Europa vor Wachstumsherausforderung: Produktivität als Schlüssel zum Erhalt des Lebensstandards
Die Europäische Union steht vor der Herausforderung, ihre Produktivität zu steigern, um in einer sich wandelnden globalen Wirtschaftslandschaft bestehen zu können. Andernfalls drohe der Verlust des einzigartigen europäischen Lebensstils, so die Warnung von Kristalina Georgieva, der Leiterin des Internationalen Währungsfonds (IWF). In einem Gespräch mit Euronews betonte Georgieva die Notwendigkeit für Europa, seine Effizienz und Funktionalität zu erhöhen, ohne dabei Amerika zu imitieren.
Am Donnerstag wird der IWF eine neue Erklärung mit wirtschaftlichen Empfehlungen für die Länder der Eurozone veröffentlichen. Ein zentrales Anliegen ist die Beschleunigung des Fortschritts im Binnenmarkt, der den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Menschen ermöglicht. Trotz fehlender Zölle innerhalb Europas bestehen jedoch weiterhin regulatorische und andere Hemmnisse, die einem effektiven Marktzugang im Wege stehen.
Laut IWF entsprechen die Barrieren im Binnenmarkt einem Zollsatz von 44% auf Waren und 110% auf Dienstleistungen. Während in den USA 30% der Produktion im eigenen Bundesstaat konsumiert und 70% exportiert werden, kehre sich dieses Verhältnis in Europa um. Dadurch bleiben die Märkte kleiner und weniger wettbewerbsfähig. Georgieva betonte, dass eine vollständige Integration des Binnenmarktes das BIP Europas innerhalb eines Jahrzehnts um 3% steigern könnte.
Um Fortschritte zu erzielen, seien Maßnahmen wie der Abbau regulatorischer Zersplitterung, die Förderung der Arbeitskräftemobilität, die Erleichterung grenzüberschreitender Bankfusionen, die Integration der Energiemärkte und die Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion (CMU) notwendig. Diese gilt als Schlüssel, um Investitionen fließender zwischen den Mitgliedsstaaten zu verteilen, wodurch Unternehmen wachsen und Arbeitsplätze schaffen können.
Die Prognosen des IWF für das Wachstum der Eurozone schätzen eine moderate Steigerung von 0,8% im Jahr 2025 und 1,2% im Jahr 2026. Handels- und geopolitische Spannungen könnten jedoch Investitionen und Konsum belasten. In Hinblick auf die Zinspolitik wird eine neutrale Haltung empfohlen, da die Inflationsrate sich dem 2%-Ziel der Europäischen Zentralbank nähert.
Im Hinblick auf die fiskalische Nachhaltigkeit sollten Länder mit soliden Finanzen diejenigen unterstützen, die weniger flexibel sind. Es sei entscheidend, die EU-Fiskalregeln so anzuwenden, dass Länder mit niedrigen fiskalischen Risiken und dem Ziel, durch höhere Ausgaben das Wachstumspotenzial zu fördern, nicht unnötig eingeschränkt werden.