Nach Assads Sturz: Hoffnung und Verzweiflung in Saydnaya
Nach dem Fall des syrischen Machthabers Bashar al-Assad strömten am Montag Tausende von Menschen zum berüchtigten Gefängnis Saydnaya auf der Suche nach den Geistern ihrer verschollenen Angehörigen. Unter ihnen befand sich auch Rana Aankir, die seit 13 Jahren verzweifelt nach ihrem Sohn Raed sucht. Er wurde im Rahmen der Niederschlagung von Protesten gegen das Assad-Regime verhaftet und seither vermisst.
Ranas tägliche Suche zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben: Im Chaos der geöffneten Gefängnistore sammelte sie Papierfetzen und durchsuchte alte Dokumente, in der Hoffnung, den Namen ihres Sohnes zu entdecken. Gleichgesinnte teilten ihre Verzweiflung, als sie die lange erwartete Gelegenheit ergriffen, ihre verlorenen Lieben in der schrecklichen Stätte, die als 'menschlicher Schlachthof' bekannt ist, zu finden.
Der Aufstand der Rebellen, angeführt von der Southern Operations Command in der südlichen Provinz Deraa, führte zur Befreiung der ersten Inhaftierten. Für viele war die plötzliche Freiheit nach Jahrzehnten der Dunkelheit eine überwältigende Erfahrung; einige waren so lange von der Außenwelt abgeschnitten, dass sie wichtige Ereignisse der letzten 30 Jahre nicht mehr kannten.
Das Saydnaya-Gefängnis, berüchtigt für systematische Folter und geheime Hinrichtungen, bleibt in der syrischen Vorstellung ein Synonym für Grausamkeit. Berichte von Amnesty International und ein syrischer Militärüberläufer, bekannt als 'Caesar', belegen die menschenverachtenden Zustände. Rechtsanwälte und Menschenrechtsgruppen hoffen nun, dass die wiederentdeckten Unterlagen helfen, das Schicksal vieler Gefangener zu klären und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen.
Doch trotz der intensiven Suche und dem Optimismus vieler Angehöriger bleibt die Lage ungewiss. Gerüchte, dass Gefangene an unbekannte Orte verlegt wurden, befeuern die Sorge und der Fund von Leichen in einem Krankenhaus der Umgebung erinnert nachdrücklich an die Grausamkeiten des Regimes.

