Geschlechterunterschied: Mädchen zeigen laut Studie weniger Wirtschaftswissen als Jungen
Eine kürzlich veröffentlichte Studie offenbart eine deutliche Kluft im Wirtschaftswissen zwischen Mädchen und Jungen – und das bereits in der Schulzeit. Die Untersuchung, die vom Forschungsinstitut für Finanzbildung durchgeführt wurde, wirft ein Schlaglicht auf die Unterschiede in der finanziellen Bildung und deren mögliche langfristige Folgen. Besonders alarmierend ist, dass diese Wissenslücke nicht nur ein Bildungsproblem darstellt, sondern auch später zu finanziellen Nachteilen führen kann, insbesondere für Frauen.
Ergebnisse der Studie im Detail
Die Studie, die unter anderem im Magazin Stern veröffentlicht wurde, basiert auf einer Umfrage unter Schülerinnen und Schülern im Alter von 14 bis 18 Jahren. Insgesamt wurden über 2.000 Jugendliche in Deutschland zu Themen wie Geldanlage, Sparen, Krediten und wirtschaftlichen Grundbegriffen befragt. Das Ergebnis ist ernüchternd: Jungen schnitten in nahezu allen Kategorien signifikant besser ab als Mädchen. Während 65 Prozent der Jungen grundlegende Konzepte wie Zinseszins korrekt erklären konnten, lag der Anteil bei den Mädchen nur bei 48 Prozent.
Ein weiterer auffälliger Punkt ist das Interesse an wirtschaftlichen Themen. Nur etwa 30 Prozent der befragten Mädchen gaben an, sich regelmäßig mit Finanzen oder Wirtschaft auseinanderzusetzen, während es bei den Jungen fast 50 Prozent waren. Die Forscherinnen und Forscher sehen hierin einen klaren Hinweis darauf, dass soziale Prägung und geschlechtsspezifische Erwartungen eine Rolle spielen könnten.
Mögliche Ursachen für die Wissenslücke
Warum aber zeigen Mädchen weniger Wissen und Interesse an wirtschaftlichen Themen? Die Studie deutet auf mehrere Faktoren hin. Zum einen wird Wirtschaftsunterricht in vielen Schulen nicht verpflichtend angeboten oder erst in höheren Jahrgängen eingeführt, wenn sich Interessen und Stärken bereits in andere Richtungen entwickelt haben. Zum anderen spielen gesellschaftliche Stereotype eine Rolle. Mädchen werden seltener ermutigt, sich mit Finanzen oder wirtschaftlichem Denken zu beschäftigen, während Jungen häufiger in diese Richtung gefördert werden.
Dr. Anna Weber, eine der leitenden Forscherinnen der Studie, betont:
Die Unterschiede im Wirtschaftswissen sind kein Zeichen von geringerer Intelligenz oder Fähigkeit bei Mädchen, sondern ein Spiegelbild der Erziehung und der schulischen Prioritäten. Finanzbildung muss frühzeitig und geschlechtsneutral vermittelt werden, um solche Lücken zu schließen.
Langfristige Folgen und gesellschaftliche Relevanz
Die festgestellten Unterschiede haben weitreichende Konsequenzen. Finanzielle Bildung ist ein Schlüssel für wirtschaftliche Unabhängigkeit. Wer bereits in jungen Jahren nicht mit grundlegenden Konzepten vertraut ist, hat es später schwerer, fundierte Entscheidungen über Geldanlagen, Kredite oder Altersvorsorge zu treffen. Besonders für Frauen kann dies zu einer Verschärfung bestehender Ungleichheiten führen, wie etwa dem Gender Pay Gap oder der höheren Gefahr von Altersarmut.
Statistiken des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass Frauen in Deutschland immer noch durchschnittlich 18 Prozent weniger verdienen als Männer. Fehlendes Wirtschaftswissen könnte diese Kluft noch verstärken, da Frauen seltener in der Lage sind, ihre finanziellen Interessen effektiv zu vertreten oder strategisch zu planen.
Ansätze zur Verbesserung
Die Studienergebnisse machen deutlich, dass Handlungsbedarf besteht. Einige konkrete Vorschläge, die aus der Untersuchung hervorgehen, könnten helfen, die Wissenslücke zu schließen:
- Frühzeitige Integration: Wirtschaftsunterricht sollte bereits in der Mittelstufe verpflichtend sein, um allen Schülerinnen und Schülern gleiche Chancen zu bieten.
- Lehrkräfte schulen: Lehrende müssen sensibilisiert werden, um geschlechtsspezifische Vorurteile zu vermeiden und alle Kinder gleichermaßen zu fördern.
- Eltern einbeziehen: Auch außerhalb der Schule sollten Eltern dazu ermutigt werden, mit ihren Kindern über Geld und Wirtschaft zu sprechen, unabhängig vom Geschlecht.
Die Studienergebnisse sind ein Weckruf. Finanzielle Bildung ist keine Nebensache, sondern eine Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Wenn Mädchen und Jungen frühzeitig und gleichberechtigt Zugang zu diesem Wissen erhalten, können nicht nur individuelle Chancen verbessert, sondern auch gesellschaftliche Ungleichheiten abgebaut werden.

