Wissen, das man im Leben bestimmt nie braucht.

„Schicht im Schacht“
Bedeutung:
Etwas ist zu Ende. Nichts geht mehr, etwas ist nicht mehr möglich.

Herkunft: Diese Redensart soll im Bergbau ihren Ursprung haben. „Schicht“ bedeutet unter anderem den Zeitraum innerhalb eines Arbeitstages, umgangssprachlich aber auch das Ende desselben, verallgemeinert auch das Ende eines Vorganges allgemein. „Schacht“ bezeichnet im Bergbau den Grubenbau, der in die Tiefe zur Lagerstätte führt und über den die Bergleute und Material transportiert werden. Die Paarformel "Schicht im Schacht" ist demnach das Ende einer Arbeitsschicht, nach dem die letzten Bergleute einer Schicht nach Feierabend den Schacht verlassen haben. Da die Redensart im umfangreichen Werk von Küpper fehlt, kann man davon ausgehen, dass sie erst im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts entstanden ist.
 
„Wind aus den Segeln nehmen“
Bedeutung:
Bedeutungen: Jemanden seine Argumente nehmen, jemandem die Grundlage seines Handelns nehmen und jemandem in seinem Tatendrang bremsen.

Herkunft: Diese Formulierung kommt natürlich aus der Seefahrt – von den Segelschiffen. Für die symbolisierte „Seereise“ soll das Leben selbst stehen. Hier wird bei dem „Wind aus den Segeln nehmen“ eine „Flaute (Windstille) genommen, die das Fortkommen und den Erfolg der Seereise (und damit „dem Leben allgemein“) verhindern. Die Redewendung war vor allem in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr geläufig – und wird auch heute noch gerne benutzt.

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"Ans Ruder kommen“
Bedeutung:
Die Führung / die Leitung übernehmen. An die Macht kommen.

Herkunft: Die ganzen Redensarten mit den diversen Ausdrücken wie Ruder, Segel, Steuer usw. basieren auf der Seefahrtsmetaphorik, die wiederum verschiedene „Bildfelder“ versorgt. So wird gelegentlich das Leben als Seereise aufgefasst, auf der man "Schiffbruch erleiden" kann. Ein altes und breit gefächertes Bildfeld ist das „Staatsschiff“, das auch als kollektive Lebensreise einer sozialen Gemeinschaft aufgefasst werden kann. Das „Staatsschiff“ hat die „Staatsbevölkerung“ als „Passagiere“ und die "Regierungsmitglieder" als „Besatzung“. Die „Besatzung“ bestimmt den Kurs, indem sie Steuer oder Ruder bewegt. In der Seemannssprache entspricht das Ruder dem "Steuerruder", das ursprünglich nur ein etwas größeres Ruderblatt war.
 
„Das Ruder herumreißen / herumwerfen“
Bedeutung:
Das Konzept ändern, im letzten Moment den Kurs berichtigen. Durch einschneidende Maßnahmen eine schwierige Situation meistern.

Herkunft: Wie bei den letzten beiden Redensarten koomt diese Redewendung wieder einmal aus der Seefahrt. Gemeint ist wieder die Art, sein Leben zu führen. Man korrigiert wie in der Seefahrt die Fehler in seinem Leben.
 
„Aus dem Ruder laufen“
Bedeutung:
Etwas verläuft unplanmäßig. Die Lage ist nicht mehr beherrschbar. Twas wird unkontrollierbar – man verliert die Kontrolle.

Herkunft: Diese in der Mitte des 20. Jahrhunderts entstandene Redensart bedient sich der Schiffsmetaphorik: Ein in stürmische See (= im Leben widrige Umstände) geratenes Schiff ist mit dem Ruder nicht mehr steuerbar.
 
„Das Kind mit dem Bade ausschütten“
Bedeutung:
Man übertreibt, ist übereifrig. Man schießt über das Ziel hinaus. Man tut mehr, als richtig ist. Man verwirft gedankenlos mit dem Unrichtigen auch das Richtige – verwirft gedankenlos mit dem Schlechten auch das Gute.

Herkunft: Diese Formulierung schon bei Luther und Thomas Murner belegt. Bei Sebastian Frank heißt es 1541: "Wenn man den rechten Brauch und Missbrauch miteinander aufhebt und ein Gespött daraus macht, das heißt Zaum und Sattel mit dem Pferd zum Schinder führen, das Kind mit dem Bade ausschütten." Die Redewendung lebt von dem Kontrast zwischen dem besonders Wertvollen (dem Kind), das eben zusammen mit besonders Wertlosem (dem Badewasser) verloren geht.
 
