Hollandes Sozialisten wollen Le Pens FN ausbremsen
Paris (dpa) - Frankreichs Sozialisten wollen nach ihrem historischen Wahlsieg unbedingt Mandate für die rechtsextreme Front National im Parlament verhindern.
Sozialisten-Chefin Martine Aubry kündigtesogar den Rückzug des eigenen Kandidaten im Wahlkreis Vaucluse an, wo die Enkelin von FN-Gründer Jean-Marie Le Pen mit 34,6 Prozent an der Spitze liegt. Im Rennen gegen die 22-jährige Marion Maréchal-Le Pen soll nun der konservative UMP-Kandidat linke Unterstützung erhalten. Die zweite Runde der Wahlen zur Nationalversammlung findet an diesem Sonntag statt.
Die Sozialistische Partei (PS) von Präsident François Hollande war in der ersten Wahlrunde klar stärkste Kraft geworden. Auf die konservativ-rechte UMP des abgewählten Staatschefs Nicolas Sarkozy wartet dagegen der bittere Gang in die Opposition. Es wäre das erste Mal, dass in Frankreich eine linke Partei den Präsidenten stellt und zugleich die Mehrheit in beiden Parlamentskammern hat.
Obwohl auch die rechtsextreme Front National (FN) zulegte, dürfte sie wegen des Verhältnis-Wahlrechts künftig aber kaum mehr als zwei bis drei Abgeordnete stellen. Nach Angaben des Senders «Europe 1» kann sie angesichts ihres landesweiten Stimmanteils von 13,6 Prozent nun aber jährlich auf die staatliche Wahlkampfkosten-Rückerstattung auf etwa fünf Millionen Euro zählen. In Frankreich gilt das absolute Mehrheitswahlrecht, das kleinere Parteien ohne Bündnispartner wie die FN stark benachteiligt. FN-Parteichefin Marine Le Pen gelang aber ein Prestigeerfolg: Sie setzte sich in ihrem Wahlkreis gegen Linksfront-Führer Jean-Luc Mélenchon durch.
Die PS kam nach Zahlen des Innenministeriums auf 29,4 Prozent der Stimmen. Direkte Verbündete eingeschlossen kann sie mit 283 bis 329 Mandaten rechnen. Die erste Parlamentskammer hat 577 Sitze, die absolute Mehrheit liegt damit bei 289 Abgeordneten. Sie versuchte, am Montag durch strategische Wahlbündnisse ihren Erfolg abzusichern. Sorgen bereitete jedoch das schlechte Abschneiden der früheren Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal - ihre Chancen am Sonntag werden durch einen sozialistischen Gegenkandidaten geschmälert.
Die Grünen gewannen in der ersten Wahlrunde 5,5 Prozent und dürften den Prognosen zufolge auf 12 bis 18 Sitze kommen. Sollten die Sozialisten eine Koalition eingehen müssen, sind sie als Bündnispartner gesetzt. Die Union für eine Volksbewegung (UMP) des am 6. Mai abgewählten Sarkozy rutschte erdrutschartig ab. Sie bekam nur 27,1 Prozent der Stimmen im Vergleich zu 39,5 Prozent im Jahr 2007. Da die UMP über keine Koalitionsmöglichkeiten verfügt, wird sie erstmals seit 2002 wieder auf die Oppositionsbank müssen. Sie wird zusammen mit direkten Verbündeten bei 210 bis 263 Sitzen gesehen.
An den extremen Rändern des politischen Spektrums holte das Linksbündnis Front de Gauche landesweit 6,9 Prozent der Stimmen. Es kann mit 13 bis 19 Mandaten rechnen. In den meisten Wahlbezirken kommt es am kommenden Sonntag zur zweiten Wahlrunde. Erst danach wird die Sitzverteilung in der ersten Parlamentskammer endgültig feststehen. Die Wahlbeteiligung in der ersten Runde lag bei nur 57 Prozent und damit um mehr als 20 Prozentpunkte niedriger als bei der zweiten Runde der Präsidentenwahl vor fünf Wochen.