Sensationell: Mercedes verspricht eine elektrisches Reichweitenplus von 12.000 Kilometern pro Jahr dank Solar-Lack – aber wie realistisch ist das?
Mit dem Showcar Vision Iconic hat Mercedes Benz ein Fahrzeug vorgestellt, dass vor Superlativen nur so strotzt, vollgestopft mit modernen Technologien wie etwa Neuromorphic Computing, Steer-by-Wire und hochautomatisiertem Fahren. Für Fans der Elektromobilität ist aber ein Eckpunkt besonders spannend: Dank einer innovativen Solarbeschichtung soll das Konzeptauto in der Lage sein, jedes Jahr genug Energie für ein Reichweitenplus von 12.000 Kilometern zu produzieren. Allerdings stellt sich die Frage, wie realistisch dieser Claim wirklich ist.
![]()
Mercedes: 12.000 Kilometer dank Speziallack
In einer Pressemitteilung zum Vision Iconic verrät Mercedes Benz ein paar Details zu der Technologie. Es handelt sich dabei um neuartige Solarmodule, die ähnlich wie eine hauchdünne Paste auf die Karosserie von Elektroautos aufgetragen werden können. Laut Mercedes sei es möglich, bei einer Fläche von 11 Quadratmetern (was ungefähr der Oberfläche eines Mittelklasse-SUVs entspricht) unter Idealbedingungen genug Energie für bis zu 12.000 Kilometern mehr Reichweite pro Jahr zu produzieren. Dabei kommen in der Beschichtung weder Seltene Erden noch Silizium zum Einsatz. Mercedes Benz spricht von einem Wirkungsgrad von 20 Prozent – und natürlich von kontinuierlicher Energieerzeugung, auch bei Stillstand und ausgeschaltetem Fahrzeug.
Wirklichkeit oder ambitioniertes Werbeversprechen?
Allerdings stellt sich die Frage, wie realistische diese Angaben sind. Hochmoderne Solarzellen kommen auf einen Wirkungsgrad von 40 Prozent – allerdings handelt es sich dabei um Zellen mit mehreren Schichten, die unter Laborbedingungen entstehen. Kaufen Hausbesitzer heute eine PV-Anlage für ihr Dach, so kommen die dort verwendeten Zellen in der Regel auf einen Wirkungsgrad von etwa 23 Prozent. Bei dünnen, auftragbaren Zellen wie etwa Solarfolien liegt die Effizienz bei unter 10 Prozent. Die Angabe von 20 Prozent Wirkungsgrad bei einer „pastenähnlichen“ Applikation der Zellen scheint da doch sehr ambitioniert.
Hinzu kommt, dass auch Mercedes Benz selber von „Idealbedingungen“ spricht – also einem rechtwinkligen Einfall der Sonnenstrahlen sowie natürlich durchgehendem Sonneneinfall während des Tages.
Es bestehen also berechtigte Zweifel daran, ob Mercedes dieses Versprechen wird halten können. Allerdings wären auch 4.000 Kilometer Reichweitengewinn pro Jahr bereits ein Vorteil.
Neuromorphic Computing: Effizienzgewinn für autonomes Fahren
Eine weitere interessante Technologie, die Mercedes Benz in der Pressemitteilung beschreibt, ist das sogenannte Neuromorphic Computing. Dabei geht es darum, auf Software-Ebene die Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachzuahmen. So sollen deutlich schnellere und effizientere KI-Berechnungen möglich sein, was ein deutlicher Fortschritt für das Thema autonomes Fahren wäre. So kann die Elektronik des Fahrzeugs Verkehrsschilder, Fahrspuren und Hindernisse deutlich besser erkennen und auf sie reagieren. Laut Mercedes Benz soll Neuromorphic Computing in der Lage sein, den Energiebedarf für die Datenverarbeitung beim autonomen Fahren im Vergleich zu heutigen Systemen um 90 Prozent zu senken.

