Wahlkampf in Großbritannien auf Zielgerade - Labour holt auf

London (dpa) - Der britische Premierminister Boris Johnson muss kurz vor der Parlamentswahl am Donnerstag doch noch einmal um seine beinahe als sicher geglaubte Mehrheit bangen.

Einer großangelegten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge ist der Vorsprung seiner Konservativen auf Labour und die anderen Parteien geschrumpft. Damit ist es nicht mehr ausgeschlossen, dass es zu einem «hung parliament» kommt, einer Sitzverteilung, in der keine der beiden großen Parteien aus eigener Kraft eine Regierung bilden kann.

Ohne eigene Mehrheit hätte Johnson aber auch so gut wie keine Aussicht, seinen Brexit-Deal durchs Unterhaus zu bringen und das Land wie geplant am 31. Januar 2020 aus der EU zu führen. Fast alle anderen Parteien unterstützen ein zweites Referendum in dieser Frage.

Doch noch immer ist ein Johnson-Sieg das wahrscheinlichere Ergebnis. Der britische Journalist Stephen Bush verglich das Rennen mit einer Fußballpartie. Zu Beginn habe der Wahlkampf einem Spiel in der 80. Minute geglichen, bei dem die Tories von Johnson mit 2:0 führen, nun seien noch zwei Minuten zu spielen und Labour habe auf 2:1 verkürzt.

Trotzdem sorgten die Ergebnisse der YouGov-Umfrage, die am späten Dienstagabend veröffentlich wurden, für Aufregung. Noch vor zwei Wochen hatte eine ähnliche Erhebung Johnson noch eine Mehrheit von 68 Abgeordneten prophezeit. Jetzt gehen die Wahlforscher nur noch einem Vorsprung von 28 Mandaten für die Tories vor den anderen Parteien aus. Die Konservativen kämen demnach auf 339 von 650 Sitzen.

Für die Erhebung im Auftrag der Tageszeitung «The Times» wurden mehr als 100.000 Menschen über einen Zeitraum von sieben Tagen einschließlich Dienstag befragt. Die Ergebnisse wurden anschließend für alle Wahlkreise in Großbritannien mit Ausnahme Nordirlands entsprechend lokaler Besonderheiten in der Bevölkerungsstruktur hochgerechnet.

Johnsons Konservative führten in landesweiten Umfragen bislang konstant mit zehn Prozentpunkten vor Labour. Beide großen Parteien legten in den vergangenen Wochen noch einmal erheblich zu Lasten der kleineren Parteien zu, der Abstand zwischen ihnen blieb aber gleich.

Das scheint sich nun in den vergangenen Tagen zugunsten von Labour verändert zu haben. Grund dafür dürften vor allem Leihstimmen von Wählern der Liberaldemokraten sein. Sollte sich diese Entwicklung bis Donnerstag verstärken, wäre eine Mehrheit für Johnson möglicherweise in Gefahr.

Das britische Mehrheitswahlrecht kennt nur Direktmandate. Ins Parlament ziehen die Kandidaten mit den jeweils meisten Stimmen in einem der 650 Wahlkreise ein - egal wie knapp ihr Sieg war. Die Stimmen für unterlegene Kandidaten verfallen. Das macht es sehr schwer, aus landesweiten Umfrageergebnissen auf die mögliche Sitzverteilung im Parlament zu schließen. Zudem ist das Rennen zwischen Kandidaten der Labour-Partei und den Konservativen in Dutzenden Wahlkreisen denkbar eng.

Die Wahllokale sind am Donnerstag von 8 Uhr (MEZ) bis 23 Uhr (MEZ) geöffnet. Unmittelbar danach wird eine Prognose im Auftrag der Fernsehsender BBC, ITV und Sky News veröffentlicht. Bei vier von fünf Wahlen seit der Jahrtausendwende lagen die Prognosen grundsätzlich richtig.

Fraglich ist, wie hoch die Wahlbeteiligung sein wird. Für Donnerstag sagten die Meteorologen schlechtes Wetter in weiten Teilen des Landes voraus. Ob sich die Briten davon aber abhalten lassen werden, ist unklar. Wahlforscher John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow warnte davor, aus der Wahlbeteiligung voreilige Schlüsse zu ziehen. Das Wahlregister sei kürzlich auf den neuesten Stand gebracht worden, viele Verstorbene wurden entfernt. Allein das werde dazu führen, dass die Wahlbeteiligung scheinbar höher ausfallen werde.

Regierungschef Johnson hofft auf eine satte Mehrheit, um sein Brexit-Abkommen durch das Parlament zu bringen und sein Land zum 31. Januar aus der Europäischen Union führen zu können. Sollte er eine klare Mehrheit erreichen, könnte er schon bald mit der Ratifizierung seines Brexit-Abkommens beginnen. Zusammentreten soll das Parlament erstmals wieder am 17. Dezember. Johnson kündigte bereits an, noch vor Weihnachten über seinen Austrittsdeal abstimmen zu lassen. Der EU-Austritt soll dann am 31. Januar vollzogen werden.

Labour-Chef Jeremy Corbyn will hingegen innerhalb von drei Monaten einen neuen Brexit-Deal mit enger Anbindung an die EU aushandeln und sechs Monate später den Briten in einem Referendum vorlegen - die Alternative wäre ein Verbleib in der Staatengemeinschaft.

Wahlen / Parlament / EU / Boris Johnson / Jeremy Corbyn / Labour / Großbritannien
11.12.2019 · 16:37 Uhr
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