Lage im Überblick

Europäer verhandeln mit Iran über Atomprogramm

20. Juni 2025, 08:20 Uhr · Quelle: dpa
Abgefangene Raketen am Himmel über Israel
Foto: Ohad Zwigenberg/AP/dpa
Erneut meldet Israels Militär Raketen- und Drohnenangriffe aus dem Iran.
Angesichts einer möglichen Beteiligung der USA an Israels Krieg mit dem Iran wollen Deutschland, Frankreich und Großbritannien zur Deeskalation beitragen. Lenkt Teheran im Atomstreit ein?

Genf/Tel Aviv/Teheran (dpa) - Während der Krieg zwischen Israel und Iran in die zweite Woche geht, wollen sich drei europäische Außenminister heute bei einem Treffen mit ihrem iranischen Kollegen in Genf um Deeskalation bemühen. Ein Ziel von Johann Wadephul (Deutschland), Jean-Noël Barrot (Frankreich) und David Lammy (Großbritannien) ist es, den Iran zum Einlenken bei seinem Atomprogramm zu bewegen und von Kernwaffen fernzuhalten.

Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas will an dem Treffen mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi teilnehmen. Bei den Europäern dürfte die Hoffnung mitschwingen, einen diplomatischen Impuls zu setzen - unter dem Eindruck der noch offenen Entscheidung darüber, ob die USA aktiv in den Krieg eintreten oder nicht.

Trump: Entscheidung über Kriegseintritt innerhalb von zwei Wochen 

Trump hatte seine Sprecherin Karoline Leavitt erklären lassen, er wolle innerhalb der nächsten zwei Wochen darüber entscheiden, ob die USA als wichtigster Verbündeter Israels in den Krieg gegen den Iran eingreifen werden. Dies geschehe vor dem Hintergrund, dass es eine «beträchtliche Chance» für Verhandlungen gebe, die in naher Zukunft mit dem Iran stattfinden könnten, sagte er am Vortag der geplanten Verhandlungen in Genf. 

Erneut gegenseitige Angriffe 

Unterdessen setzen Israel und der Iran ihre gegenseitigen Angriffe fort. Die israelische Luftwaffe griff in der Nacht nach eigenen Angaben mit 60 Kampfflugzeugen erneut Dutzende Ziele an, darunter im Raum Teheran militärische Anlagen zur Herstellung von Raketen sowie das Hauptquartier einer Forschungseinrichtung des iranischen «Atomwaffenprojekts». Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden. 

Zeitgleich seien insgesamt vier von Iran auf Israel abgefeuerte Drohnen abgefangen worden, teilte die Armee auf Telegram weiter mit. Am Morgen griff der Iran zudem erneut mit Raketen an. Laut dem Rettungsdienst wurden fünf Menschen beim Einschlag eines Geschosses neben mehreren Wohnblocks in Beerscheva leicht verletzt. An den Häusern entstanden Medien zufolge starke Schäden.

Das US-Militär unterstützt Israel bei seiner Verteidigung, beteiligt sich bislang aber nicht an den Angriffen auf den Iran, wie in Washington betont wird. Trump habe deutlich gemacht, dass er immer diplomatische Mittel bevorzuge, sagte seine Sprecherin. Er scheue sich aber auch nicht, nötigenfalls Stärke zu zeigen. Der Iran und die Welt sollten wissen, dass das US-Militär das stärkste der Welt sei.

Außenminister der USA und Großbritanniens beraten sich - auch mit Frankreich

Unmittelbar vor den heutigen europäischen Verhandlungen mit dem Iran in der Schweiz tauschte sich der britische Außenminister Lammy in Washington noch mit seinem US-Kollegen Marco Rubio aus. Die beiden Außenminister seien sich darin einig gewesen, dass der Iran niemals Atomwaffen haben dürfe, teilte eine Sprecherin des US-Außenministeriums mit. Außerdem gab es laut US-Außenministerium ein Telefonat zwischen Rubio und dem französischen Außenminister Barrot - ebenfalls zur Situation in Nahost. Man wolle weiter eng kooperieren, um sicherzustellen, dass der Iran niemals Nuklearwaffen entwickelt oder in den Besitz kommt, hieß es im Anschluss.

