Gysi nennt Ramelow-Vorstoß würdelos

Berlin/Homburg (dpa) - Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, hat die Debatte über eine Nachfolge des an Krebs erkrankten Parteichefs Oskar Lafontaine als würdelos kritisiert.

«Wenn jemand ins Krankenhaus kommt, denkt man über alles Mögliche nach - aber nicht über dessen Nachfolge», sagte Gysi dem «Tagesspiegel am Sonntag». Der Partei müsse klar sein, dass sie trotz ihrer jüngsten Erfolge ohne Lafontaine immer noch verlieren könne. «Eine Nachfolgediskussion finde ich gegenwärtig völlig daneben.» Der 66-jährige Lafontaine hat nach Parteiangaben seine Prostatakrebs- Operation am Donnerstag in Homburg (Saarland) gut überstanden.

«Der Eingriff verlief erfolgreich», sagte Fraktionssprecher Hendrik Thalheim. «Ihm geht es den Umständen entsprechend gut.» Der Heilungsprozess entspreche den Erwartungen der Ärzte. Lafontaine und seine Frau Christa Müller haben die Medien um Zurückhaltung bei Anfragen gebeten, um Ruhe für die Genesung zu haben. Thalheim verwies darauf, dass auch Müllers 92-jährige Mutter akut krank sei.

Nach einem Bericht des Magazins «Focus» wurden auf Lafontaine Ende 2007 über mehrere Wochen vier Privatdetekteien angesetzt. Der Auftraggeber sei nicht bekannt. Thalheim sagte auf dpa-Anfrage am Sonntag, er habe starke Zweifel, dass die Geschichte stimme. So könne ein im «Focus» genannter Ort und Termin einer Ausspähung nicht stimmen, da Lafontaine zu diesem Zeitpunkt auf der Weihnachtsfeier der Bundestagsfraktion gewesen sei. Sollte sich die Ausspähung des Parteivorsitzenden durch Privatdetektive aber bewahrheiten, werfe das «ein bezeichnendes Licht» auf diese Gesellschaft.

Mit Blick auf Berichte in den Magazinen «Spiegel» und «Focus» über eine angebliche Liebschaft Lafontaines sagte Gysi: «Was man überhaupt nicht macht, ist Gerüchte zu verbreiten. Die wissen nichts. Entschuldigung, das geht nicht. Und jetzt noch Privatdetekteien, gibt es denn gar keine Grenzen mehr?»

Gysi sagte, er sei zuversichtlich, dass Lafontaine «der Bundesrepublik und unserer Partei auch politisch erhalten bleibt». Ohne Lafontaine drohe der Linken ein Bedeutungsverlust. Thüringens Vorsitzender Bodo Ramelow hatte sich für einen Generationswechsel an der Linken-Spitze stark gemacht und dafür einen Zeitraum von zwei Jahren ins Spiel gebracht. Gysi sagte: «Wir wissen doch selbst, dass es einen Generationswechsel geben muss. Aber den lassen wir uns nicht vorschreiben.»

Lafontaine hatte im Oktober auf den Vorsitz der Fraktion neben Gysi verzichtet und sich für eine nach Frau und Mann sowie Ost und West quotierte Doppelspitze in Partei und Fraktion ausgesprochen. Die nächste Parteivorstandswahl ist im Mai 2010. In der Bundestagsfraktion soll zunächst das Frauenplenum einen Vorschlag machen, ob eine Frau - und wenn, welche - Lafontaine als Co-Chef von Gysi nachfolgen soll. Das Frauenplenum tagt am Dienstag. Mit einer Entscheidung wird nicht mehr in diesem Jahr gerechnet.

Unterdessen forderten nach einem Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» Reformer der Partei die Beteiligung der Parteibasis an der Erarbeitung des Grundsatzprogramms, das 2011 verabschiedet werden soll. Ferner solle der «Dialog mit den linken Sozialdemokraten und auch mit den Grünen» geführt werden, um im Bund bei der nächsten Wahl 2013 eine linke Mehrheit zu erreichen. Gysi sagte, der Kontakt zur SPD werde sich in der Opposition verbessern. «Das wird wohl alles lockerer werden.» Der neue SPD-Chef Sigmar Gabriel sei «freundlich von Natur aus, und das ist schon wichtig». Allerdings müsse die Linke der SPD erst «Opposition beibringen».

Die Parteispitze hatte die Debatte über das künftige Parteiprogramm nach der Bundestagswahl eröffnet. Derzeit gelten noch die per Urabstimmung bei der Fusion der ostdeutschen Linkspartei und der westdeutschen Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) 2007 beschlossenen «programmatischen Eckpunkte».

Parteien / Linke / SPD
22.11.2009 · 17:59 Uhr
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