Expertin: Quoten-Frauen brauchen «dickes Fell»
Berlin (dpa) - Arbeitsministerin Ursula von der Leyen fordert eine gesetzliche Frauenquote für Top-Unternehmen. Bis 2018 sollen 30 Prozent des Vorstands weiblich sein. Was sich dadurch ändern würde, erklärt die Soziologin und Geschlechterforscherin Nina Degele von der Universität Freiburg.
Brauchen wir eine Frauenquote?
Degele: «Ja, weil die bisherigen Versuche, den Anteil von Frauen zu erhöhen, nicht funktioniert haben. Obwohl Frauen die Hälfte der Hochschulabsolventen stellen, finden wir in den Chefetagen von ihnen nur wenige. An ihrer Qualifikation liegt es also nicht, sondern an dem, was wir gläserne Decke nennen. Deshalb würde ich tendenziell sogar eher noch weiter nach oben gehen bis auf 40 Prozent.»
Würden durch die Quote möglicherweise Frauen wiederum Frauen einstellen, so dass ihr Anteil weiter in die Höhe geht?
Degele: «Davon gehe ich aus. Das ist ja so diese Befürchtung, die von Männern an die Wand gemalt wird. Da steckt ein wahnsinniger Minderwertigkeitskomplex dahinter, wenn Männer sich nur sicher fühlen, wenn sie in einer 70- oder 80-Prozent-Mehrheit sind.»
Müssen sich Quoten-Frauen auf Widerstand einstellen?
Degele: «Ich denke schon. Die werden ein dickes Fell brauchen. In dem Moment, wo eine mächtige Partei Macht abgeben soll, reagieren viele verschnupft. Da brauchen sie dann Sündenböcke, an denen sie es ausleben können.»
Was würde sich ändern, wenn mehr Frauen im Vorstand wären?
Degele: «Zum einen, dass mehr Frauen insgesamt sichtbar wären. Diese Selbstverständlichkeit der grauen und der dunkelblauen Anzüge wäre schonmal gebrochen. Gleichzeitig wäre damit - auch wenn es paradox klingt - ein Stück Unsichtbarkeit hergestellt. Nämlich, dass bei mehreren Frauen nicht nur eine allein im Blick von allen steht.»