Hotels gegen Booking.com: Europas Hotellerie fordert Entschädigungen
Über 10.000 Hotels haben sich zusammengefunden, um Schadensersatzforderungen gegen das führende Hotelbuchungsportal Booking.com zu erheben. Sie werfen der Plattform vor, sie über Jahre daran gehindert zu haben, Zimmer zu günstigeren Konditionen direkt anzubieten. Diese Initiative, unterstützt von der europäischen Hotelallianz Hotrec und über 30 nationalen Verbänden wie dem Hotelverband Deutschland (IHA), könnte eine der bedeutendsten rechtlichen Auseinandersetzungen der Branche werden.
Im Zentrum des Streits stehen die sogenannten Bestpreisklauseln, die Hotels lange dazu verpflichteten, ihre Zimmer nicht günstiger als auf Booking.com anzubieten, auch nicht auf ihrer eigenen Website. Aus Sicht der Hotelverbände haben diese Klauseln die unabhängige Preisgestaltung der Betriebe beschnitten und den Wettbewerb verzerrt. Alessandro Nucara, Generaldirektor des italienischen Verbands Federalberghi, betont die Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens zur Wiedergutmachung.
Zwar bestreitet Booking.com, eine formelle Klage erhalten zu haben, weist aber auch die rechtlichen Argumente der Hotelverbände zurück – inklusive einer vermeintlichen Auslegung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs aus dem September 2024. Laut Hotrec beziehen sich die Forderungen auf die Jahre 2004 bis 2024. Anbieter können risikolos und kostenlos teilnehmen, weshalb die Anmeldefrist aufgrund der enormen Resonanz bis Ende August verlängert wurde.
Der EuGH entschied im September 2024, dass Preisbindungsklauseln grundsätzlich gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen können. Diese Entscheidung, die noch einer genauen Klärung durch ein Gericht in Amsterdam bedarf, war eine deutliche Unterstützung für die Hotellerie. Seither betont Booking.com die Freiheit der Hotels, ihre Vertriebsstrategie zu gestalten, und sieht sich als wertvollen Partner im Hinblick auf Marketing und Sichtbarkeit.
Die Diskussion über Bestpreisklauseln ist nicht neu. Nachdem das Bundeskartellamt bereits 2013 gegen derartige Praktiken des Anbieters HRS vorgegangen war, folgten 2015 ähnliche Verfahren gegen Booking.com und Expedia. In einem bemerkenswerten Fall, der diesen Debatten Schub verlieh, erlebte der Präsident des Bundeskartellamts persönlich, wie er im Hotel am Chiemsee für eine weitere Nacht mehr zahlen sollte als online angegeben. Daraufhin nahmen die Behörden die Klauseln unter die Lupe.
In Deutschland herrscht seitdem ein verändertes Wettbewerbsumfeld, das den Reisemarkt vielfältiger und günstiger gestaltet. Trotz der Vorteile, die Online-Plattformen mit sich bringen, bleibt die Marktmacht großer Anbieter ein umstrittenes Thema. Eine Studie von Hotrec und der Fachhochschule Westschweiz Wallis zeigt, dass 29,1 Prozent aller Übernachtungen in Europa über OTAs wie Booking.com abgewickelt werden. Im OTAs-Segment dominiert Booking.com mit einem Marktanteil von 71 Prozent, während Direktbuchungen einen höheren Anteil am Gesamtmarkt ausmachen.

