Hintergrund: Deutsches Parlament redet in der EU mit
- Vereinfachte Vertragsänderung: Der Lissabon-Vertrag kann in zentralen Politikfeldern wie Binnenmarkt oder Wirtschafts- und Währungsunion im vereinfachten Verfahren durch einstimmigen Ratsbeschluss geändert werden. Vor einer deutschen Zustimmung ist laut Urteil stets ein Gesetz notwendig.
- Brückenklauseln: Der Europäische Rat kann in mehreren Politikfeldern - etwa im Familienrecht mit grenzüberschreitendem Bezug - den Übergang von der Einstimmigkeit zum Mehrheitsprinzip beschließen. Damit verlöre Deutschland sein Vetorecht. Karlsruhe schreibt zwingend ein Gesetz oder, in einigen Fällen, eine vorherige Zustimmung von Bundestag und Bundesrat innerhalb einer bestimmten Frist vor. Das bisherige Ablehnungsrecht der nationalen Parlamente reicht nicht aus.
- Flexibilitätsklausel: Die EU kann sich per Ratsbeschluss neue Befugnisse verschaffen, die erforderlich sind, «um eines der Ziele der Verträge zu erreichen». Weil dies zu unbestimmt ist, schreibt Karlsruhe eine Ratifikation durch Bundestag und Bundesrat vor.
- Blankettermächtigung: Die EU darf Mindestvorschriften für besonders schwere, grenzüberschreitende Kriminalität erlassen. Was dazu gehört, ist dort aufgelistet, etwa Terrorismus, Drogenhandel oder Geldwäsche. Weil der Rat aber diesen Katalog «je nach Entwicklung der Kriminalität» erweitern darf, fordert Karlsruhe für solche Erweiterungen ein deutsches Gesetz.
- Notbremseverfahren: EU-Mitgliedsstaaten können den Europäischen Rat einschalten, wenn sie durch eine geplante Richtlinie grundlegende Aspekte ihrer eigenen Strafrechtsordnung berührt sehen. Eine solche Intervention ist laut Gericht nur auf Weisung von Bundestag und gegebenenfalls Bundesrat möglich.
- EU-Mitgliedsstaaten sind nicht verpflichtet, Streitkräfte für militärische Einsätze der EU bereitzustellen. Der deutsche Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze der Bundeswehr bleibt erhalten.