Erklärtes Kriegsziel der Atommacht Israel ist es, den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern und gegen sein Raketenarsenal vorzugehen. Dabei dementiert Teheran seit Jahren, den Bau von Kernwaffen anzustreben - und pocht auf das Recht, Atomkraft für friedliche Zwecke zu nutzen. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu zeigt sich jedoch unbeirrt.

Netanjahu: Können alle Atomanlagen im Iran erreichen

Israel habe die notwendigen Fähigkeiten, um alle Atomanlagen im Iran zu erreichen, antwortete Netanjahu dem israelischen TV-Sender Kan auf die Frage, ob ein erfolgreicher Angriff auf die wichtige unterirdische Atomanlage Fordo auch ohne Hilfe der USA möglich wäre. Viele Experten sind dagegen der Auffassung, dass Israel auf die Unterstützung des US-Verbündeten angewiesen wäre, um dem Fordo-Komplex einen vernichtenden Schlag zu versetzen.

Unter den westlichen Staaten verfügen nach allem, was bekannt ist, nur die USA mit ihren sogenannten Bunkerbrecher-Bomben über ausreichend schlagkräftige Waffen, um die tief in einem Berg gelegene Anlage zur Urananreicherung zu zerstören.

Seit Tagen richtet sich denn auch der Fokus auf die Frage, wie sich die USA verhalten werden. Zum Raketenarsenal des Irans sagte Netanjahu, Israel habe etwa die Hälfte aller Abschussrampen getroffen. Letztlich sei es nicht so wichtig, wie viele Raketen der Iran habe, sondern wie viele Abschussrampen, sagte der rechtskonservative Regierungschef dem Sender Kan. 

Deutschland verlangt vom Iran eindeutige Signale 

Wadephul hatte am Wochenende bei einer Reise nach Saudi-Arabien, Katar und Oman für eine konzertierte Aktion der Europäer mit arabischen Nachbarstaaten des Irans geworben, die zur Deeskalation führen soll. Unter anderem verlangte er, Teheran müsse sich zum Atomwaffensperrvertrag bekennen und eindeutig Abstand von einer nuklearen Bewaffnung und einem Programm zur Entwicklung ballistischer Raketen nehmen, die Israel und Europa bedrohen könnten. Der Atomwaffensperrvertrag verbietet es Ländern, die keine Atomwaffen haben, sich diese zu verschaffen. Bislang hat nur Nordkorea den Vertrag aufgekündigt.

Merz mahnt bei Netanjahu diplomatische Lösung an

Am Mittwochabend mahnte auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) in einem Telefonat mit Netanjahu eine diplomatische Lösung an. Merz habe Verständnis für die Bedrohungslage Israels geäußert und darauf gepocht, dass das iranische Atomprogramm eingestellt und der Konflikt unter Kontrolle gebracht werden müsse, hieß es aus deutschen Regierungskreisen.

Nach Aussagen eines Ex-Kommandeurs der mächtigen Revolutionsgarden, der Elitestreitmacht im Iran, hatte die Staatsführung in Teheran bereits im März mit einem Krieg gerechnet. In Erwartung dessen sei vor dem Großangriff des Erzfeindes Israel hochangereichertes Uran in Sicherheit gebracht worden. «Wir haben vorher alle Materialien weggeschafft», sagte der frühere Kommandeur und Generalmajor Mohsen Resai in einem TV-Interview.

Netanjahu: Umsturz im Iran muss von Bevölkerung ausgehen

Einen Umsturz im Iran verfolgt Israels Ministerpräsident Netanjahu nach eigenen Aussagen indes nicht als unmittelbares Kriegsziel. «Der Sturz des Regimes ist zuallererst eine Angelegenheit des iranischen Volkes», sagte er dem Sender Kan. Deswegen habe er dies nicht als Kriegsziel ausgerufen. Ein Umsturz im Iran könne aber ein Ergebnis des Krieges sein, so Netanjahu.

