Merkel weist Kritik an Hartz-IV-Reform zurück
Berlin (dpa) - Trotz der massiven Kritik von Opposition, Gewerkschaften, Kirchen und Sozialverbänden will die Bundesregierung bei den neuberechneten Hartz-IV-Sätzen nicht nachbessern.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte die Reform der Hartz-IV-Regelsätze und das geplante Bildungspaket für Kinder von Langzeitarbeitslosen. Die Sätze seien sauber und klar nach den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts errechnet, bekräftigte die Kanzlerin am Freitag in einem Interview des Südwestrundfunks (SWR). Die Kassenlage des Bundes habe dabei keine Rolle gespielt.
Merkel sagte: «Die Steigerungsraten für die Kinder können sich sehen lassen und die Kinder aus den Hartz-IV-Familien werden damit besser am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.» Mit diesem Angebot gehe die Bundesregierung jetzt in die parlamentarischen Beratungen. «Jeder, der sich damit befasst, wird sehen, dass diese Vorlage eine gute Grundlage ist», sagte die Kanzlerin.
Die Opposition hält die vorgesehene Erhöhung des Hartz-IV- Regelsatzes um fünf auf 364 Euro und das Bildungspaket von knapp 620 Millionen Euro pro Jahr für unzureichend. Das Bundeskabinett soll die vom Bundesverfassungsgericht bis zum Jahresende angemahnte Reform am 20. Oktober verabschieden. Die abschließende Beratung im Bundesrat ist für den 17. Dezember vorgesehen. Schwarz-Gelb hat aber in der Länderkammer keine Mehrheit.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lehnt Nachbesserungen am neuberechneten Hartz-IV-Regelsatz ab. Der von der Koalition vereinbarte Aufschlag von fünf Euro sei ihr «letztes Wort», sagte die Ministerin am Donnerstagabend im ZDF.
Die Zustimmung zur Hartz-Reform im Bundesrat macht die SPD von konkreten Fortschritten in der Bildungspolitik abhängig. «Es geht um ein warmes Mittagessen für alle Kinder und um die notwendige Bildungsinfrastruktur in Deutschland. Ich möchte deshalb, dass Bund, Länder und Kommunen gemeinsam in einem Bildungspakt konkrete Ziele verabreden, wie die Lebenssituation von Kindern verbessert und der Teufelskreis von Armut durchbrochen werden kann», sagte SPD- Vizefraktionschef Hubertus Heil dem Nachrichtenportal news.de.
Die Linken werfen der Regierung vor, sie habe den Regelsatz durch Änderung der Datenbasis «kleingetrickst». «Allein durch die willkürliche Veränderung der Bezugsgruppe werden die Betroffenen um 16 Euro pro Monat gebracht», sagte die Vorsitzende des Sozialausschusses, Katja Kipping (Linke) dem Berliner «Tagesspiegel» (Samstag).
Kritik an den unverändert gebliebenen Regelsätzen für Kinder und Jugendliche äußerte der Berliner Erzbischof und Vorsitzende der Familienkommission der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Kardinal Sterzinsky. Es dürfe «nicht von der Kassenlage abhängen, ob wir Kindern und Jugendlichen ein menschenwürdiges Dasein mit Teilhabe an der Gemeinschaft zugestehen, sagte er. Katholische Verbände fordern eine Erhöhung der Sätze um 20 bis 40 Euro je nach Altersstufe.[