«Kampf gegen Nebelgeister» - EHEC erschüttert Ärzte

Kiel (dpa) - Salat und Gurken gibt es nicht an der Essensausgabe beim Deutschen Ärztetag. Sonst ist EHEC offiziell kein Thema des Medizinergipfels, der ausgerechnet im dramatisch betroffenen Norden stattfindet. Doch die EHEC-Fälle steigen rapide - und damit auch die Sorgen der Ärzte, wie in Kiel am Rand überdeutlich wird.

«Es ist erschütternd, dass es die Gurken doch nicht sein sollen», sagt Claus Vogel, der eine Arztpraxis in Leipzig hat. Inzwischen ist klar: Die Erreger, die auf spanischen Gurken gefunden wurden, stammten von einem anderen EHEC-Typ als den derzeit in Deutschland grassierenden. Die EU-Staaten machen Druck auf Deutschland, den Grund für die Seuche aufzuklären. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will gar nichts ausschließen. Der Leipziger Arzt Vogel meint, angesichts der schwierigen Suche sei es normal, dass die Quelle unklar sei. «Man kann nur hoffen, dass schnell etwas gefunden wird.»

Volker von der Damerau hat in seiner Hausarztpraxis in Stade bereits eine EHEC-Patientin - die schwere Komplikation HUS blieb ihr bislang erspart. «Wir kämpfen gegen Nebelgeister, die man nicht sehen kann», sagt er. «Wir wundern uns alle, wie wenig es gelingt, die Infektionsquelle zu orten.»

Der Allgemeinmediziner meint, als Arzt erfahre man von neuen Entwicklungen mehr aus der Presse als über die normalen Strukturen des Berufsstandes. Doch sei dies angesichts der sich schnell verändernden Lage auch nicht verwunderlich. «Alles ist sehr vage, wenig greifbar, es gibt auch wenig offiziellen Meinungen.» Deshalb stehe EHEC wohl auch nicht auf der Tagesordnung des Ärztetags.

Barbara Detscher, Ärztin in der Pfalz, sagt: «Man muss Panik vermeiden.» Verdachtspatienten müssten auch ein Stück weit beruhigt werden - bis der Bescheid über EHEC da sei. Und: Im Gesundheitswesen seien derzeit eher ungewöhnliche Übungen angezeigt. «Wir müssen uns gegenseitig aushelfen, auch unter den Kliniken und uns auch mit Konkurrenzkliniken rasch einigen.»

Gurken, Tomaten, Salat? «Hier oben esse ich kein rohes Gemüse», sagt der Leipziger Mediziner Eberhard Keller. Auch der Schweizer Arzt Max Giger aus Winterthur verzichtet darauf lieber - aber Sorgen von Freunden daheim, weil er ins «EHEC-Krisengebiet» fahren wollte, fand er übertrieben. Der Präsident der Ärztekammer Tirol, Artur Wechselberger, macht keine Abstriche bei der Speisenwahl in Schleswig-Holstein. «Ich gehe davon aus, dass die Restaurants ihr Angebot verantwortungsbewusst erstellen.»

Der Berliner Kinderarzt Wolfram Singendonk erzählt von einem Kollegen mit einem akuten EHEC-Fall unter den Patienten. «Wer einen befallenen Patienten hat, ringt teils verzweifelt damit, ihn durchzubringen.» Leider könne kein Arzt betroffenen Patienten sagen, welchen Verlauf die Krankheit nehmen werde. «Das ist eine fürchterliche Geschichte.» Den letzten von drei eigenen EHEC-Fällen hatte Singendonk vor 17 Jahren in Behandlung. «Heute ist der junge Mann 21 Jahre alt, bleibende Schäden hat er nicht - dem geht's gut.»

Gesundheit / Infektionen / Ärzte
01.06.2011 · 22:52 Uhr
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