Spekuliert wird, dass Israel mit seinen gezielten Angriffen auf Machtsymbole der Islamischen Republik womöglich einen Umsturz im Iran herbeiführen will. Verteidigungsminister Israel Katz betonte zuletzt, dass im Laufe des Krieges weitere Symbole des staatlichen Machtapparats angegriffen würden. «So brechen Diktaturen zusammen», schrieb Katz auf der Plattform X. Zuletzt griff Israel während einer Live-Sendung etwa den iranischen Staatssender IRIB an. 

Wie Europa und die USA bisher im Atomkonflikt verhandelt haben

Deutschland, Frankreich und Großbritannien verhandeln seit Jahren mit dem Iran im sogenannten E3-Format über dessen Atomprogramm. Trump rief den Iran in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu Verhandlungen über ein Ende der Urananreicherung auf. Es gab Gesprächsrunden von iranischen und amerikanischen Unterhändlern in Oman und in Rom.

Eine Resolution der internationalen Atomenergieagentur IAEA stellte am 12. Juni fest, dass der Iran nicht sein gesamtes Atomprogramm offengelegt habe. Am 13. Juni begann Israel mit Angriffen auf iranische Ziele. Eine für den 15. Juni vorgesehene weitere Runde von Atomgesprächen zwischen dem Iran und den USA wurde daraufhin abgesagt.

Krieg / Konflikte / Diplomatie / Bundesregierung / Nahost / Iran / Israel / Deutschland / Frankreich / Großbritannien / USA
20.06.2025 · 08:20 Uhr
[0 Kommentare]
Matthias Miersch (Archiv)
Berlin - SPD-Fraktionschef Matthias Miersch kritisiert nach dem Gespräch der Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, Frauke Brosius-Gersdorf, mit Vertretern der katholischen Kirche Rücktrittsforderungen an die Kandidatin aus der Union und erwartet, dass die Koalitionspartner sich ein Beispiel an den Kirchenleuten nehmen. "Es verdient Respekt, dass hochrangige Vertreter der katholischen Kirche […] (00)
vor 10 Minuten
Kate Beckinsale
(BANG) - Kate Beckinsale fühlt sich nach dem Tod ihrer Mutter Judy Loe "wie gelähmt". Die Schauspielerin hatte sich um ihre Mutter gekümmert, nachdem bei dieser im vergangenen Jahr Stadium-IV-Krebs diagnostiziert wurde. Nach Judys Tod am Dienstag (15. Juli) im Alter von 78 Jahren ist die Britin am Boden zerstört. Die traurige Nachricht teilte Kate auf Instagram. "Ich möchte das hier nicht posten. […] (00)
vor 3 Stunden
Gaming
Berlin (dpa) - Nach einer Durststrecke von mehr als zwei Jahren können Deutschlands Entwickler von Computer- und Videospielen wieder auf starke staatliche Unterstützung hoffen. Das für Games zuständige Bundesforschungsministerium in Berlin gab bekannt, dass sich die Firmen ab August wieder umfassend auf Fördergeld bewerben können. Wegen knapper Kassen hatte die Bundesregierung im Mai 2023 einen […] (00)
vor 23 Minuten
GTA 6-Verkauf soll irre Summe von 7,6 Milliarden Dollar in 60 Tagen einspielen
7,6 Milliarden US-Dollar in nur zwei Monaten – so hoch schätzt das Investmentunternehmen Konvoy die potenziellen Einnahmen von Grand Theft Auto VI (GTA 6) ein. Und das ist nur der Anfang. Laut einem aktuellen Analysebericht steht uns nicht nur die größte Spieleveröffentlichung aller Zeiten bevor, sondern auch ein Wendepunkt im Online-Gaming. Die Quelle dieser spektakulären Prognose ist der […] (00)
vor 1 Stunde
«Hol dir deine Show!»: MDR setzt Regional-Live-Event fort
Julia Krüger und Peter Imhof moderieren on Location und wollen eine Lagerfeueratmosphäre vor lokalem Hintergrund schaffen. Nach der erfolgreichen Premiere in Trebitz, einem Ortsteil von Bad Schmiedeberg, geht die neue MDR-Live-Showreihe Hol dir deine Show! in die zweite Runde – und zieht weiter nach Beuster in der Altmark. Am 25. Juli um 20.15 Uhr sendet das MDR-Fernsehen live aus dem 200-Seelen-Ort in Sachsen-Anhalts Norden – direkt vom […] (00)
vor 3 Stunden
Christian Wück
Basel (dpa) - Der Titeltraum lebt noch. Eine Woche lang hat Christian Wück nun die tiefen Risse in der Überzeugung und auch in der Abwehr kitten müssen. Die deutschen Fußballerinnen gehen als Außenseiter in das EM-Viertelfinale gegen Frankreichs bislang furios auftretendes Team. Kriegt der Bundestrainer bei seiner Turniertaufe mit den Frauen die Kurve? «Wir haben die Französinnen gut analysiert […] (00)
vor 55 Minuten
Swatch bricht in Gewinn ein – Druck von Aktivisten auf Verwaltungsrat wächst
Der Schweizer Uhrenhersteller Swatch Group hat im ersten Halbjahr einen Gewinneinbruch von fast 90 Prozent hinnehmen müssen. Der Reingewinn sank von 147 Mio. auf lediglich 17 Mio. Franken. Hauptgrund für den Rückgang ist das schwache China-Geschäft, das insbesondere im Großhandel mit einem Umsatzrückgang von über 30 Prozent belastete. Im Einzelhandel lagen die Rückgänge bei 15 Prozent. Der […] (00)
vor 1 Stunde
Schüco beteiligt sich an Asset Transformation GmbH
Bielefeld, 18.07.2025 (PresseBox) - Die Gebäudesanierung und -instandhaltung sind wichtige Aufgaben und Herausforderungen unserer Zeit. Schätzungen der Europäischen Kommission zufolge werden 85 bis 95 Prozent der heutigen Gebäude auch im Jahr 2050 noch stehen und müssen energetisch saniert werden. Um Investoren ein ganzheitliches Lösungsangebot für den Sanierungsprozess von Gebäudehüllen zu […] (00)
vor 1 Stunde
 
