Battlefield 6 im Test: Die glorreiche Rückkehr des organisierten Chaos
Seien wir ehrlich: Ein langjähriger Fan einer Spielereihe zu sein, gleicht oft einer toxischen Beziehung. Man hat zusammen die höchsten Höhen erklommen und die tiefsten Täler durchschritten. Ich bin seit den Tagen von Battlefield 1942 ein solcher Jünger und habe die Reihe durch all ihre technischen Desaster, verkorksten Starts und die manische Besessenheit, das Rad bei jedem neuen Teil neu erfinden zu müssen, begleitet. Mein Glaube war unerschütterlich, bis Battlefield 2042 mein Herz brach. Trotzdem zündete die Ankündigung von Battlefield 6 diesen alten Funken erneut. Eine leise, fast schon irrationale Hoffnung keimte in mir auf – die Hoffnung, dass DICE, EA und Co. es nach all den Jahren endlich schaffen könnten. Ein fertiges, poliertes Spiel zum Launch. Ein Spiel, das seine Wurzeln ehrt, ohne den Blick für Innovation zu verlieren. Und nach einer gefühlten Ewigkeit des Wartens kann ich sagen: Battlefield 6 ist endlich dieses Spiel. Es ist nicht perfekt, bei weitem nicht. Aber es ist ein monumentaler Schritt in die richtige Richtung und ein triumphales Comeback, das ich der Serie nicht mehr zugetraut hätte.
Ein Launch ohne den üblichen Schrottplatz-Charme
Lass uns direkt das größte Damoklesschwert aus dem Weg räumen, das über jedem Battlefield-Launch schwebt: die technische Stabilität. Es ist fast schon surreal, es auszusprechen, aber Battlefield 6 ist ein erstaunlich sauberes und stabiles Spiel. In über zehn Tagen intensiven Spielens der finalen Version hatte ich einen einzigen Absturz zu beklagen. Ja, es gibt kleinere Macken. Die Zoom-Optik von Panzern zickt gelegentlich, Raketen scheinen eine persönliche Vendetta gegen Täuschkörper zu hegen und ein besonders amüsanter Bug katapultierte mich nach dem Erklimmen eines Schutthaufens gelegentlich in den Orbit. Aber nicht ein einziges Mal musste ich einen erzwungenen Respawn durchführen oder eine Runde vorzeitig verlassen, nur um das Spiel wieder zur Vernunft zu bringen. Dieses Grundgerüst an Kompetenz ist das Fundament, auf dem der Rest des Spiels seine beeindruckende Wirkung entfaltet. Es ist ein poliertes Produkt, das seine Versprechen größtenteils einhält, auch wenn ich nicht mit jeder Design-Entscheidung konform gehe.

Die glorreiche Rückkehr des organisierten Chaos
Jeder Fan der Serie erinnert sich an die unglaublichen Battlefield Momente: Ein infernalisches Crescendo aus Kugelhagel und Detonationen. Ein Moment, in dem ein intensiver Häuserkampf nahtlos in ein weitreichendes Gefecht auf offenem Feld übergeht, weil ein Kontrollpunkt die Hände gewechselt hat. Während Kampfjets ohrenbetäubend über dich hinwegdonnern, zückt ein Sanitäter seine Defibrillatoren und stürmt in den Kugelhagel, um einen Kameraden wiederzubeleben, der soeben beim Versuch, einen Panzer mit C4 in die Luft zu jagen, selbst in seine Einzelteile zerlegt wurde. Anderswo wird ein Scharfschütze, der sich in einem Hochhaus verschanzt hat, von einer wohlplatzierten Panzerfaust aus seinem Nest geräuchert, die ein klaffendes Loch in die Fassade reißt, bevor das gesamte Gebäude schließlich in sich zusammenstürzt. Battlefield 6 ist eine triumphale Rückkehr zu jener Formel, die auf Basis dieses emergenten, unvorhersehbaren Wahnsinns erst zur vollen Blüte gelangt.
