Stuttgart-21-Konflikt hält an

Stuttgart (dpa) - Der Protest wächst weiter: Rund 63 000 Menschen sind nach Schätzungen der Polizei am Samstag gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 in der baden-württembergischen Landeshauptstadt auf die Straße gegangen.

Die Veranstalter sprachen von 90 000 bis 100 000 Teilnehmern, manche von 150 000. Friedlich und lautstark forderten sie «Oben bleiben!» und auf den Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) gemünzt: «Mappus weg!». Die Demonstration stand unter dem Motto «Sofort Baustopp - dann Gespräche!». 

Auf Fahnen und Transparenten übten sie bei der bislang größten Protestaktion auch Kritik am harten Vorgehen der Polizei am 30. September. Auf einer zweiten Route fuhren nach Veranstalterangaben rund 1000 Radfahrer und Inline-Skater durch die Innenstadt. Dass mit dem früheren CDU-Generalsekretär Heiner Geißler ein Vermittler gefunden wurde, erfüllt einige Abrissgegner mit Hoffnung.

Der wochenlange Konflikt um das Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 beschert den Grünen in Baden-Württemberg in Umfragen einen neuen Spitzenwert. Laut einer Befragung des Instituts TNS Forschung im Auftrag des Magazins «Der Spiegel» würde die Oppositionspartei auf 32 Prozent kommen, wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre. Zwei Drittel der Befragten sprachen sich für eine Volksabstimmung über das umstrittene Bahnprojekt aus.

Ministerpräsident Mappus bemühte sich um ein weiteres Signal des Entgegenkommens an die Gegner von Stuttgart 21: Zusätzlich zur Schlichtung bot er Informations- und Gesprächsforen an. Dort könnten alle Seiten über Einzelfragen diskutieren - etwa den Schutz der Mineralquellen, die Kostenfrage, Optimierungen im künftigen Nahverkehr, das Baustellenmanagement und den Anwohnerschutz. Das schlug er in einem offenen Brief in der «Stuttgarter Zeitung» (Samstag) vor.

SPD und Grüne im Südwesten kritisierten, in dem Schreiben sei nichts Neues enthalten. Das sagten SPD-Landeschef Nils Schmid und der Grünen-Landtagsfraktionsvorsitzende Winfried Kretschmann der Zeitung «Sonntag Aktuell».

Vermittler Geißler glaubt weiter an einen Erfolg seiner Mission. «Beide Seiten sind einverstanden gewesen, dass ich die Schlichtung übernehme», sagte er in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa. Die umstrittene Frage, wie umfassend der Baustopp bei dem Bahnprojekt während der Vermittlung sein muss, will Geißler in der kommenden Woche mit dem Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 besprechen. Der 80-Jährige zeigte sich trotz verhärteter Fronten optimistisch, dass es Ende kommender Woche zum ersten Schlichtungsgespräch kommt.

«Ich habe mit beiden Seiten geredet. Es ist das ehrliche Bestreben vorhanden, dass wir eine Sach- und Fachschlichtung durchführen», sagte Geißler. Das werde zu einer Beruhigung der aufgeheizten Atmosphäre führen. «Es wird ein Weg der Befriedung sein. Den will ich gehen - und der kann auch gelingen.» Wie eine Lösung aussehen könne, wisse er noch nicht. Aber: «Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß.»

Der erfahrene Tarifschlichter hatte am Donnerstag für Irritationen gesorgt, als er scheinbar einen kompletten Baustopp während der Schlichtung verkündete. Daraufhin hatte Mappus Geißlers Äußerung dementiert. Am Freitag erklärten beide gemeinsam, der Großteil der Bauarbeiten werde ausgesetzt. Nur die bereits begonnene oberirdische Verlegung von Rohren zur Grundwasserregulierung gehe weiter.

FDP-Landeschefin Birgit Homburger plädierte an Geißler, für mehr Klarheit und Disziplin zu sorgen. «Es muss Schluss sein mit der babylonischen Sprachverwirrung. Eine solche Kommunikationspanne darf nicht noch einmal passieren», sagte Homburger bei einem kleinen FDP- Parteitag in Freudenstadt. Einem Baustopp oder dem geforderten Volksentscheid erteilte sie angesichts des bereits investierten Geldes eine Absage. Der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel erklärte in der «Stuttgarter Zeitung» (Samstag), es gebe in der SPD viele, die nicht mehr an die Bezahlbarkeit des Projektes glaubten.

Stuttgart 21 sieht den Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und deren Anbindung an die geplante ICE- Neubaustrecke nach Ulm vor.

Verkehr / Bahn / Stuttgart 21
09.10.2010 · 19:46 Uhr
[4 Kommentare]
 
Sean «Diddy» Combs entschuldigt sich für Angriff
Los Angeles (dpa) - Mit leicht gesenktem Kopf spricht Sean «Diddy» Combs direkt in die Kamera. […] (02)
Sharon Stone: „Ich hätte gerne mein Leben zurück“
(BANG) - Sharon Stone möchte wieder größere Filmrollen übernehmen. Die US-Schauspielerin erlitt […] (01)
Kallang Immobilien: Unterbewertete Immobilien finden kann auch einfach sein
Immobilien Screener werden immer beliebter in Deutschland. Kallang Immobilien hat die […] (00)
Review – Manor Lords – Überzeugende Aufbausimulation
Wir alle kennen diese Spiele, auf die wir Jahrelang warten und auf die wir neugierig unseren […] (01)
Review: BOOX Palma: Mehr als nur ein eReader im Test
In einer Welt, in der Mobilität und Flexibilität zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist das BOOX […] (00)
Pogacar dominiert auf Giro-Königsetappe
Livigno (dpa) - Tadej Pogacar dominiert den 107. Giro d'Italia weiter nach Belieben. Der 25- […] (02)
 
 
Suchbegriff

Diese Woche
20.05.2024(Heute)
Letzte Woche
Vorletzte Woche
Top News