Gauck spricht Linken Regierungsfähigkeit ab

Berlin (dpa) - Wenige Tage vor der Bundespräsidentenwahl hält es der Kandidat der schwarz-gelben Koalition, Christian Wulff (CDU), für möglich, dass er erst im zweiten oder dritten Wahlgang Erfolg hat.

«Manchmal habe ich gewisse Zweifel, dass es im ersten Wahlgang glückt», sagte Wulff am Samstag in Stuttgart. Er gehe aber davon aus, dass es danach klappt. «Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich es schaffe.»

Wulff warb in Bayern und Baden-Württemberg um Wahlleute beider Länder in der Bundesversammlung am Mittwoch. Nach einem Auftritt beim kleinen Parteitag der CSU in Nürnberg traf der niedersächsische Ministerpräsident auch die Landtagsfraktionen von FDP und Freien Wählern in Bayern sowie CDU und FDP in Baden-Württemberg. Er wolle im Falle seiner Wahl zum Bundespräsidenten ein Brückenbauer werden, kein Polarisierer, versicherte er bei der Vorstellung.

Der von SPD und Grünen für die Präsidentenwahl nominierte Joachim Gauck setzte sich unterdessen in Interviews erneut kritisch mit der Linkspartei auseinander. Er sprach ihr die Regierungsfähigkeit ab und kritisierte auch die Linke-Präsidentschaftskandidatin Luc Jochimsen, die ihm Unversöhnlichkeit gegenüber den ehemaligen Bürgern der DDR vorgehalten hatte.

Linksparteichefin Gesine Lötzsch bekräftigte daraufhin ihre Absage an eine Wahl Gaucks im dritten Wahlgang: «Für die Linke steht fest: Joachim Gauck ist nicht unser Kandidat, und es gibt nichts, was uns vom ersten zum dritten Wahlgang so ändern könnte», sagte sie dem Deutschlandradio Kultur. Fraktionsvize Dietmar Bartsch plädierte jedoch dafür, die Entscheidung erst vor einem eventuellen dritten Wahlgang zu treffen.

42 Prozent der Bundesbürger halten Gauck nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage für den besseren Präsidenten. 36 Prozent bevorzugen Wulff, ergab die Umfrage im Auftrag der «Bild am Sonntag». Bei den Frauen liegt Wulff mit 41 zu 32 Prozent deutlich vorn, bei den Männern steht es dagegen 53 zu 31 Prozent für Gauck. Allerdings rechnen 50 Prozent aller Befragten mit Wulffs Sieg, nur 40 Prozent tippen auf Gauck.

Derweil ging die Debatte weiter, ob die Wahlleute der Bundesversammlung von den sie aufstellenden Parteien auf ein Votum festgelegt werden können. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte Union und FDP auf, die Wahl des Bundespräsidenten nicht zu beschädigen. «Ich appelliere an Frau Merkel und an Herrn Westerwelle: Machen Sie die Delegierten in der Bundesversammlung nicht zu bloßen Schachfiguren auf Ihrem Schachbrett von Machtarithmetik», sagte er. Nicht Kungelei oder Parteiräson dürften darüber entscheiden, ob Wulff oder Gauck neuer Präsident werde.

Alt-Bundespräsident Roman Herzog widersprach Forderungen nach Freigabe der Wahl. Jeder in der Bundesversammlung sei völlig frei, die Wahl sei geheim, sagte er im Südwestrundfunk. Keine Parteiführung «kann sich ein Einpeitschen erlauben».

Auch Wulff betonte, es gehe bei der Präsidentenwahl nicht um das Schicksal von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). «Es soll nicht verknüpft werden mit dem Fortbestand einer Regierung», sagte er in Nürnberg. Einen Fraktionszwang gebe es in der Bundesversammlung nicht. «Jeder und jede ist völlig frei in seiner Entscheidung.»

Der Nachfolger des zurückgetretenen Horst Köhler wird am 30. Juni von der Bundesversammlung in geheimer Abstimmung gewählt. Das Gremium besteht aus den Mitgliedern des Bundestages und der gleichen Anzahl von Delegierten, die von den Landesparlamenten gewählt werden. Darunter sind auch bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, nicht nur Landtagsabgeordnete. Von den 1244 Wahlmännern und Wahlfrauen entfallen auf Schwarz-Gelb 644 Sitze - das sind 21 Stimmen mehr als die absolute Mehrheit von 623 Stimmen. Kann ein Kandidat diese im ersten und zweiten Wahlgang nicht erringen, gibt es eine dritte Abstimmung. Hier reicht die einfache Mehrheit.

Wulff kann bei den bayerischen Wahlleuten fest mit der Unterstützung von CSU und FDP rechnen. «Bayern und die CSU stehen», versicherte CSU-Chef Horst Seehofer in Nürnberg. Auch aus der FDP- Landtagsfraktion wurde Zustimmung signalisiert. Dagegen sagte der Landeschef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger: «Unter dem Strich wird Herr Gauck wohl rund drei Viertel unserer Stimmen bekommen». Die Freien Wähler stellen zehn Wahlleute.

In Baden-Württemberg sicherten die beiden Fraktionschefs Peter Hauk (CDU) und Hans-Ulrich Rülke (FDP) Wulff Schützenhilfe zu. Hauk sagte, er gehe davon aus, dass «ein großer Teil, wohl alle» der Empfehlung folgen werden, den CDU-Politiker zu wählen. Auch Rülke versicherte, er kenne niemanden von seinen Wahlmännern und -frauen, der ein abweichendes Votum abgeben wolle. Bisher haben von den Wahlleuten von Union und FDP im gesamten Bundesgebiet lediglich eine Handvoll FDP-Leute offen angegeben, nicht für Wulff votieren zu wollen.

Bundespräsident
27.06.2010 · 14:53 Uhr
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