„Das letzte Hemd hat keine Taschen“
Bedeutung:
Im Tode kann man keine irdischen Güter mit in das Jenseits nehmen. Es macht keinen Sinn, grenzenlos Besitz anzuhäufen. Im Jenseits sind alle gleich.

Herkunft: Dieses Sprichwort entspricht der christlich-jüdischen Denktradition, aber auch des Kynismus. In der Bibel
z.B. heißt es: "Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt Euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo Dein Schatz ist, da ist auch Dein Herz"
 
„Für jemanden das letzte Hemd hergeben“
Bedeutung:
Man tut einfach alles für jemanden. Man ist bereit, sich für jemanden aufzuopfern

Herkunft: Das Hemd war früher ein langes, faltiges Unterkleid, das auch als Hauskleid diente. Die Straßenkleider wurden also im Haus ausgezogen bis aufs Hemd. So wurde dieses allmählich zum Sinnbild der letzten und äußersten Dinge, die ein Mensch besitzen, hergeben und verlieren kann
 
„Ein halbes Hemd“
Bedeutung:
Es gibt hier gleich zwei Bedeutungen:
1. ein jugendlicher Aufschneider / ein „Gernegroß“ / ein „Maulheld“ / ein „Prahler“.
2. Eine schmächtige / hagere Person. Ein schmaler Mann - ein „Schwächling“.

Herkunft: „Küpper“ führt die Verwendung in Bedeutung 1. auf die Mode der 1950er Jahre (kurze Hemden) zurück. In Bedeutung 2. (seit den 1970er Jahren belegbar) ist in Zusammenhang mit ähnlichen Ausdrücken wie "halbe Portion" oder "halbes Handtuch" zu sehen
 
„Sich ins Hemd/Hemdchen machen“
Bedeutung:
Angst haben, sich wegen einer Kleinigkeit aufregen.

Herkunft: Der Sinn von "sich ins Hemd machen" ist natürlich: sich ins Hemd pinkeln! Hemden können eine größere Länge aufweisen, sodass man sie in die Hose steckt. … und es ist bekannt, daß der Schließmuskel bei großer Angst oder bei übermäßiger Aufregung versagen kann. Die Redensart, die laut Küpper seit ca. 1910 geläufig ist, ist wohl aus der älteren Redewendung "sich einen Fleck ins Hemd machen" (mit gleicher Bedeutung) hervorgegangen.
 
„Jemandem ist das Hemd näher als der Rock/die Hose“
Bedeutung:
Jemandem sind die eigenen Interessen wichtiger.

Herkunft: Die früher übliche Ober- und Straßenbekleidung von Mann und Frau wurde Rock genannt (Gehrock). Die seltener auftretende Variante mit "Hose" ist eine nachträgliche Substitution. Das redensartliche Bild läßt sich bis in die Antike zurückverfolgen. So heißt es schon im "Trinummus" (Schatz) des Plautus (5,2): "tunica proprior pallio" (die Tunika ist mir näher als der Mantel)
 
„Die Meinung/Gesinnung wechseln wie das Hemd“
Bedeutung:
Die Meinung je nach Situation ändern. Gesinnungslos/opportunistisch sein.

Herkunft: Der Wechsel des Hemds ist eine so häufige und selbstverständliche Prozedur, daß er zum Sinnbild der Gedankenlosigkeit und damit des Wankelmuts und der Unbeständigkeit werden konnte. Mit diesem Bild können beinahe beliebig viele Varianten gebildet werden: die Freunde / Freundinnen / Autos... wechseln wie das Hemd.
 
„Halbe Portion“
Bedeutung:
Ein unscheinbarer, schwächlicher Mensch - ein kleiner Mensch - ein fauler Mensch - ein magerer Mensch.

Herkunft: Die Redewendung verdankt ihre Mehrdeutigkeit derjenigen der zugrunde liegenden Wörter lat. "portio" und franz. "portion" (Teil, Anteil, Anteil einer Speise)
 
„Ein halbes Handtuch“
Bedeutung:
Ein kleiner, schmächtiger Mensch.

Herkunft: Die Formulierung ist abgeleitet von seiner Form ist seit etwa 1900 das Handtuch eine umgangssprachliche Bezeichnung für einen schmalen, langen Menschen. Der Zusatz "halb" verweist auf eine geringe Körpergröße.
 
