ÖVP und Grüne setzen auf Klimaschutz und Steuersenkungen

Wien (dpa) - Fliegen wird teurer, die Steuern sollen sinken, die skeptische Haltung zur Zuwanderung bleibt bestehen. Die Ziele der geplanten Koalition aus Konservativen und Grünen in Österreich sind in ihrer Summe doch etwas anders als bisher bekannte Polit-Varianten.

Der am Donnerstag vorgelegte, mehr als 300-seitige Koalitionsvertrag von ÖVP und Grünen soll laut Lesart der beiden Parteien das Beste aus zwei Welten vereinen.

«Für die endgültig anstehende große Versöhnung von Ökologie, Ökonomie unter Einbettung sozialer Sicherheit» sei diese Koalition das Wagnis wert, beschwor Grünen-Chef Werner Kogler bei der Präsentation des Pakts nicht zuletzt auch die eigenen Anhänger. Ein Bundeskongress der österreichischen Grünen muss dem Koalitionsvertrag und damit der ersten Regierungsbeteiligung der Partei auf Bundesebene am Samstag noch zustimmen.

«Aus Verantwortung für Österreich» haben ÖVP und Grüne ihr Regierungsprogramm überschrieben - und diese Verantwortung soll sich vor allem in Steuer-, Klima- und Migrationspolitik zeigen.

Die beiden Parteien haben sich in ihrem Koalitionspakt dazu bekannt, die Alpenrepublik bis 2040 klimaneutral zu machen - also zehn Jahre eher, als das in Deutschland und der EU geplant ist. Außerdem soll bis 2030 der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien kommen. Die Einkommensteuer für Geringverdiener sinkt den Plänen zufolge von 25 auf 20 Prozent, auch die weiteren Stufen werden gesenkt. Das ÖVP-Grünen-Bündnis bekennt sich dabei ausdrücklich zu einer schwarzen Null im Etat. ÖVP-Chef Sebastian Kurz wollte auch in diesem Bündnis seinen Markenkern bekräftigen, ein Politiker zu sein, der mit dem Geld der Steuerzahler äußerst bewusst umgeht.

Die politisch heikle Frage einer Bepreisung der CO2-Emissionen soll erst später detailliert geklärt werden. «Das nächste Rad müssen wir 2022 drehen», sagte Kogler. Grundsätzlich wird festgelegt, «dass es keine Mehrbelastungen für die Wirtschaft und für Private gibt, bei gleichzeitiger Wahrung des CO2-Lenkungseffektes». Bereits konkret geeinigt haben sich ÖVP und Grüne auf das Aus für alle Öl- und Kohleheizungen bis 2035.

Beim Thema Migration, das in den Verhandlungen als ein Knackpunkt galt, haben sich ÖVP und Grüne auf eine «neue Migrationsstrategie» verständigt. Ziel sei die klare Trennung von Asyl und Arbeitsmigration. Der Zugang zum Arbeitsmarkt soll für Arbeitsmigranten erleichtert werden. Beim Asyl wird die konsequente Abschiebung von Drittstaatsangehörigen, denen der Schutzstatus aberkannt wurde, festgeschrieben. Das Kopftuchverbot, das derzeit in Kindergärten und Grundschulen gilt, wird auf Jugendliche bis 14 Jahren ausgeweitet.

Mit Blick auf das Personal wird die Regierung etwas größer als ihre Vorgänger, 15 Minister und 2 Staatssekretäre werden ihr den Plänen zufolge künftig angehören. Erstmals werden dabei mehr Frauen (9) als Männer (8) im österreichischen Kabinett sitzen, das Durchschnittsalter liegt bei 46 Jahren.

Das wichtige Innenministerium übernimmt der bisherige ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer. Der 47-Jährige führte sein bisheriges Amt mit der für Generalsekretäre bekannten Bissigkeit aus. Nehammer dürfte es leicht fallen, als Innenminister eine harte Sicherheitspolitik zu vertreten. Außenminister bleibt Karrierediplomat Alexander Schallenberg. Das neue Superministerium der Grünen mit den Themen Klimaschutz, Umwelt, Verkehr und Innovation soll Leonore Gewessler übernehmen. Die 43-Jährige leitete die Umwelt-NGO Global 2000, bis Grünen-Chef Kogler sie zu einer Kandidatur bewegen konnte. Gewesslers Haus steht für die Erfüllung der grünen Wahlversprechen nun eindeutig im Mittelpunkt.

Beim Thema Klimaschutz gehört auch eine geplante Flugticketabgabe von zwölf Euro pro Flug dazu, was sich vor allem bei Kurzstrecken bemerkbar machen wird. Gleichzeitig soll Bahnfahren günstiger und mit Hilfe von Milliardeninvestitionen auch attraktiver werden.

Vom niederösterreichischen Bauernbund ins Verteidigungsministerium wechselt Klaudia Tanner (49). Die Juristin wird die erste Frau an der Spitze dieses Ressorts. ÖVP und Grüne schaffen zudem ein eigenes Integrationsministerium. Dessen Chefin soll die Kurz-Vertraute Susanne Raab werden, bisher Leiterin der Integrationssektion im Außenministerium.

Der Koalitionspakt braucht auf dem Grünen-Kongress eine einfache Mehrheit der 276 Delegierten. Parteichef Kogler geht fest von grünem Licht aus. «Was wäre die Alternative?», warnte er mit Blick auf die FPÖ, die nur auf ein Scheitern des neuen Bündnisses warte.

Schon in der kommenden Woche könnte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die erste ÖVP-Grünen-Regierung auf Bundesebene in Österreich vereidigen. «Auf die neue Regierung warten zahlreiche Aufgaben, die zum Wohl Österreichs und seiner Bürgerinnen und Bürger angegangen werden müssen. Dazu braucht es #Dialogfähigkeit, #Konstruktivität und #Zuversicht», twitterte Van der Bellen, der 2003 als damaliger Grünen-Chef selbst ein solches Bündnis schmieden wollte.

Regierung / Parteien / ÖVP / Grüne / Koalition / Sebastian Kurz / Werner Kogler / Österreich
02.01.2020 · 19:20 Uhr
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