Analyse: Regierungspflicht oder Heimlichtuerei?

Berlin (dpa) - Die Kanzlerin kam, sah - und schwieg weiter. Eine gute halbe Stunde lief die durchaus lebhafte Debatte über das umstrittene Panzergeschäft mit Saudi-Arabien im Bundestag bereits, als Angela Merkel (CDU) am Freitagnachmittag doch noch auf der Regierungsbank Platz nahm.

Immerhin: Der Bundessicherheitsrat, der die Lieferung von 200 Leopard-Kampfpanzern vergangene Woche genehmigte, war damit mehrheitlich vertreten. Aber wer Auskunft erhofft hatte, sah sich enttäuscht.

Merkel verfolgte die Debatte nur als Zuschauerin - mal mehr, mal weniger aufmerksam. Auch ihr Vize Philipp Rösler (FDP), Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) - ebenfalls arg verspätet - hielten sich aus der Debatte heraus. Auch die Fraktionschefs blieben still.

Stattdessen schickte die Koalition Hinterbänkler wie Roderich Kiesewetter und Georg Nüßlein nach vorn, um ihre Politik zwischen Unterstützung der «Arabellion» und Rüstungsexporten in ein sehr autoritär regiertes Königreich zu erläutern.

Die Genehmigung des Panzerdeals kommentierten die Unionspolitiker mit demonstrativer Ahnungslosigkeit. «Wir wissen nichts über eine Entscheidung. Wir spekulieren darüber», sagte der CDU-Politiker Kiesewetter. CSU-Kollege Nüßlein ergänzte: «Der Bundessicherheitsrat tagt geheim. Das ist auch richtig und gut so.» Viel mehr bekamen SPD-Chef Sigmar Gabriel und Linke-Fraktionschef Gregor Gysi, die sich mächtig ins Zeug legten, im Parlament zur Antwort nicht.

Merkel zog es vor, sich in Interviews erstmals zu dem Panzerdeal zu äußern. Die Entscheidungen des Bundessicherheitsrats seien «aus gutem Grund geheim», sagte die auch dort vorsitzende Kanzlerin der «Mittelbayerischen Zeitung». Welchen Grund sie meint, verriet sie allerdings weiterhin nicht. Ihr Sprecher Steffen Seibert verwies aber zum wiederholten Male darauf, dass auch frühere Regierungen in solchen Fällen geschwiegen hätten. Dies sei eine «seit über 50 Jahren gelebte und bewährte Staatspraxis».

Von den Befürwortern der Geheimhaltung werden vor allem der Schutz der Interessen der Zielländer und auch der eigenen Industrie ins Feld geführt. Dass Saudi-Arabien in großem Stil Panzer anschaffen will, ist aber ohnehin längst bekannt. Und dass die Veröffentlichung einer Exportgenehmigung der Rüstungsindustrie schaden könnte, leuchtet den meisten Experten nicht ein - so lange keine Details genannt werden.

Trotzdem hält das schwarz-selbe Schweigegelübde zumindest in der Öffentlichkeit nun schon fast eine ganze Woche. Auch bei den Abstimmungen im Bundestag standen Union und FDP fest zusammen. Die drei verschiedenen Anträge von SPD, Grünen und Linker scheiterten allesamt klar. Ein ablehnendes Votum zu dem Rüstungsgeschäft in der letzten Sitzung vor der Sommerpause hätte aber ohnehin nur symbolischen Wert gehabt. Gebunden daran wäre die Regierung nicht gewesen.

Die Opposition will den Druck trotzdem aufrechterhalten - wenn nicht über das Parlament, dann auf anderem Wege. Die Grünen haben bereits Strafanzeige gegen den Leopard-Bauer Krauss-Maffei Wegmann gestellt, um die Regierung zum Reden zu bringen. Der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele erwägt sogar eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Der Grünen-Promi vertritt die Meinung, dass Merkels Geheimhaltungsstrategie reiner Selbstschutz sei. Der Verschwiegenheitsbeschluss sei schließlich kein «höherer Befehl», sondern könne von der Kanzlerin ganz einfach aufgehoben werden. Und fügte hinzu: «Sie kann nicht nur, sie muss. Sie will nur nicht.» Aber auch damit gelang es nicht, die Kanzlerin aus der Reserve zu locken.

Rüstungsindustrie / Saudi-Arabien / Deutschland
08.07.2011 · 22:12 Uhr
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