Battlefield 2042 hatte aus unzähligen Gründen genau diese magischen Momente nur selten hervorgerufen. Dies veranlasste die Battlefield Studios – das Kollektiv aus DICE, Criterion, Motive und Ripple Effect – dazu, für die Zukunft der Serie einen tiefen Blick in die ruhmreiche Vergangenheit zu werfen. Es ist kein Geheimnis, dass Battlefield 3 und 4 die zentralen Inspirationsquellen für diesen neuesten Ableger waren, und das spiegelt sich in jeder Faser des Spielgefühls wider. Ein sicherer Ansatz, gewiss, aber angesichts des desaströsen Echos auf 2042 und dem unaufhörlichen Ruf der Fans nach einer direkten Fortsetzung kaum verwunderlich. Das Ergebnis ist ein Spiel, das sich nur selten wirklich frisch oder neu anfühlt, aber unbestreitbar die pure Essenz von Battlefield verkörpert. Und da es da draußen immer noch nichts Vergleichbares zu diesem vielschichtigen Chaos gibt, ist eine Rückbesinnung auf alte Stärken mehr als genug, um den Puls in die Höhe zu treiben, auch wenn die große Revolution ausbleibt.

Die Kampagne: Ein Blockbuster von der Stange
Dieses Loblied gilt jedoch mitnichten für die Einzelspieler-Kampagne des Spiels. Die Story-Modi der Reihe waren, von wenigen Ausnahmen abgesehen, bestenfalls mittelmäßig. Klar, es gab herausragende Momente – die Jet-Sequenz in BF3 oder die ergreifende Mission um die senegalesischen Tirailleurs in BF5 – doch meistens waren sie vergessenswerte Anhängsel. Die einzige echte Ausnahme bildete das geniale Battlefield: Bad Company von 2008, das die damals omnipräsenten „Oorah“-Militärshooter gekonnt parodierte.
Battlefield 6 hingegen ist genau einer dieser Shooter, und das ohne jede ironische Distanz. Vollgestopft mit militärischem Fachjargon und selbstgefälligen Dialogen, die klingen, als wären sie nur geschrieben worden, um zitierfähig zu sein, entpuppt sich die Kampagne als explosiver, globetrottender Blockbuster, der jedes erdenkliche Klischee im Genre abarbeitet. Die Geschichte spielt im Jahr 2027, in einer nahen Zukunft, in der das NATO-Bündnis vor dem Zusammenbruch steht. Mehrere europäische Länder haben die Allianz verlassen und ein Machtvakuum hinterlassen, in das die private Militärfirma Pax Armata stößt. Diese ist mit modernster Technologie und unendlichen finanziellen Mitteln ausgestattet und wird zur neuen Schutzmacht vieler Nationen. Du schlüpfst in die Rolle verschiedener Mitglieder von Dagger 13, einer Eliteeinheit der US Marines, die den Kampf gegen diesen übermächtigen Feind aufnimmt.
Trotz des politisch aufgeladenen Szenarios bleibt die Erzählung bemerkenswert vage und substanzlos. Pax Armata ist ein gesichtsloser, uninspirierter Feind, reines Kanonenfutter ohne jegliche Tiefe. Die Geschichte ist lediglich ein dünner Vorwand, um von einer Explosion zur nächsten zu hetzen, ohne jemals die realpolitischen Implikationen auch nur anzudeuten. Zurück bleibt eine fade, vergessenswerte Story in einer Serie, die ohnehin für ihre schwachen Kampagnen bekannt ist. Die Missionen selbst sind nicht besser. Von einer auf Schienen wirkenden Schleichpassage mit Nachtsichtgerät über eine generische Scharfschützen-Mission bis hin zu den obligatorischen Geschützturm-Sequenzen – nichts davon hat man nicht schon in anderen Shootern besser gespielt. Das Gunplay ist zwar wuchtig und befriedigend, doch die unterbelichtete KI, die entweder stur in Deckung hockt oder blindlings auf dich zustürmt, raubt den Gefechten jede Dynamik.
