Reportage: Karstadt empfängt Berggruen

Berlin (dpa) - Der Retter kommt über die Rolltreppe. Als Nicolas Berggruen die sechste Etage des Karstadt-Hauses am Kurfürstendamm in Berlin betritt, springen wartende Mitarbeiter auf, klatschen Beifall.

Der Investor präsentiert sich seinen künftigen Angestellten am Freitagmittag zurückhaltend, fast schüchtern. «Ich bin irrsinnig glücklich, dass ich dabei bin», sagt er und hält die Hände hinter dem Rücken verschränkt, während er an seinen Fingernägeln spielt.

Schon bevor der 49-Jährige mit Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg die Botschaft der geglückten Übernahme überbringt, fallen sich Verkäuferinnen in die Arme. Im hauseigenen Restaurant wird ein Rollwagen mit Sektgläsern herangeschoben. Die Nachricht, dass der Weg für die Rettung frei ist, hat längst die Runde gemacht. «Es war eine so große Anspannung. Dieses Hin und Her über ein Jahr», sagt Markus Wechselmann aus der Elektroabteilung. «Das ist sehr erleichternd für alle.»

Trotz Dreitagebart, lässig aufgeknöpftem weißen Hemd und Sonnenbrille in der Hand wirkt Berggruen hingegen leicht angespannt. Nur für kurze Momente strahlt er, wenn er über das «New beginning» der insolventen Warenhauskette spricht. Warum es für den Deutsch- Amerikaner gerade Karstadt sein sollte? «Challenge», sagt er: Herausforderung. «Ein Unternehmen, das mit Konsumenten zu tun hat, muss sich erneuern, erfrischen, und man muss den Kunden etwas geben, das richtig ein Erlebnis ist.»

Bereits die Rettung wird zum Event. Erst gut eine Stunde zuvor, um 11.20 Uhr trudeln die letzten benötigten Dokumente ein, wie Görg berichtet. Am Vorabend hatten er und Berggruen bis in die Nacht im Untergeschoss des Hauses vor der Lebensmittelabteilung gewartet, doch die ersehnten Unterschriften ließen vorerst auf sich warten. Auch von der Leyen stieß dazu, begleitet von Ex-Werbemanager Thomas Heilmann, der als Vermittler zwischen den Parteien hin- und hertelefonierte.

Am Freitag kommen die Beteiligten wieder, fahren diesmal ganz nach oben und verkünden den Erfolg. Auch einige Schaulustige blicken für die Bekanntgabe der Rettung im Kundenrestaurant (Angebot: Pfeffersteak vom Grill für 8,95 Euro) kurz von ihrem Essen auf.

Im Alltagsgeschäft will sich der neue Eigentümer demnächst nicht in den Vordergrund drängen, auch wenn ihm gleich ein dunkelblaues Mitarbeiter-Schild mit dem Namen «N. Berggruen» angeheftet wird. «Ich bin nicht involviert im Management. Das habe ich nie gemacht, mein ganzes Leben. Ich habe Gesellschaften gekauft und aufgebaut. Das Management und die Mitarbeiter machen das, und sie machen es viel besser als ich.»

Mit seinem Auftritt hat Berggruen die Angestellten rasch für sich eingenommen. «Er ist menschlich, verständnisvoll», schwärmt Birgit Höhne-Nashmi, die aus der ersten Etage - Abteilung Herrenmode - heraufgekommen ist.

Nach seinen Antrittsworten hat es Berggruen dann plötzlich eilig. Und macht gleich am ersten Tag zusätzlichen Gastronomieumsatz. In einem abgetrennten Bereich trifft er sich zum Plausch mit Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), der eigentlich an anderer Stelle geplant war. Für seine kürzlich gegründete Denkfabrik sucht Berggruen den Austausch mit früheren Regierungschefs. Eine zweitägige Konferenz in Berlin sollte dem Karstadt-Krimi da nicht zum Opfer fallen.

Handel / Karstadt
04.09.2010 · 08:43 Uhr
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