Von Prostitution bis Mord: Ex-Rocker packt aus

Kiel/Kaiserslautern (dpa) - Der Hauptbelastungszeuge gegen die Hells Angels legt nach. Vor einem Kieler Gericht schildert der Aussteiger detaillierte Machtstrukturen. In Kaiserslautern gesteht unterdessen ein Mitglied des Rockerclubs tödliche Messerstiche auf den Chef einer verfeindeten Bande.

Der Hauptbelastungszeuge der Kieler Staatsanwaltschaft gegen die Hells Angels hat seine Vorwürfe gegen die Rockerbande über kriminelle Machenschaften von Zwangsprostitution bis Mord vertieft. Vor dem Kieler Landgericht bekräftigte der 40 Jahre alte Aussteiger am Dienstag seine Darstellung, Frank Hanebuth, Chef der Hannoverschen Hells Angels und einer der führenden Rocker in Deutschland, habe grünes Licht für die Ermordung eines seit zwei Jahren vermissten Türken in Kiel gegeben. Dies habe er aber nur durchs Hörensagen erfahren.

Ebenfalls am Dienstag machte ein Mitglied der Rockerbande in Kaiserslautern ein überraschendes Teilgeständnis: Der 30-jährige Angeklagte gab vor dem Landgericht zu, vor drei Jahren mehrmals auf den Chef einer verfeindeten Bande eingestochen zu haben. Geplant seien die tödlichen Stiche aber nicht gewesen. Er habe sich vor drei Jahren mit zwei Freunden an rivalisierenden Outlaws-Rockern wegen einer Prügelei rächen wollen. Deshalb hätten sie den 45-jährigen Chef einer neuen Untergruppe der Outlaws nachts mit ihrem Auto verfolgt und ihn mit seinem Motorrad ausgebremst.

Dabei sei es ihnen nur um eine Prügelei gegangen. «Der Tod des Outlaws war nicht geplant», hieß es in der Erklärung des Angeklagten, die sein Verteidiger verlas. Doch er habe befürchtet, sein Gegner würde ein Messer oder eine Pistole ziehen - und deshalb mehrmals zugestochen. Oberstaatsanwalt Hans Bachmann nannte die Aussage sehr ungewöhnlich. «Eine Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden gibt es in diesen Fällen normalerweise nicht.» Er will nun überprüfen, ob der Mordvorwurf bestehenbleiben soll oder ob es um Totschlag geht.

Vor dem Gericht in Kiel zeichnete unterdessen der frühere Chef der inzwischen aufgelösten Kieler Rockerbande «Legion 81», einer Hilfstruppe der Hells Angels, das Bild ein straff organisierten kriminellen Vereinigung. Neben Waffenhandel und Drogen bildet nach Darstellung des 40-jährigen Aussteigers vor allem Prostitution die wirtschaftliche Grundlage der Hells Angels. Die örtlichen Ableger hätten klare Vorgaben, wie viel Geld sie «erwirtschaften» müssten - etwa so wie Franchise-Unternehmen. Hanebuth spiele in Deutschland eine zentrale Rolle, sagte der Ex-Rocker. So müssten beispielsweise die Kieler Hells Angels wie andere Charter Hanebuth Geld abliefern und dieser wiederum Geld an die Hells Angels in den USA.

Der 40-Jährige Ex-Rocker muss sich selbst vor dem Gericht unter anderem wegen Zuhälterei und schwerer Körperverletzung verantworten. Er schilderte Details, wie die Hells Angels Zwangsprostitution betreiben sollen. Wollten Frauen sich freikaufen, müssten sie 3000 bis 5000 Euro zahlen. Jedes Charter habe eine sogenannte Red Light Group, die eine bestimmte Zahl an Frauen zur Prostitution heranschaffen müsse. In Kiel hätten zehn Mann diese Rotlichtgruppe gebildet. Wer einen entsprechenden Aufnäher auf seiner Kutte tragen durfte, habe dies als Auszeichnung empfunden.

Einschüchterung, klare Direktiven und sogar Gewalt bestimmen nach Aussage des Belastungszeugen auch den Umgang der Hells Angels mit ihren Anwälten. Das Innenleben der Hells Angels wird dem Zeugen zufolge durch ein rigides System an Strafgeldern geregelt. Wer Mist baue, gegen Vorgaben oder interne Gesetze verstoße, müsse 500 bis 5000 Euro zahlen, berichtete der Ex-Rocker.

Seine eigene Situation schätzt er als extrem gefährlich ein. Er abe das ungeschriebene Gesetz gebrochen, dass man nicht vor Staatsanwälten oder Richtern aussagt. Er gehe davon aus, dass die Hells Angels mit Sicherheit bereits ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt hätten, meinte der 40-Jährige, der in schusssicherer Weste vor Gericht aussagte. Eine Rückkehr ins Rockermilieu sei für ihn ausgeschlossen: «Sie werden ausgepresst wie eine Zitrone und dann weggeschmissen.»

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Prozesse / Kriminalität
05.06.2012 · 16:30 Uhr
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