Night in the Woods: Coming of Age auf der Switch

Im Januar letzten Jahres erschien Night in the Woods auf  PC und Playstation 4. Kurz darauf überschlug sich die Presse mit positiven Worten und Lobeshymnen auf das Spiel. Seit Anfang Februar könnt ihr das von Finji entwickelte Werk auch auf der Switch ergattern. Diesen Port haben wir genutzt, um selber mal einen Blick auf die Abenteuer einer kleinen Katze zu werfen, die langsam erwachsen wird. Teilen wir die positiven Stimmen oder halten wir den Hype für ungerechtfertigt? Schauen wir mal!

„Werde nicht älter, solange du es verhindern kannst.“

Mae Borowski ist eine Katze, die mit Anfang 20 gerade ihr Collegestudium abgebrochen hat. Sie kehrt zurück nach Possum Springs, einem kleinen Dörfchen, um dort wieder bei ihren Eltern zu wohnen. Kurz, nachdem sie ihre alten Freunde besucht und den Tag mit den Dreien verbringt, findet die Gruppe einen abgetrennten Arm vor einem Diner. Mae bekommt das Gefühl, dass irgendetwas in diesem kleinen Dörfchen nicht ganz richtig läuft. Sie versucht nun, das Geheimnis zu lüften, gleichzeitig aber auch, ihr verkorkstes Leben und die Beziehungen zu ihren Mitmenschen auf die Reihe zu kriegen.

Night in the Woods ist also eine relativ klassische Coming of age-Geschichte. In einer wundervollen, comicartigen 2D-Optik steuert ihr Mae durch ihr Dörfchen und erlebt ihre gesamten Hochs und Tiefs. Dabei ist das Gameplay sehr reduziert. Ihr könnt Laufen und Hüpfen, erreicht so manche Häuserdächer, könnt Gebäude betreten und mit den Einwohnern sprechen. Manchmal findet ihr so auch kleine Minispiele, in denen ihr Brezeln klauen müsst oder während einer Bandprobe in einem Rhythmusspiel die Basssaiten zupft. Das sind allerdings nur kleine Abwechslungen in einem Spiel, das hauptsächlich von den Dialogen zwischen Mae und ihrem Freundeskreis und der Familie getragen wird.

Vor allem die Konflikte, die Mae in Night in the Woods immer wieder austragen muss, wirken sehr nachvollziehbar. Ihr Bekanntenkreis hat eigene Päckchen zu tragen und stellt Fettnäpfchen bereit, in die euer Hauptcharakter gerne mit Anlauf hineinspringt. Aus dem Nichts werdet ihr mit Finanzproblemen der Eltern konfrontiert, habt nicht mitbekommen, dass die Mutter eurer besten Freundin verstorben ist und versaut ihr eine Party, indem ihr sie versehentlich vor ein paar netten Kerlen bloßstellt. Oftmals werdet ihr euch denken, dass ihr das Ganze doch irgendwoher kennt. Die Ideen wirken nicht aus der Luft gegriffen und die Dialoge sind authentisch.

Täglich grüßt das Murmeltier

Würde Night in the Woods diese Geschichten wie eine Visual Novel erzählen, würde ich jetzt auch einen begeisterten Test verfassen. Die Welt hätte mich vollkommen eingenommen und ich würde wissen wollen, wie es den Charakteren so ergeht. Ich habe Sympathien aufgebaut, mich für diese anthropomorphen Tierwesen gefreut und mitgefiebert. Ich konnte mich in den eigenen Besuchen der alten Heimat wiedererkennen und in den Dialogen mit alten Freunden, die einem wichtig sind, aber doch auch irgendwie fremd geworden. Das wird super eingefangen. Nur leider muss Night in the Woods eben auch ein Videospiel sein, wodurch Elemente auftauchen, die der Geschichte und ihrem Flow einfach nicht gut tun.

Das Spielprozedere läuft nämlich immer gleich ab. Mae wacht in ihrem Bett auf, spricht kurz mit der Mutter, verlässt das Haus und klappert dann die einzelnen Stationen der Stadt ab. Ihr steuert sie immer wieder durch die selben Straßen, in die selben Häuser und sprecht mit den gleichen Nebencharakteren. Das Ganze mit Textblasen, die viel zu lange brauchen, um weggeklickt zu werden, einer fehlenden Inszenierung der meisten Dialoge und Ladezeiten zwischen jedem Wechsel der Szenerie. Dann trefft ihr eure Freunde, die Geschichte wird aktiv weitergebracht, ihr geht nach Hause, sprecht mit eurem Vater, geht ins Bett und es geht von vorne los.

