Trauer und Entsetzen nach Tragödie von Duisburg

24. Juli 2010, 23:41 Uhr · Quelle: dpa

Duisburg (dpa) - Die Loveparade von Duisburg endete am Samstag in einer beispiellosen Katastrophe. Mindestens 18 Menschen starben am späten Nachmittag bei einer Massenpanik in einem Tunnel vor dem Veranstaltungsgelände.

Rund 80 weitere Raver wurden zum Teil schwer verletzt. Bundespräsident Christian Wulff forderte eine rückhaltlose Aufklärung der Tragödie. Schon vor dem Unglück hatten Raver die Polizei vor einem Nadelöhr beim zentralen Zugang gewarnt. Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele weitere Politiker zeigten sich geschockt.

Unter dem Motto «The Art of Love» hatten ab 14.00 Uhr nach Polizeiangaben mehrere hunderttausend und nach Angaben von Stadt und Veranstaltern 1,4 Millionen Technofans auf dem Musikfest gefeiert und getanzt, das erstmals auf einem abgeschlossenen alten Bahngelände stattfand. Kurz vor dem Unglück gegen 17.00 Uhr drängten sich Tausende Menschen in dem Tunnel - laut Augenzeugen «wie in einem Hexenkessel».

Letztlich ausgelöst wurde die Massenpanik nach Polizeiangaben von mehreren Jugendlichen, die eine gesperrte schmale Nottreppe und ein Lautsprechergerüst hochgeklettert und dann in die Tiefe gestürzt waren. In dem Tunnel spielten sich dramatische Szenen ab. «Überall lagen Menschen auf dem Boden herum. So stelle ich mir Krieg vor», sagte ein Augenzeuge dem Nachrichtensender n-tv. Rettungskräfte versuchten Menschen zu reanimieren. Notfallseelsorger kümmerten sich um geschockte Besucher. 16 Raver starben noch am Unglücksort, zwei weitere später im Krankenhaus.

Der Erfinder der Loveparade, Dr. Motte, gab den Veranstaltern die Schuld für die Katastrophe: «Die haben einen krassen Management-Fehler begangen. Wie kann man denn Menschen nur durch einen einzigen Zugang auf das Gelände lassen. Das ist ein Skandal», sagte der DJ dem «Berliner Kurier».

Mehr als eine halbe Stunde vor dem Unglück hatten Augenzeugen nach eigenen Angaben die Polizei vor der Gefahr gewarnt. «Meine Freundin und ich haben schon kaum mehr Luft mehr bekommen und haben die Ellbogen ausgefahren, um noch wegzukommen», sagte der 21-jährige Raver Fabio der dpa. «Anschließend haben wir die Polizei alarmiert und gesagt, dass es im Tunnel gleich zur Massenpanik kommen wird.» Passiert sei aber erst einmal nichts.

Auch ein anderer Augenzeuge kritisierte, die Veranstalter seien vermutlich nicht richtig auf die Menschenmassen vorbereitet gewesen. «Das war programmiertes Chaos», sagte er: «Der Tunnel ließ keine Fluchträume zu.»

Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) verteidigte das Sicherheitskonzept für die Loveparade als stichhaltig. Es werde aber Ermittlungen geben, um den genauen Hergang zu klären. Auch der an dem Konzept beteiligte Panikforscher Michael Schreckenberg sagte, der Tunnel sei groß genug ausgelegt gewesen und zudem mehrfach gesperrt worden, wenn zu viele Menschen in ihn hineingedrängt seien.

Nach Angaben des Experten waren bei der Erstellung des Konzepts viele mögliche Notfälle durchgespielt worden. Es gebe aber immer Menschen, die sich nicht an die Spielregeln hielten, sagte Schreckenberg im WDR mit Blick auf die Jugendlichen, die von der ungesicherten Treppe acht bis zehn Meter nach unten gefallen waren. Dass «Menschen von oben herunterfallen», sei ein Fall gewesen, der überhaupt nicht in dem Sicherheitsplan vorgesehen gewesen sei, sagte Schreckenberg.

Die Veranstalter der Loveparade sprachen auf ihrer Webseite den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus: «Unser Anliegen, ein fröhliches Miteinander von Menschen durchzuführen, ist heute von den tragischen Unglücksfällen überschattet worden.»

Trotz des tragischen Geschehens lief das Musikspektakel zunächst weiter, um eine mögliche neuerliche Panik zu verhindern. Die Polizei sperrte zwischenzeitlich den Hauptbahnhof, weil viele Menschen in Panik auf die Gleise in der Nähe des Loveparade-Geländes ausgewichen waren. Auch die A59 wurde für den Verkehr gesperrt, um die Rettungskräfte über die Autobahn zu leiten und Verletzte in Zelten zu versorgen. Nach 23.00 Uhr wurde die Loveparade offiziell beendet.

Bundespräsident Wulff reagierte mit Bestürzung auf die Tragödie: «Eine solche Katastrophe, die während eines friedlichen Festes fröhlicher junger Menschen aus vielen Ländern Tod, Leid und Schmerz verursacht, ist furchtbar», sagte das Staatsoberhaupt. Er hoffe, dass den Angehörigen und allen Verletzten schnelle und wirksame Hilfe zuteil werde «und die Ursachen rückhaltlos aufgeklärt werden».

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die nordrhein- westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zeigten sich geschockt. Merkel sagte: «Zum Feiern waren die jungen Menschen gekommen, stattdessen gibt es Tote und Verletzte.» Kraft sagte: «Unser Entsetzen über das schreckliche Unglück bei der Loveparade in Duisburg lässt uns verstummen.»

Die Loveparade unter dem Motto «The Art Of Love» gilt als eine der wichtigsten und größten Veranstaltungen zur «Ruhr.2010» im Kulturhauptstadtjahr. Die Raver-Parade war 1989 in Berlin gegründet worden und ist 2007 in Ruhrgebiet gezogen. 2009 hatte die Stadt Bochum kein geeignetes Gelände gefunden. In Duisburg fand sie erstmals auf einem abgeschlossenem alten Bahngelände mit nur 15 Wagen, den sogenannten Floats, statt. Im Sommer 2011 soll die Loveparade in Gelsenkirchen Station machen.

Die Polizei schaltete eine Telefonnummer, unter der sich Angehörige von Opfern informieren können: 0203/ 94 000.

Freizeit / Musik / Notfälle
24.07.2010 · 23:41 Uhr
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