thyssenkrupp-Aktie klar im Minus: Nach Gewinnsprung Prognose angehoben - In diesem Jahr keinen Spinoff beim Stahl

Der Industriekonzern thyssenkrupp erhöht nach einem besser als erwartet ausgefallenen Quartal seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr erneut. Dabei profitiert das Unternehmen von der Erholung der Stahl- und der Automobilindustrie sowie von guten Geschäften mit Industriekomponenten. Dazu macht sich die laufende Restrukturierung bezahlt. "Wir haben im zweiten Quartal Boden gut gemacht", kommentierte die Vorstandsvorsitzende Martina Merz am Dienstag die Entwicklung. "Ausruhen" dürfe der Konzern sich jedoch nicht. Es liege "noch viel Arbeit vor uns", so die Managerin. "Die Neuausrichtung von thyssenkrupp bleibt ein Weg der vielen kleinen Schritte."

thyssenkrupp spielt die Erholung der Wirtschaft in vielen Teilen der Welt in die Karten. Trotz der anhaltenden Unsicherheit im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zeigte sich der Konzern zuversichtlicher. Für das laufende Geschäftsjahr 2020/21 (per Ende September) erwartet thyssenkrupp nun ein Umsatzwachstum im niedrigen zweistelligen Prozentbereich von knapp 29 Milliarden Euro im Vorjahr. Damit dürfte der Konzern jedoch weiter unter Vorkrisenniveau bleiben, teilte thyssenkrupp in Essen mit. Bislang hatte das Unternehmen ein Plus im hohen einstelligen Prozentbereich in Aussicht gestellt.

Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) sieht das Management um Vorstandschefin Merz bei einem mittlerem dreistelligen Millionen-Euro-Betrag, was erheblich mehr ist als das zuvor avisierte "nahezu ausgeglichene" Ergebnis. Wegen der hohen Restrukturierungskosten geht thyssenkrupp unter dem Strich weiter von einem Verlust aus, der jedoch mit einem mittleren dreistelligen Mio-Betrag nicht mehr so hoch ausfallen soll wie ursprünglich geplant.

Im zweiten Quartal konnte thyssenkrupp von der Erholung von weiten Teilen der Wirtschaft profitieren. Umsatz und bereinigtes Ebit fielen deutlich besser aus, als Analysten erwartet hatten. Beim Stahl sowie beim Stahlhandel machten sich eine höhere Nachfrage sowie gestiegene Preise positiv bemerkbar, wenn auch die Materialverknappung die Umsätze im Stahlhandel belastete. Das Automobilzuliefergeschäft erholte sich ebenfalls deutlich - angetrieben von einer guten Nachfrage in China. Gebremst wurde das Wachstum jedoch durch die Engpässe bei Halbleitern, so thyssenkrupp. Das Geschäft mit Industriekomponenten entwickelte sich ebenfalls besser, angetrieben unter anderem durch die Nachfrage der Windanlagenbranche.

Die Auftragslage zeigte sich robust. So stieg das Neugeschäft um 14 Prozent auf fast 8,7 Milliarden Euro. Der Umsatz legte um 4 Prozent auf knapp 8,6 Milliarden Euro zu. Das bereinigte Ebit verbesserte sich erheblich und betrug 220 Millionen Euro nach einem Verlust von 279 Millionen Euro im Vorjahr. Hier machten sich auch Einsparungen positiv bemerkbar. Hohe Restrukturierungskosten führten jedoch unter dem Strich zu einem Verlust von 199 Millionen Euro. Dieser fiel jedoch spürbar niedriger aus als der Fehlbetrag von 691 Millionen Euro im Vorjahr. Die Vorjahreszahlen sind um die Ergebnisse der im vergangenen Sommer verkauften Aufzugsparte bereinigt.

Im Quartal fielen dabei Restrukturierungskosten von rund 260 Millionen Euro an. Für das Geschäftsjahr sollen die Aufwendungen dafür weiterhin einen mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag erreichen. Dabei steht die Stahlsparte besonders im Blick.

Neben hohen Investitionen in die Modernisierung sowie "klimafreundlichen" Stahl will thyssenkrupp unter anderem tausende Arbeitsplätze streichen. Nach der Absage des Verkaufs der Sparte will Merz das Geschäft "perspektivisch" verselbstständigen. Dies benötige jedoch Zeit, sagte Finanzchef Klaus Keysberg. So werde eine Ausgliederung "definitiv nicht mehr" in diesem Jahr kommen.

