Obama schränkt möglichen Einsatz von Atomwaffen ein

Washington (dpa) - Präsident Barack Obama ändert die militärische Nuklearstrategie der USA: Atomwaffen sollen bei der Verteidigung des Landes eine geringere Rolle spielen als bisher. So soll für die USA ein Ersteinsatz dieser Waffen künftig nur noch unter eingeschränkten Bedingungen infrage kommen.

Die USA wollen auch keine neuen Atomsprengköpfe bauen, und sie bleiben bei ihrem Verzicht auf Atomtests. Mit diesen Maßnahmen soll die von Obama angestrebte atomwaffenfreie Welt ein Stück näher rücken.

In der neuen Strategie, die am Dienstag offiziell von Verteidigungsminister Robert Gates und Außenministerin Hillary Clinton vorgestellt wurde, legt sich Obama nicht auf einen Abzug der rund 200 taktischen Atomwaffen aus Europa fest. Dies bedeutet, dass auch Deutschland zumindest vorerst nicht atomwaffenfrei wird: Hier lagern schätzungsweise noch bis zu 20 Atomsprengköpfe vom Typ B-61.

International wurde die Ankündigung der USA begrüßt: Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach von einem «weiteren mutigen Schritt in Richtung Abrüstung». «Es eröffnen sich jetzt auch neue Möglichkeiten für eine Reduzierung der sogenannten taktischen Atomwaffen in Europa und damit den Abzug dieser Waffen aus Deutschland», sagte der Vizekanzler und FDP- Vorsitzende dem Internetportal «bild.de». Für UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist die neue Nuklearstrategie der USA ein Schritt zum richtigen Zeitpunkt in die richtige Richtung.

Obama nannte die neue Strategie seinerseits einen «bedeutenden Schritt» nach vorn. Die Rolle der Nuklearwaffen im US- Verteidigungskonzept werde reduziert, der Schwerpunkt auf die nuklearen Gefahren des 21. Jahrhunderts etwa durch Terroristen gelegt. Zugleich werde eine wirksame atomare Abschreckung aufrechterhalten, «solange Nuklearwaffen existieren», hieß es in einer schriftlichen Erklärung des Präsidenten.

Die Strategie folge dem Schluss, so Obama, dass «die größte Bedrohung für die USA und die globale Sicherheit nicht mehr in einem nuklearen Schlagabtausch zwischen Nationen besteht, sondern in nuklearem Terrorismus durch gewalttätige Extremisten und der Weiterverbreitung von Atomwaffen an immer mehr Staaten».

Die Änderungen sind allerdings weniger radikal, als es sich viele Rüstungskontroll-Experten erhofften und es Obama ursprünglich auch selbst ins Auge gefasst haben soll. Wie es hieß, nahm Obama mit diesem von Militärexperten als «Mittelweg» beschriebenen Ansatz Rücksicht auf militärische und konservative Kreise, die einer reduzierten Rolle des Atomwaffenarsenals skeptisch gegenüberstehen. Sie vor den Kopf zu stoßen, könnte das anstehende Verfahren zur Ratifizierung des START-Vertrages mit Russland zur Begrenzung der strategischen Rüstung erschweren. Obama und der russische Präsident Dmitri Medwedew werden das Abkommen am Donnerstag in Prag unterzeichnen.

Der Kernpunkt der neuen Strategie: Die USA verpflichten sich in Abkehr von ihrer bisherigen Doktrin erstmals dazu, keine Atomwaffen gegen Nicht-Atommächte einzusetzen, die sich an den Vertrag zur Nichtweiterverbreitung von Nuklearwaffen halten - auch dann, wenn sie die USA mit biologischen oder chemischen Waffen angreifen. Für einen solchen Fall wird ihnen im Strategie-Papier aber ein «vernichtender» konventioneller Gegenschlag angedroht.

Obama ließ damit aber die Option eines atomaren Ersteinsatzes insbesondere gegen den Iran, aber auch gegen Nordkorea auf dem Tisch. In einem Interview der «New York Times» bezeichnete er diese Staaten als «Außenseiter», die den Vertrag entweder verletzt oder ihm eine Absage erteilt hätten.

Generell wird den Atomwaffen in dem Strategie-Papier nunmehr eine wesentliche Rolle bei der Abschreckung von atomaren Angriffen oder bei der Antwort darauf eingeräumt. Rüstungskontroll-Experten hatten auf die Formulierung «ausschließliche Rolle» gehofft. Erstmals wird aber festgeschrieben, dass sich die USA in Richtung einer künftigen Strategie bewegten, die einen Einsatz von Atomwaffen nur noch im Fall eines nuklearen Angriffs vorsehe.

Obama deutete in dem Zeitungsinterview weiter an, dass er nach der Unterzeichnung des neuen START-Vertrags mit Russland möglichst bald über eine Reduzierung von Waffen kürzerer Reichweite sprechen will. Und dazu gehören die taktischen Atomwaffen in Europa. Die Bundesregierung will die B-61-Sprengköpfe als Relikte des Kalten Krieges loswerden, so wurde es auf Drängen der FDP auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben.

Den Bau neuer Sprengköpfe lehnt der US-Präsident ab, er will aber die Lebensdauer des bestehenden Arsenals verlängern und Modernisierungen auf Basis existierender Designs vorantreiben. Damit sollen die Waffen zum einen sicherer gemacht, aber zum anderen auch weitere Reduzierungen ermöglicht werden.

Obama hatte vor einem Jahr in Prag seine Vision von einer atomwaffenfreien Welt dargelegt. Die nächsten Tage stehen ganz im Zeichen dieses Ziels. So hat der Präsident nach der Unterzeichnung des START-Vertrages für den 12. und 13. April Staats-und Regierungschefs aus über 40 Staaten zu einem «Nuklear-Gipfel» nach Washington eingeladen, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel will kommen. Im Mittelpunkt des Gipfels steht die Frage, wie verhindert werden kann, dass Atomwaffen oder spaltbares Material in die Hände von Terroristen gelangen.

Atom / Europa / USA
07.04.2010 · 07:56 Uhr
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