Analyse: Irans Führer hat sich entschieden

Teheran (dpa) ­ Der oberste Führer der islamischen Republik hat sich entschieden, und zwar für Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Seine Ansichten seien denen des Präsidenten ähnlich, sagte Ajatollah Ali Chamenei. Außerdem habe es keine Wahlfälschungen gegeben, «so was gibt es in unserem System nicht».

Die Gegenkandidaten, einschließlich Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi, dürften zwar Protest einlegen und bei den Untersuchungen dabei sein, «auch einige Urnen nachzählen», aber alles über legale Kanäle, betonte der geistliche und weltliche Führer des Landes. Die legalen Kanäle sind das Innenministerium und der Wächterrat, die beide Präsident Mahmud Ahmadinedschad nahe stehen.

«Straßendemonstrationen müssen gestoppt werden, von solchen Initiativen lässt sich das System nicht einschüchtern,» so der Führer im Freitagsgebet in der Teheraner Universität. Die Demonstrationen seien illegal und würden nur den Feinden der Republik dienen. «Falls es nicht aufhört, sind die Anführer (der Proteste) für die Konsequenzen verantwortlich, und ich werde nächstes Mal dann mit den Leuten deutlicher reden», warnte Chamenei, der laut Verfassung bei allen politischen Entscheidungen das letzte Wort hat. Ahmadinedschad saß beim Freitagsgebet in der ersten Reihe.

Für Samstag ist eine Massendemonstration geplant, an der sowohl Mussawi als auch Ex-Präsident Mohammed Chatami teilnehmen wollen. Eine Erlaubnis vom Innenministerium wurde bereits beantragt, wird aber mit großer Wahrscheinlichkeit wieder nicht gewährt. Ohne Erlaubnis hatten Hunderttausende an den Protesten teilgenommen, mit Erlaubnis würden es sicher weitaus mehr werden.

Der iranische Führer dementierte kategorisch Interpretationen im Westen, dass die jetzige Situation im Land ein Machtkampf ums islamische System sei. «Das ist absurd, da alle vier Kandidaten unumstrittener Teil des Systems sind», so Chamenei. Auch Mussawi schloss er ein. «Er war acht Jahre lang mein Ministerpräsident, zu einer Zeit als das Land im Krieg (gegen den Irak) war.» Zu der Zeit, als Mussawi Regierungschef war, agierte Chamenei als Staatspräsident. Erst nach dem Tod von Ajatollah Ruhollah Khomeini wurde er zu dessen Nachfolger ernannt.

Auch Ex-Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani, dem Ahmadinedschad Korruption vorgeworfen hatte, nahm Chamenei in Schutz. Rafsandschani sei seit 1957 sein Weggefährte und habe sein Leben für das System geopfert. «Wir haben unterschiedliche politisch Standpunkte und Differenzen, aber das hat nichts zu sagen.» Er wisse auch, dass Rafsandschani und Ahmadinedschad Differenzen hätten über Innen- und Außenpolitik. «Meine Ansichten sind denen des Präsidenten näher», stellte Chamenei klar.

«Ich gebe dem Führer in einer Hinsicht recht: Die Demonstrationen könnten schnell zu Protesten gegen das gesamte System werden, auch wenn Mussawi und Chatami das nicht wollen», sagte ein Beobachter, der in der derzeitig gespannten Situation nicht genannt werden wollte. Mussawi selbst sagt, dass die Demonstranten nur ihr legitimes Recht wollen und die Wahlfälschung nicht akzeptieren. Eine Überprüfung der Wahlen seitens Gremien, die Ahmadinedschad nahe stehen, sind dementsprechend inakzeptabel. Die Wahl vom vergangenen Freitag sollte daher annulliert werden und Neuwahlen folgen.

Dies werde er nicht akzeptieren, da dies auch die Legitimation künftiger Wahlen unterminiere, sagte Chamenei. «Der politische Kurs wird an den Urnen entschieden, nicht auf den Straßen», so der Ajatollah weiter. Außerdem beeinträchtigten diese Demonstrationen das Leben und die Arbeit der Menschen.

Mussawi hatte gesagt, dass er seinen Weg bis zum Ende gehen werde. Das aber würde heißen, dass er trotz seiner regimetreuen Vergangenheit die Anweisungen des obersten Führers nicht befolgen wird. Die Krise, so ein Beobachter, ist eine Krise des Systems: «Der Führer machte klar, dass Kritik und Wahlfälschungs-Vorwürfe vom System nicht mehr als Reformbemühungen ausgelegt werden sondern als Feindseligkeit.»

Konflikte / Wahlen / Iran
19.06.2009 · 15:13 Uhr
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