Vierfachmord: Aus einem «Witz» wird blutiger Ernst

Ulm (dpa) - Vier Menschen sollen sie kaltblütig erschossen haben - doch erst nach und nach scheinen die beiden wegen des Vierfachmordes von Eislingen angeklagten Schulfreunde ihre Bluttat zu begreifen.

«Ich kann kaum fassen, dass wir das alles für einen Scheiß-Witz gehalten haben», schrieb der 19-jährige Frederik B. im Juni seinem Anwalt in einem am Mittwoch vor dem Landgericht Ulm verlesenen Brief. Es sei ein «Leben wie im Film» gewesen. «Während andere solche Filme geschaut haben, haben wir es getan», beschreibt der Gymnasiast die Tat.

Der mitangeklagte Sohn der getöteten Familie und er hätten sich über die Mordabsichten zunächst sogar lustig gemacht: «Wir haben alle Bedenken mit einem Witz oder lockeren Spruch abgetan.» Andreas H. habe bei den Planungen sogar darüber gewitzelt, ein Buch über die Tat zu schreiben, wenn er im Gefängnis sitzt. Doch vielleicht habe sein Freund Andreas H. seinen Hass nur so aushalten können. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden jungen Männern vor, die beiden Schwestern und die Eltern von Andreas H. gemeinsam mit 30 Schüssen ermordet zu haben. Die Angeklagten hatten bereits gestanden, dass Frederik B. die Schüsse allein abgegeben hat.

Und dann wurde aus einem «Scheiß-Witz» blutiger Ernst: In der Nacht auf Karfreitag schauten die beiden Schwestern von Andreas H. vom Bett aus Fernsehen, als die Täter laut Anklage das Feuer eröffneten. Frederik B. schreibt dazu in seinem Brief: Als er auf die ältere Schwester von Andreas H. geschossen habe, habe diese gefragt: «Hey, was soll der Scheiß?» Andreas H. habe daraufhin gesagt: «Ja, so ist sie, arrogant bis zum Schluss.»

Nach ihrer grausamen Tat besuchten die beiden Angeklagten dann die ahnungslosen Eltern von Andreas H. in einer Gaststätte und plauderten friedlich mit ihnen und einem befreundeten Ehepaar. Die beiden seien «herzlich und normal» gewesen, nichts habe auf die Tat hingedeutet, sagte der Freund der getöteten Eltern am Mittwoch vor Gericht aus. Bevor die beiden jungen Männer das Lokal nach einer halben Stunde verließen, habe Andreas H. seine Eltern mit einer «engen, kräftigen Umarmung» verabschiedet. Nur wenige Zeit später erschossen die beiden jungen Männer laut Anklage auch die heimkehrenden Eltern.

An Karfreitag alarmierte Andreas H. dann «völlig aufgelöst» die Polizei. Mit einem Freund habe er die Leichen seiner Eltern und beiden Schwestern entdeckt. Frederik B. beschreibt dies als «Wir-haben-sie-tot-gefunden-Schau». Selbst Rettungssanitäter und ein Polizist sagten am Mittwoch vor Gericht aus, sie hätten die beiden Angeklagten damals als Opfer gesehen. Die Planungen zur Verschleierung gingen laut Frederik B. sogar noch weiter: Die jungen Männer hätten sich überlegt, dass Frederik B. seinen Freund anschießen könne, um ihm ein Alibi zu verschaffen, schreibt der 19-Jährige im Brief.

Planung und Tat werden damit immer klarer, die Frage nach dem «Warum» beschäftigt das Gericht weiter. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Angeklagten vor, aus Habgier getötet zu haben. Dies streiten die Anwälte der Schulfreunde ab. Frederik B. gab zu Protokoll, sein Freund habe sich in seiner Familie nicht wohl gefühlt und bereits 2008 solche Tötungsabsichten entwickelt. Auch Andreas H. gab laut seinem Anwalt die familiäre Situation als Grund an. In seinem Brief gab Frederik B. auch einen möglichen Hinweis auf sein eigenes Motiv: Er habe seinem Freund immer nur gefallen wollen.

Prozesse / Kriminalität
16.12.2009 · 17:46 Uhr
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