Der Multiplayer: Klassisch, knackig, brillant
Kommen wir zum Herzstück, der Essenz eines jeden Battlefield-Spiels: dem Multiplayer. Und hier, mein Freund, entfesselt Battlefield 6 eine Sinfonie der Zerstörung, die ihresgleichen sucht. Die Action ist schärfer, wuchtiger und befriedigender als je zuvor. Es ist eine pure Freude, sich durch diese Welt zu bewegen. Das Gefühl für die Bewegung, das Rutschen, das Springen – alles fühlt sich direkt und responsiv an. Der Umgang mit den Waffen, das Auslösen von Gadgets, das Fahren oder Einsteigen in die zahlreichen Vehikel, das gelegentliche Einreißen von Wänden – jeder einzelne Aspekt des Gameplays ist auf Hochglanz poliert. Die Soundkulisse ist schlichtweg phänomenal und trägt maßgeblich zur dichten Atmosphäre bei. Explosionen haben eine physische Präsenz, Projektile zischen mit einer bedrohlichen Authentizität an dir vorbei und das Schreien deiner Kameraden wird zum Soundtrack des digitalen Krieges. Dies ist der Spielplatz, von dem Battlefield-Veteranen seit Jahren träumen.

Die umstrittenen, an Hero-Shooter erinnernden Spezialisten aus 2042 sind verschwunden und wurden durch das vertraute Klassensystem mit vier klar definierten Säulen ersetzt. Der Sturmsoldat ist der Frontkämpfer, der mit seinem Granatwerfer Breschen schlägt. Der Pionier ist im Fahrzeugkampf unverzichtbar, repariert verbündete Panzer und jagt feindliche mit seinen Raketenwerfern in die Luft. Der Unterstützer ist der Sanitäter des Trupps, der gefallene Kameraden wiederbelebt und Munition verteilt. Und der Aufklärer brilliert als Scharfschütze aus der Distanz.
Man weiß sofort, was man von diesen Klassen bekommt, doch die einzigartigen Gadgets und Eigenschaften lassen sie erst richtig glänzen. Der Unterstützer kann mobile Deckung aufstellen, um in brenzligen Situationen einen Rückzugsort zu schaffen, während der Sturmsoldat durch seine Fähigkeit, Ziele schneller einzunehmen, zum entscheidenden Faktor wird. Es gibt eine wunderbare Synergie zwischen den Klassen und den unzähligen Loadout-Kombinationen, die man erstellen kann. Jeder einzelne Beitrag, und sei er noch so klein, fühlt sich bedeutsam für das Team und den Ausgang der Runde an, selbst wenn man nicht an der Spitze des Kill-Count-Leaderboards steht.
Das kinästhetische Kampfsystem: Mehr als nur ein Buzzword?
In einer kleinen, aber feinen Abwandlung der klassischen Struktur kann jede Klasse jede Waffe benutzen. Boni für die „Signaturwaffen“ einer Klasse, wie etwa reduziertes Schwanken beim Zielen für den Aufklärer, sollen zwar einen Anreiz schaffen, die vorgesehene Rolle zu spielen, doch die freie Waffenwahl verwässert das Klassensystem spürbar. Es ist eine nette Geste der Freiheit, die aber auf Kosten der taktischen Tiefe geht.

Eine weitere Neuerung ist das sogenannte „Kinästhetische Kampfsystem“. Hinter diesem Marketing-Buzzword verbirgt sich eine erweiterte Kontrolle über die eigene Mobilität. Die Möglichkeit, im Sprint zu ducken, ist auf den weitläufigen Karten Gold wert, und die Option, verwundete Kameraden aus dem Feuer zu ziehen, sorgt für herrlich filmreife Momente. Das Aufstützen von Waffen und das Lehnen um Ecken sind willkommene Ergänzungen, die das Gameplay taktisch bereichern. Es ist nichts Revolutionäres, aber in einem Spiel, das sich so stark an vergangenen glorreichen Zeiten orientiert, sind es genau diese kleinen Kniffe, die ihm helfen, eine eigene Identität zu etablieren.
Die großen, klassischen Modi wie Eroberung und Rush sind erwartungsgemäß die Highlights und entfalten das volle Potenzial des Spiels. Kompaktere Modi wie Team Deathmatch fühlen sich hingegen immer noch wie ein Fremdkörper an, da sie die Essenz von Battlefield – die großangelegten, fahrzeugbasierten Gefechte – größtenteils ignorieren. Die Kartenauswahl scheint durchweg stark und bietet eine hervorragende Mischung aus engen urbanen Nadelöhren, weitläufigem Terrain für Panzergefechte und intensiven Infanterie-Schlachtfeldern.