Natürlich könnt ihr das meiste davon überspringen und einfach direkt euren Freundeskreis aufsuchen. Nur habe zumindest ich auch die Motivation, zu schauen, ob irgendwo ein kleines Spielchen versteckt ist. Zusätzlich zeichnet Mae zu besonderen Ereignissen nette Kritzeleien in ihr Tagebuch, die ihrem Charakter eine äußerst sympathische Note verleihen. Diese Elemente wollte ich nicht einfach überspringen, wodurch mich die ständige Wiederholung der Abläufe irgendwann aber stark genervt hat.

Scary Night in the Woods?

Dazu kommt dann eben auch die Mystery-Geschichte um den abgetrennten Arm und Maes Vorahnungen. Zu Beginn wirkt es so, als wäre der Arm überhaupt kein Thema. Mae hat nur immer wieder seltsame Träume, die spielerisch wirklich der Tiefpunkt von Night in the Woods sind. In einer stockfinsteren Traumwelt müsst ihr vier Musiker finden, wandert danach zum Startpunkt dieses Irrlaufs, seht eine Zwischensequenz und wacht auf. Weil allerdings kaum etwas zu erkennen ist, irrte ich teilweise ewig lang durch diese Träume, bis der immer gleiche Ablauf endlich bestanden war. Auch wenn die hier vorhandene Bildsprache wirklich ansprechend ist, hat mich die spielerische Ebene unfassbar genervt. Diese Träume standen relativ allein als mysteriöses Element neben dem recht schnöden Alltag unserer Protagonistin.

Erst zum Ende hin wird der Arm und alles, was sich darum abspielt, wieder Thema und die Geschichte wird im Eiltempo abgehandelt, bis das Spiel dann plötzlich vorbei ist. Damit meine ich nicht, dass das Spiel offen endet, aber es wirkte einfach sehr unbefriedigend. Der unheimliche Teil, der mich wirklich fesseln konnte, war plötzlich von jetzt auf gleich mit einem Deus Ex Machina gelöst. Somit wurde ich mit einem absolut unbefriedigenden Ende zurückgelassen. Maes private Problemstränge mit Freunden und Familie wurden nämlich ebenfalls einfach liegen gelassen. Es wirkt, als hätten Zeitdruck und der Zwang, diverse Spielelemente zu implementieren, dazu geführt, dass sich eine vom Konzept her wundervolle Geschichte nicht entfalten konnte.

Fazit

Der atmosphärische Soundtrack und das komplette Artdesign bieten eine so wundervolle Grundlage für eine großartige Geschichte. Das kam phasenweise auch durch und zog mich völlig in seinen Bann. Doch leider wurde ich dann durch schnöde Tagesabläufe und Gameplay-Spielereien rausgerissen. Ich hätte mir einen deutlich stärkeren Fokus auf eine kohärente, funktionierende Geschichte gewünscht. Besser strukturiert und nicht so schnell abgehandelt ist die nämlich großartig!  Dann wäre Night in the Woods für mich ein erzählerisches Meisterwerk gewesen. So blicke ich mit einer zwiespältigen Meinung auf das Spiel zurück.

Ich habe viele der Charaktere lieb gewonnen. Sie waren der Grund, wieso ich immer wieder nach Possum Springs zurückgekehrt bin. Das Gameplay hingegen hat mich die Switch aber auch immer wieder schnell weglegen lassen. Etwas mehr Flow, eine bewussteres Nutzen der vorhandenen Stärken und ich würde euch dazu verpflichten, das Spiel auszuprobieren. So kann ich es euch nur empfehlen, wenn ihr in der Lage seid, erzählerische Durchhänger zu verkraften und über die kleinen Minispiele hinwegsehen könnt. Oder ihr habt einfach kein Problem damit, sie einfach auszulassen. Dann erlebt ihr nämlich trotzdem eine im Kern sehr schöne Geschichte.

Gaming
[next-gamer.de] · 06.03.2018 · 13:04 Uhr
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