Befreiung von Assad: Syrien sucht nach Vermissten in den Schatten der Vergangenheit
Der überraschende Sturz des Regimes von Bashar al-Assad hat Syrien in Euphorie versetzt und die Straßen mit jubelnden Menschen gefüllt. In Damaskus umhüllten sich Frauen stolz in die grün-schwarzen Fahnen der Opposition und skandierten den Namen Abu Muhammad al-Jolani, des islamistischen Anführers, der den erfolgreichen Aufstand angeführt hatte. Freudenschüsse hallten in den Himmel, als Ausdruck der Erleichterung und Freude über das Ende einer langen Diktatur.
Doch während vielerorts gefeiert wurde, führte der Drang, vermisste Angehörige zu finden, viele Syrer direkt zu den kürzlich geöffneten Gefängnissen. Diese waren zuvor unter der Herrschaft Assads zu geheimen Orten der Folter geworden. Besonders berüchtigt war das Saidnaya-Gefängnis nördlich von Damaskus, das für seine unmenschlichen Bedingungen bekannt war.
Dort gelang es den Rebellen, zahlreiche Häftlinge zu befreien und ein grausiges Bild der Vergangenheit zu offenbaren. In Saidnaya stießen Suchtrupps auf unterirdische Zellen, in denen Gefangene unter entsetzlichen Bedingungen hausten. Der Gestank von Plastikflaschen gefüllt mit Urin und die Geräuschkulisse der befreiten, aber stark traumatisierten Gefangenen prägten das Bild einer düsteren Vergangenheit.
Auch persönliche Schicksale wie das von Yeman al-Eyan, der verzweifelt nach seinem seit 12 Jahren vermissten Onkel suchte, stehen symbolisch für die vielen ungelösten Schicksale. Während Rebellen und Freiwillige weiterhin die Verwaltung des Gefängnisses durchforsteten, um mögliche Überlebende zu finden, veröffentlichte die Gruppe Hayat Tahrir al-Scham eine Liste entflohener Gefängnismitarbeiter.
Diese gehören, neben der Assad-Dynastie, zu den meistgehassten Figuren im erneuerten Syrien. Der Weg zur Wiederherstellung der Normalität in einem Land, das die Schrecken des Assad-Regimes hinter sich lassen möchte, hat eben erst begonnen.

