«Bart-Prozess»: US-Amische wegen Hassverbrechen verurteilt
Washington (dpa) - Wegen gewaltsamer Zwangsrasuren drohen 16 Mitgliedern einer Amischen-Gruppe lange Gefängnisstrafen. Ein Gericht im US-Staat Ohio sprach sie jetzt schuldig, im vergangenen Herbst Glaubensbrüdern und -schwestern gewaltsam Bärte oder Haare abgeschnitten und damit «Hassverbrechen» begangen zu haben.
Die Strafe für «Hassverbrechen» könne nach US-Recht mehr als 20 Jahre betragen, berichtete der Fernseh-Sender Fox News. Das Strafmaß soll kommenden Januar bekanntgegeben werden.
Die Verurteilten hatten die Haarpracht anderer Mitglieder ihrer christlichen Religionsbewegung im Ort Bergholz gekappt, um sie für mangelnde Folgsamkeit zu bestrafen. Mehrere Opfer wurden dabei auch mit Scheren verletzt. Hauptangeklagter war der Amischen-Bischof Sam Mullet, der seine Gemeinde mit eiserner Faust regiert und seine Gefolgsleute zu den Taten angestiftet haben soll. Die Angeklagten wurden außerdem der Verschwörung für schuldig befunden.
Die Amischen lehnen technischen Fortschritt wie Elektrizität oder Telefon weitgehend ab und führen zumeist ein einfaches, bäuerliches Leben. Der Großteil ihrer US-Mitglieder lebt in Ohio und Pennsylvania. Die Verurteilten gehören einer Gruppe an, die sich vor 17 Jahren von einer friedlichen Amisch-Gemeinde in Ohio abgetrennt und einen eigenen Clan mit ungefähr 125 Mitgliedern gebildet hatte.
Wie US-Medien aus Gerichtspapieren zitierten, forderte Mullet von seinen eigenen Gefolgsleuten absolute Disziplin - und strafte jene, die nicht gehorchten. Als sich 2005 acht Familien von der Gemeinde losgesagt hätten, habe Mullet sie exkommuniziert. Nachdem ein Ausschuss gemäßigter Amisch-Mitglieder diese Entscheidung aufgehoben hatte, sei der Bischof wütend geworden und habe die Bart- und Haar-Attacken angeordnet.
Dem Urteil waren vier Tage intensiver Beratungen der Geschworenen vorausgegangen. Der Prozess hatte weltweit Interesse hervorgerufen.