;)
Mal wieder ein Beitrag, der keine Redewendung ist:

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„Das große `Du´“
Einigen Usern wird aufgefallen sein, daß ich hier immer noch das „Du“ groß schreibe.

Das ist zumindest für mich kein „Fehler“. Das ist für mich eine Sache, die mir wichtig ist. Eine Kleinigkeit, die noch aus anderen Zeiten stammt:
Dieses groß geschriebene „Du“ ist etwas, was mit den ganzen „Rechts-Schreibe-Reformen“ verloren gegangen ist. Früher wurde das „Du“ IMMER groß geschrieben. Dann sollte man es kleinschreiben – dann konnte man es schreiben, wie man wollte – und heute schreibt der Duden, daß man es mit Ausnahmen vor allem klein schreiben soll.

Der Hintergrund für dieses groß geschriebene „Du“ ist eine Begebenheit aus meiner Schulzeit. Eine Zeit ohne Computer, ohne Internet. Eine Zeit, in der es aber auch schon unangenehme Zeitgenossen gab (Eben nicht die „gute alte Zeit“ – keine „bessere Zeit als heute“). Aber es wurde eben mehr darauf geachtet, wie man als normaler Junge (Mädchen) miteinander umging. Etwas, was heute „Nettikette“ genannt wird.

Mein Lehrer hat uns in einer Deutschstunde einmal eine Rede aus dem Stegreif gehalten, warum wir das „Du“ immer groß schreiben sollten. Der genaue Wortlaut ist mit in den ganzen Jahren verloren gegangen – der Inhalt aber hat sich bei mir für das Leben „eingebrannt“. Einer der Gründe, warum ich später zur Freiwilligen Feuerwehr gegangen bin:

Der Inhalt:
Das große Du und das kleine ich soll ausdrücken, daß man sich selber ein wenig zurücknimmt. Das einem der andere auch wichtig ist. Eine Frage der Höflichkeit – der Nachhall der früheren „Ritterlichkeit“. Eine Frage, welchen Charakter man hat. Genau, wie man bei einer Aufzählung erst die anderen erwähnt – und dann erst sich selber. („Nur der Esel nennt sich zuerst!“ – Nicht „ich und meine Freunde“ – sondern „meine Freunde und ich“!)

In meinen Augen zwar nur eine Kleinigkeit – aber eine Kleinigkeit, die in der heutigen Zeit (besonders im Internet) stellvertretend geworden ist. Stellvertretend für die heutige „Ellenbogengesellschaft“, die Unfreundlichkeit, das Niedermachen von anderen Ansichten. Eine "Kleinigkeit" dafür, daß man sich selber als zu wichtig nimmt.
 
„Den Riemen auf die Orgel legen/schmeißen/werfen“
Bedeutung:
Losfahren, beginnen, aktiv werden, losfahren.

Herkunft: Früher wurde die Kirchenorgel mit einem Blasebalg betrieben, der extern über einen Riemen angetrieben wurde. Zu Beginn des Orgelspiels musste man den Riemen auf die Orgel legen, damit die Orgelpfeifen die erforderliche Luft bekamen. (Würde man den Riemen die ganze Zeit aufgelegt sein würde der Riemen durch die ständige Spannung Schaden nehmen – und zu schnell ubrauchbar werden)
In der Solinger Industrie bedeutete der Ausdruck, den Transmissionsriemen, der die Antriebsquelle (Wasserrad, Dampfmaschine o.ä.) mit den Arbeitsstätten (Schleifstelle, Riemenfallhammer) eines "Kottens" oder einer Fabrik verband, auf das Antriebsrad zu werfen oder zu ziehen.
 
„Sich in Schale werfen“
Bedeutung:
Sich besonders gut kleiden – sich elegant / festlich zu anzuziehen.

Herkunft: Für diese Redensart gibt es verschiedene Deutungen. Naheliegend ist es, die Schale im Gegensatz zum Kern als „äußere Hülle“ oder bloße Außerlichkeit anzusehen. Daneben ist nicht auszuschließen, daß es sich um eine Übernahme und Lehnübersetzung aus dem Rotwelsch handelt. Hier ist „klippa“ (Schale) für Kleidung gebräuchlich gewesen. Aus diesem Wort hat sich auch das deutsche Wort „Kluft“ (Arbeitskleidung) entwickelt.