Pressestimmen zur Dienstwagenaffäre
«Kölnische Rundschau»: Reicht es denn schon, wenn der Umweltminister im Urlaub eine Windmühle besichtigt, die Bildungsministerin vor einer Schule steht und der Verkehrsminister ein Modell-Boot zu Wasser lässt - und schon darf die gepanzerte Limousine anrollen - quer über den Kontinent? Das ist absurd. Es drängt sich also der Verdacht auf, dass hier einige nicht besonders wichtige Vor-Ort-Termine arrangiert wurden, um eine gute Erklärung dafür zu haben, dass der praktische Dienstwagen - mit Chauffeur versteht sich - auch unter südlicher Sonne bereit steht. Wohlgemerkt, es ist nur ein Verdacht. Die Ministerin hat ein Recht darauf, dass ihre Argument gehört werden. Nur muss sie sich schnell und einleuchtend äußern.
«Stuttgarter Nachrichten»: Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier einige nicht besonders wichtige Vor-Ort-Termine arrangiert wurden, um eine gute Erklärung dafür zu haben, dass der praktische Dienstwagen - mit Chauffeur versteht sich - auch unter südlicher Sonne bereitsteht. Ulla Schmidt sollte sich dazu schnell und einleuchtend äußern. Man hätte übrigens auch gern gewusst, ob es andere Kabinettsmitglieder ähnlich halten wie die Gesundheitsministerin.
«Münchner Merkur»: Die Gesundheitsministerin ist lange im Geschäft und kennt die Spielregeln. Die Kette grenzwertigen bis missbräuchlichen Umgangs mit Privilegien durch politische Entscheidungsträger - ob es sich um Dienstwagen, Flüge oder Spesen handelt - ist schon lang genug und hat viel Vertrauen zwischen Regierenden und Regierten zerstört. Gerade im Angesicht der weltweiten Finanzkrise und milliardenschwerer staatlicher Hilfsprogramme für Banken und Unternehmen dürfen die Bürger einen redlichen Umgang mit Steuergeldern erwarten. Ulla Schmidt braucht jetzt ein paar verdammt gute Argumente.
«Mindener Tageblatt»: Politiker, zumal solche in herausragenden Ämtern, stehen bei einem nicht kleinen Teil der Bevölkerung unter Generalverdacht, ihre Positionen und Privilegien für persönliche Vorteilsnahmen auszunutzen. Was, von Zeit zu Zeit vorkommende Einzelfälle ausgenommen, zweifelsohne ein ungerechtes pauschales Vorurteil ist. Dieses jedoch stellt durch seine pure Existenz gewissermaßen eine hilfreiche vorbeugende Therapie gegen Amtsmissbrauch dar und trägt zur politischen Hygiene bei: insofern, als sich Amts- und Würdenträger aller Art unter ständiger, besonders misstrauischer Beobachtung wissen. Dies vorausgesetzt, wäre eine «Dienstwagen- Affäre» der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt - auch noch mitten im Wahlkampf - wahlweise entweder eine besonders peinliche oder eine besonders unsensible Darbietung.
«Mannheimer Morgen» : Andere kommen mit der Schweingrippe aus dem Spanien-Urlaub zurück - Ulla Schmidt hat eine Dienstwagen-Diskussion am Hals. 2400 Kilometer ist der Chauffeur durch Europa gefahren, um der Gesundheitsministerin ein paar Stunden zu Diensten zu sein. Das klingt ökonomisch und ökologisch ziemlich unsinnig. Und selbst wenn dies nach den Dienstwagen-Richtlinien erlaubt ist: Das muss zu öffentlichen Diskussionen führen. Eigentlich sollte das Ulla Schmidt, die schon seit gefühlten Ewigkeiten in der Politik ist, klar sein. Tatsächlich ist es das aber nicht. Ulla Schmidt ist nicht die erste Politikerin, die ihre Privilegien überstrapaziert. Vermutlich stimmt es, dass nach Jahren im Amt das Gefühl für Normalität verloren geht. Nach der Wahl im September hat die SPD-Ministerin womöglich wieder Zeit, sich dieser anzunähern.