.

In Düsseldorfer Parteikreisen heißt es, dass nur die Plätze eins bis sieben auf der Landesliste als aussichtsreich für einen Einzug ins Europa-Parlament gelten. Auf Platz sieben aber steht bereits mit Antoinette Bunse eine der wenigen Frauen. Für Brok wurde es also eng.

Broks Niederlage ist auch eine Niederlage für Landeschef und NRW-Ministerpräsident Laschet. «Entgegen einem Listenvorschlag der acht Bezirksvorsitzenden» sei Brok auf Vorschlag Laschets auf Platz vier gesetzt worden, hieß es tags darauf ziemlich unverblümt in einer Mitteilung der NRW-CDU. Im Klartext: Es kam zur Machtprobe zwischen den Bezirkschefs und Laschet.

Der Ministerpräsident interpretiert die Lage anders. Brok habe mit seinem Verzicht auf den sicheren Platz 4 «eine Dynamik ausgelöst, die sich letztlich gegen ihn gewandt hat», sagte Laschet. Auch Brok selber sagt, sein Schritt sei eine «Frage der taktischen Einschätzung» gewesen. Die Schuld für seine Niederlage liege nicht bei Laschet. Letztlich aber war es wohl ein verunglücktes Pokerspiel von allen Beteiligten um zu wenig aussichtsreiche Plätze.

Schon im vergangenen Spätsommer hatte Laschet ein schlechtes Gespür dafür bewiesen, wann der Stern langgedienter Politiker zu sinken beginnt. Damals siegte der Gütersloher CDU-Politiker Ralph Brinkhaus in einer Kampfkandidatur um den Unions-Bundestagsfraktionsvorsitz gegen den langjährigen Chef Volker Kauder. Laschet hatte sich zuvor für den Verbleib Kauders an der Fraktionsspitze stark gemacht.

Auch Broks Aussichten schätzte Laschet wohl falsch ein. Dennoch wirbt er weiter für dessen unbestrittene Europa-Erfahrung. «In den absehbar schwierigen Abstimmungsprozessen rund um den Brexit und nach den Europawahlen kommt es auf Köpfe wie ihn an», sagte Laschet der Deutschen Presse-Agentur. Daher habe er einen vorderen Listenplatz für Brok für angemessen gehalten.

Brok hatte Anfang 2017 nach langen Jahren bereits den Posten als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament verloren - angeblich auf Wunsch der damaligen CDU-Chefin Angela Merkel. Ziemlich bitter reagierte Brok darauf, dass er für den neuen europapolitischen Hoffnungsträger David McAllister Platz machen musste.

Als «Brexit-Sherpa» der Europäischen Volkspartei widmete Brok sich fortan dem Topthema der EU, dem Drama um den geplanten Austritt Großbritanniens. Brok ist als Mitglied der kleinen Brexit-Steuerungsgruppe des Europaparlaments immer bestens informiert, reiste in diplomatischer Mission nach Großbritannien und Irland, formulierte mit den übrigen Unterhändlern des Parlaments Rote Linien. Aber das tat er eben nicht nur zum Brexit, sondern auch zu Katalonien, zum Nahen Osten, zum Handelsstreit mit den USA.

«Geboren, verheiratet, Europäisches Parlament», soll der einstige Bundeskanzler Helmut Kohl Broks Leben einmal zusammengefasst haben. Dass er mit 72 selbst ans Aufhören denken könnte, schien Brok offenbar abwegig. Die Kandidatur für weitere fünf Jahre schien selbstverständlich.

Brok macht nun aber eine Erfahrung, die in anderen Parteien bei der Aufstellung von Wahllisten an der Tagesordnung ist. «Da wird abgestimmt, das nennt man Demokratie», sagte NRW-Innenminister Herbert Reul, der viele Jahre mit Brok im Europaparlament gesessen hatte.

Eine letzte Chance, dort zu bleiben, hat Brok noch. Er könnte am 26. Januar bei der Landesvertreterversammlung der NRW-CDU in Siegburg in einer Kampfkandidatur um einen der Listenplätze antreten. «Da ist noch alles im Fluss», sagte Reul. Denn auch der gewichtige Regionalproporz wäre nicht gewahrt, wenn Ostwestfalen auf der Europa-Liste der NRW-CDU keinen sicheren Platz hätte.

Auch Brok gibt sich nicht ganz geschlagen: «Ich behalte mir vor, ob ich auf der Landesdelegiertenversammlung kandidiere», sagte er. «Das Votum ist ja nur ein Vorschlag.»

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08.01.2019 · 16:20 Uhr
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