Neubauten (Archiv)
Wiesbaden - Im Mai 2025 wurde in Deutschland der Bau von 16.800 Wohnungen genehmigt. Wie das […] (00)
Sommer-Pressekonferenz von Bundeskanzler Friedrich Merz
Berlin (dpa) - Kanzler Friedrich Merz hat trotz eines aufreibenden Starts von Schwarz-Rot eine […] (00)
Industrieanlagen in den USA (Archiv)
Berlin - Die Ökonomin Ulrike Malmendier, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der […] (00)
Mönche in Thailand
Bangkok (dpa) - Ein Skandal um buddhistische Mönche hat in Thailand Schockwellen ausgelöst: […] (02)
Steuerfalle Bitcoin: Wie der Staat an Ihren Kryptogewinnen mitverdient
Der neue Bitcoin-Reichtum hat einen Haken Die Rallye kam schneller, als selbst eingefleischte […] (00)
Die Atombombe ist geplatzt: Bethesda arbeitet laut Insidern bereits an Fallout 5
In den heiligen Hallen von Bethesda, wo derzeit noch an The Elder Scrolls 6 und einem neuen […] (00)
«Stillwater» geht am 1. August weiter
Der Streamingdienst Apple hat einen Trailer veröffentlicht. Apple TV+ hat den offiziellen Trailer zur […] (00)
Tour de France - nach tödlichem Unfall von Samuele Privitera
Berlin (dpa) - Der Radsportler Samuele Privitera ist bei einem Nachwuchsrennen in Norditalien […] (05)
 
 
Suchbegriff