Insolvenzzahlen im November überraschend niedrig: Nur eine Atempause?
Die deutschen Insolvenzzahlen sind im November bemerkenswert gesunken und liegen erstmals seit dreieinhalb Jahren unter dem Vorjahresniveau. Experten des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) warnen jedoch, dass dies keine Trendwende darstellt, sondern eher eine kurze Atempause. Im November meldeten 1.293 Unternehmen Insolvenz an, was einem Rückgang von 17 Prozent im Vergleich zum Oktober und drei Prozent gegenüber November 2024 entspricht. Dennoch liegen die aktuellen Zahlen um 46 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.
Laut Steffen Müller, Leiter der Insolvenzforschung beim IWH, sind die hohen Insolvenzzahlen der letzten Jahre größtenteils auf die Nachwirkungen der Pandemie zurückzuführen. Inzwischen sei das anhaltend hohe Niveau jedoch stärker durch die schwächelnde Wirtschaftslage und stark steigende Kosten bedingt. Der Anstieg der Insolvenzen zeigt sich branchenübergreifend.
Nach einer Prognose der Wirtschaftsauskunftei Creditreform könnte die Zahl der Unternehmensinsolvenzen bis Ende des Jahres auf 23.900 steigen, was einem Plus von mehr als acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspräche. Besonders betroffen sind das Hotel- und Gastgewerbe, die Baubranche und Projektentwickler. Geografisch gesehen sind die südlichen Regionen Deutschlands, vor allem Bayern und Baden-Württemberg, besonders betroffen. Die Krise in diesen Landesteilen sei laut Müller strukturell und beeinflusst von Problemen im Maschinenbau und der Automobilzulieferung. Zudem hat der Osten Deutschlands, obwohl von einem niedrigen Niveau ausgehend, signifikante Zuwächse bei den Insolvenzen verzeichnet.
Die erhöhte Zahl der Insolvenzen führt auch zu einem Anstieg der betroffen Arbeitsplätze. Das IWH prognostiziert für das laufende Jahr etwa 170.000 gefährdete Stellen, während es vor der Pandemie weniger als 100.000 waren.

