Papst bestürzt über Missbrauchsfälle

Rom (dpa) - Papst Benedikt XVI. stärkt den deutschen Bischöfen mit ihrem Aktionsprogramm gegen sexuellen Missbrauch den Rücken. «Mit großer Betroffenheit und tiefer Erschütterung hat der Heilige Vater meinen Bericht zur Kenntnis genommen», sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch am Freitag.

Der Erzbischof hatte das Oberhaupt der Katholiken zuvor im Vatikan über die Fülle früherer Missbrauchsfälle informiert. «Aus dem heutigen Gespräch gehe ich gestärkt hervor und bin zuversichtlich, dass wir auf dem Weg vorankommen, die Wunden der Vergangenheit zu heilen.»

Dagegen haben die meisten Deutschen das Vertrauen in die katholische Kirche und ihre Jugendarbeit verloren. Das ergab eine Emnid-Umfrage für den Nachrichtensender N24. Nach der in Berlin vorgestellten Studie wirft eine große Mehrheit der 1000 Befragten - 86 Prozent - der Kirchenführung mangelnde Aufklärungsbereitschaft vor. Nur 10 Prozent glauben, die Kirche unternehme genug.

Die Serie der Vorwürfe riss auch am Freitag nicht ab. Im Erzbistum Paderborn belastete ein Ex-Schüler den damaligen Leiter des inzwischen geschlossenen Internats am «Collegium Aloysianum». In Mainz ließ das Bistum einen vorbestraften Sexualtäter in den 1970er Jahren wieder auf Schüler los. Ein ehemaliger Erzieher der Stiftsschule Amöneburg (Hessen) gestand nach Angaben des Bistums Fulda, dass er 1976 zwei Internatsschüler missbraucht hatte. Das Bistum Würzburg beurlaubte einen weiteren Priester. Im Bistum Essen wurde ein früherer Domkapitular wegen sexuellen Missbrauchs eines Jugendlichen verurteilt.

Bitte um Vergebung

«Wir nehmen unsere Verantwortung sehr deutlich wahr», betonte Zollitsch nach der 45-Minuten-Audienz. Doch gebe es in Deutschland Fälle weit über die Kirche hinaus. Ziel müsse es jetzt sein, «die Wunden der Vergangenheit zu heilen und mögliche neue Wunden zu vermeiden». Zollitsch bat die Opfer erneut um Vergebung.

Zollitsch reagierte auch auf eine Äußerung des Regensburger Bischofs Gerhard Müller, wonach die katholische Kirche in Deutschland die Lage selbst bewältigen könne. «Wir wollen die Wahrheit aufdecken, die Opfer haben ein Recht darauf», sagte der Erzbischof. «Wir gehen der Sache intensiv nach, aus eigener Kraft.»

Missbrauchsfälle seien kein spezielles Problem der Kirche, doch habe diese eine besondere moralische Verantwortung, betonte Zollitsch. Mit dem Zölibat, der Ehelosigkeit der Priester, hätten die Missbrauchsfälle nach Ansicht aller Fachleute nichts zu tun.

Grass: Zölibat abschaffen

Das sieht der Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass anders. Er will die katholische Kirche nicht nur per Gesetz zur umgehenden Mitteilung von Verdachtsfällen an die Staatsanwaltschaft zwingen, sondern empfahl in einem dpa-Gespräch die Abschaffung des Zölibats.

Zur Wiedergutmachung erklärte Zollitsch, die Bischöfe würden beraten, ob weitere Hilfen für Opfer möglich seien. In der Aufarbeitung habe man das Vertrauen der Bundeskanzlerin und der Familienministerin. Man sei auch dabei, mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ein Gespräch zu vereinbaren. Sie hatte die Kirche scharf kritisiert. Opfer-Hilfsorganisationen wollen ebenfalls an den geplanten Runden Tischen teilnehmen.

UNICEF: «Null Toleranz»

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF fordert «Null Toleranz» bei sexuellem Missbrauch von Kindern. Strafrechtlich relevante Vorwürfe müssten konsequent polizeilich verfolgt und nicht nur «intern» behandelt werden, heißt es in einer in Köln veröffentlichten Erklärung. Die Verjährung im Zivilrecht nach drei Jahren sollte mindestens auf zehn Jahre verlängert und damit dem Strafrecht angepasst werden. So könnten Opfer Schadenersatzansprüche auch noch nach dieser Zeit geltend machen.

Der Termin bei dem deutschen Papst galt eigentlich einem routinemäßigen Bericht über die jüngste Versammlung der Bischöfe in Freiburg. Doch dann rückte der sich ausweitende Skandal um Missbrauch an Minderjährigen in katholischen Einrichtungen in den Brennpunkt.

Benedikt XVI. hatte vor einem Monat die tausendfachen irischen Missbrauchsfälle als «abscheuliches Verbrechen» gegeißelt und dann «Null Toleranz», Aufklärung und Vorbeugung verlangt. Die deutschen Bischöfe hatten den staatlichen Behörden vorbehaltlose Unterstützung bei der Verfolgung solcher Fälle zugesichert. Sie wollen zudem ihre Leitlinien für den Umgang mit Missbrauch in der Kirche klarer fassen.

Kriminalität / Kirchen / Schulen
12.03.2010 · 21:55 Uhr
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