Koalitionskrach über Opel, Steuern und Präsident

Berlin (dpa) - Koalitionskrach ohne Ende: Der Streit um einen sozial ausgewogenen Sparkurs läuft der schwarz-gelben Koalitionsspitze zunehmend aus dem Ruder. Zwischen Union und FDP brach außerdem der Konflikt über Hilfen für den angeschlagenen Autohersteller Opel offen aus.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte sich offen gegen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), der im Gegensatz zu ihr Hilfen für Opel ablehnt. Gleichzeitig zeichnet sich weiterhin keine Lösung in der Gesundheits- und Atompolitik ab.

Am Abend forderte Merkel die schwarz-gelbe Koalition mit einem Machtwort dazu auf, das Sparpaket so anzunehmen, wie es das Bundeskabinett vorgelegt hat. «Ich habe entschieden unter Beachtung aller Umstände, dass dieses Programm, so wie wir es auf den Tiscfh gelegt haben, ein ausgewogenes, ein richtiges Programm ist», sagte sie vor dem CDU-Wirtschaftsrat. «Wie soll Vertrauen bei den Menschen entstehen? Deshalb werbe ich dafür, es so zu nehmen, wie es ist.»

Doch mit den scharfen Differenzen in der Causa Opel dürfte der Koalitionsstreit auch auf diesem Feld weiter an Dynamik gewinnen. Brüderle hatte am Mittwoch eine Milliarden-Bürgschaft des Staates für Opel abgelehnt. Kurz darauf kündigte Merkel an, sie werde am Donnerstag mit den Ministerpräsidenten der Opel-Länder Hessen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz darüber beraten, wie der Tochter des US-Konzerns General Motors geholfen werden kann. Merkel sagte: «Es ist klar, dass in der Koalition über diese Fragen unterschiedliche Meinungen herrschen. Das ist nicht erst seit gestern so.» Die Entscheidung Brüderles sei Ausdruck dieser Differenzen.

Kurz nach der Einigung auf das 80-Milliarden-Sparpaket bis 2014 mit einem Fokus auf Sozialeinschnitten kam am Mittwoch aus der Union der Ruf nach einer stärkeren Belastung von Spitzenverdienern. Die FDP verlangte ein Machtwort von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen Steuererhöhungen. In einer Umfrage fiel die FDP auf nur noch fünf Prozent der Stimmen. Die SPD warf der Koalition vor, eine «neue Steuerlüge» vorzubereiten.

Drei Wochen vor der Wahl des Bundespräsidenten droht die Debatte um Sparkurs, Gerechtigkeit und Steuern zur Belastung für den schwarz- gelben Kandidaten für das höchste Staatsamt, den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU), zu werden. In der FDP gab es Stimmen, die ein Ja zu Wulff am 30. Juni vom Verzicht auf Steuererhöhungen abhängig machten. Wulff selbst stellte klar, dass er sein Regierungsamt behalten will, sollte er trotz der schwarz-gelben Mehrheit in der Bundesversammlung unterliegen.

Bundestagspräsident Norbert Lammert und selbst der CDU- Wirtschaftsflügel kritisierten das Sparpaket der Regierung als sozial unausgewogen. Der Wirtschaftsrat ist unter Bedingungen offen für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte vor grundsätzlichen Änderungen am Sparpaket: «Wir haben ein ausgewogenes Programm.» Auch mit Blick auf die FDP sagte er: «Man muss wissen, was man dem anderen zumuten kann.» Für kleine Korrekturen sei er aber offen. Bundesbank- Präsident Axel Weber nannte den Sparkurs der Regierung alternativlos. Schwarz-Gelb müsse noch mehr sparen, auch wenn dies «heftige Sperrfeuer» auslösen würde.

Lammert sprach sich in der «Rheinischen Post» für eine parlamentarische Initiative für ein ausgewogeneres Sparpaket aus. Die Vorschläge der Koalition seien notwendig, träfen aber viele Bezieher mittlerer und kleiner Einkommen und von Hartz-IV-Leistungen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) erteilte dem Vorstoß postwendend eine Absage. «Steuererhöhungen wurden unter den Koalitionsspitzen bei den Beratungen des Zukunftspakets ausgeschlossen», sagte er der «Südwest Presse» (Donnerstag). Auch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt wandte sich gegen eine höhere Einkommensteuer für Spitzenverdiener. «Wir haben heute schon erhebliche Steuersätze bis zu 45 Prozent», sagte er N24.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch stellte sich hinter das Sparpaket der Regierung. «Programme dieser Art sind zu loben und nicht zu zerreden», sagte er beim CDU-Wirtschaftsrat.

FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger forderte: «Wir erwarten von der Führung der Union, dass sie das Konzept, das wir gemeinsam vorgelegt haben, auch gemeinsam vertritt.» Steuererhöhungen gehörten ausdrücklich nicht dazu. «Wir lassen nicht zu, dass einfach FDP- Positionen abgeräumt werden.»

Homburger dementierte einen Zusammenhang zwischen der Präsidenten- Wahl und der Debatte über Steuererhöhungen: «Wir haben keinerlei Gegengeschäft gemacht.» Es gebe keine Überlegungen, die Besetzung des höchsten Staatsamts mit einer Haushaltsfrage zu verbinden.

Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn drohte indirekt mit einem Nein zu Wulff, falls die Union seine Partei weiter attackiert. «Die bürgerliche Mehrheit für Wulff in der Bundesversammlung ist nicht sicher, solange unter den Wahlleuten der FDP das Unbehagen über die Union groß ist», sagte er dem «Rheinischen Merkur» (Donnerstag). «Das Gerede über Steuererhöhungen muss ein Ende haben.»

Die SPD hielt der Union vor, sie wolle die FDP bis zur Wahl des Bundespräsidenten ruhig stellen. Merkel werde alles vermeiden, was die Unterstützung Wulffs durch die FDP gefährden könne, sagte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. «Am 1. Juli geht dann sofort die Debatte um Steuererhöhungen los.»

Sparpaket: http://dpaq.de/Tpl2y

Geplante Einsparungen im Überblick: http://dpaq.de/C7aw6

Grundgesetz mit neuer Schuldenbremse: http://dpaq.de/MOpLY

Haushalt / Steuern
09.06.2010 · 21:23 Uhr
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