CFO: In diesem Jahr keinen Spinoff beim Stahl

thyssenkrupp nimmt sich nach dem gescheiterten Verkauf des Stahlgeschäfts an Liberty Steel Zeit, um über dessen Zukunft zu entscheiden. Es werde geprüft, wie eine Verselbstständigung des Bereichs aussehen könnte, sagte Konzernfinanzchef Klaus Keysberg in einer Telefonpressekonferenz. Doch dafür werde man sich Zeit nehmen. "Dieses Jahr wird es definitiv keinen Spinoff beim Stahl geben", sagte Keysberg. Von einer Entscheidung sei man noch weit entfernt.

In den beiden zurückliegenden Quartalen hat der Konzern von der anspringenden Konjunktur im Stahlgeschäft profitiert. Für das dritte und vierte Quartal rechnet Keysberg aber mit einer nachlassenden Dynamik. Die Abrufzahlen der Autohersteller, mit denen der Konzern einen Großteil seines Stahlgeschäftes macht, dürften sich abschwächen, weil sie wegen der Chip-Engpässe weniger produzieren könnten als sie wollten, schätzt Keysberg. Grundsätzlich sei die Nachfrage aus der Autobranche aber stabil.

Für den klimafreundlichen Umbau der Stahlbranche mahnte Keysberg erneut und schnell verlässliche Rahmenbedingungen an, die das auch erlaubten. Die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in Aussicht gestellten 5 Milliarden Euro an staatlichen Hilfen für Wasserstoffthemen reichten nicht aus, es brauche vor allem eine Verstetigung der Hilfen über einen deutlich längeren Zeitraum und dies nicht nur für den Bau neuer Anlagen, sondern auch für den teureren Betrieb.

Auch brauche es ein neues Anreizsystem für die Autobranche. Die werde derzeit nur nach dem Flottenverbrauch gesteuert, sagte Keysberg. Für den Einsatz von grünem Stahl in den Fahrzeugen fehlten dagegen Anreize. "Es wäre sehr wünschenswert, wenn das [noch vor der Bundestagswahl] passiert", so Keysberg.

Der nötige Umbau der Stahlerzeugung auf Wasserstofftechnologien wird Milliarden verschlingen. thyssenkrupp plant zunächst den Bau einer Direktreduktionsanlage. "Die werden wir auf jeden Fall bauen", so Keysberg. Dies sei zwar eine schon gut dimensionierte Anlage, aber noch kein Megaprojekt wie ein Hochofen.

So reagiert die thyssenkrupp-Aktie

Den Aktienkurs konnte dies jedoch nicht beflügeln - im Gegenteil: Das Papier sackte schon kurz nach Handelsstart ab und büßte bis zum Handelsende via XETRA 10,24 Prozent auf 10,48 Euro ein. Damit war das Papier der mit Abstand schwächste MDAX-Wert. Zwar lobten Marktexperten die besseren Zahlen für das Quartal, mit einer Erhöhung der Prognose war jedoch bereits gerechnet worden. Zudem wurde der weiter hohe Mittelabfluss im Unternehmen bemängelt. Dazu kommt, dass die Aktie in den vergangenen Monaten gut gelaufen ist. So erhöhte sich der Kurs von weniger als 4 Euro im Oktober 2020 auf zeitweise 12 Euro Anfang März.

Der Zwischenbericht erhielt am Markt eigentlich gutes Feedback, mit einer erhöhten Prognose war jedoch bereits gerechnet worden. So sah auch der Morgan-Stanley-Experte Alain Gabriel darin keine Überraschung. Er und andere Börsianer fanden aber mit dem nach wie vor deutlich negativen Mittelzufluss auch ein Haar in der Suppe. Ein Händler befürchtete deshalb am Morgen schon, dass die Aktien einen erneuten Test der runden Marke wohl nicht schaffen. Dort war die Rally schon in den Vormonaten mehrmals zum Erliegen gekommen.

FRANKFURT (Dow Jones / dpa-AFX)

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[finanzen.net] · 11.05.2021 · 17:54 Uhr
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